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Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

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Würde sich die SBB weigern, jegliche Bahnnebenbetriebe zuzulassen, so handelt es sich um eine Ermessensunterschreitung.<br />

Der Bahngesetzgeber hat offensichtlich die Errichtung von Bahnnebenbetrieben vorgesehen und gewünscht.<br />

Beispiel Art. 4 ANAG (in den Materialien)<br />

Nochmals zu erwähnen ist, dass der Begriff “freies Ermessen” nicht falsch verstanden werden darf. Es gibt in der schweizerischen<br />

Rechtsordnung kein “freies” Ermessen (mehr), sondern das Ermessen der Behörden hat sich vielmehr immer im Rahmen<br />

der verfassungsmässigen Schranken (insbesondere Rechtsgleichheitsgebot, Diskriminierungsverbot, Willkürverbot) zu bewegen<br />

und Sinn und Zweck des Gesetzes zu entsprechen.<br />

Die Tatsache, dass Aufenthaltsbewilligungen nur noch an Personen die Angehörige eines EU-Mitgliedstaates sind oder ansonsten<br />

über besondere berufliche Qualifikationen verfügen erteilt werden, ist heute massgebend. Auf den ersten Blick könnte man<br />

annehmen, dass in diesem Falle ein Ermessensmissbrauch vorliegt, weil insbesondere das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2<br />

BV) verletzt ist. Allerdings ist kein Ermessensmissbrauch (allenfalls Unangemessenheit) gegeben, weil die Unterscheidung nach<br />

Nationen auf einem sachlichen Grund beruht; den bilateralen Verträgen. Das Bundesgericht hat diese Vorgehensweise also gestützt.<br />

Eine Ermessensunterschreitung würde vorliegen, wenn die zuständige Behörde überhaupt keine Aufenthaltsbewilligungen aussprechen<br />

würde.<br />

Eine Ermessensüberschreitung würde vorliegen, wenn die Behörden einem ausländischen Ehegatten einer Schweizerin oder<br />

eines Schweizers den Aufenthalt verweigern würde. Denn in dieser Situation besteht nach Art. 8 EMRK ein zwingender Aufenthaltsbewilligungsgrund,<br />

die Behörde hat diesbezüglich keinen Ermessensspielraum mehr.<br />

Ein klarer Fall von Ermessensmissbrauch würde vorliegen, wenn die Aufenthaltsbewilligung nur noch blonden vollbusigen Frauen<br />

erteilt würde.<br />

§ 8 Der Grundsatz der Rechtsgleichheit und das Willkürverbot<br />

I. Rechtsgrundlage, Inhalt und Bedeutung des Gleichheitsprinzips<br />

Der Grundsatz der Rechtsgleichheit ist in Art. 8 Abs. 1 BV gewährleistet.<br />

Dem Grundsatz der Rechtsgleichheit kommt umfassende Geltung zu. Er ist von sämtlichen Staatsorganen in allen Funktionen<br />

und auf sämtlichen Ebenen der Staatstätigkeit zu beachten.<br />

Sowohl das Rechtsgleicheitsgebot wie auch das Willkürverbot in Art. 9 BV (Als Ableitung aus dem Rechtsgleichheitsgebot)<br />

stellen verfassungsmässige Rechte dar, auf die sich der einzelne wie auf ein Freiheitsrecht berufen kann. Eine Verletzung<br />

des Gleichheitsprinzips oder des Willkürverbots durch kantonale Hoheitsakte kann deshalb grundsätzlich mit staatsrechtlicher<br />

Beschwerde vor dem Bundesgericht gerügt werden. 8<br />

II. Anspruch auf Gleichbehandlung<br />

Der Anspruch auf Gleichbehandlung verlangt dass Rechte und Pflichten der Betroffenen nach dem gleichen Masstab festzusetzen<br />

sind. „Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit<br />

ungleich zu behandeln.“ Das Gleicheitsprinzip verbietet einerseits unterschiedliche Regelungen denen keine tatsächlich erhebliche<br />

Unterscheidungen zu Grunde liegen. Anderseits untersagt es aber auch die rechtliche Gleichbehandlung von Fällen,<br />

die sich in tatsächlicher Hinsicht wesentlich unterscheiden.<br />

Eine Regelung, die Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich behandelt, ist nur zulässig, wenn diese Gleich- oder Ungleichbehandlung<br />

notwendig ist, um das Ziel der Regelung zu erreichen und die Bedeutung des Ziels die Gleich- oder Ungleichbehandlung<br />

rechtfertigt. Es muss also abgewogen werden zwischem dem Interesse an der Erreichung des Regelungsziels und dem Interesse<br />

an der Gleich- bzw. Ungleichbehandlung.<br />

Der Anspruch auf Gleichbehandlung hat Bedeutung in der Rechtssetzung und Rechtsprechung.<br />

Das Bundesgericht umschreibt den Anspruch auf Gleichbehandlung in der Rechtssetzung wie folgt:<br />

“Ein Erlass ... verletzt das Gebot der Rechtsgleichheit, wenn er die rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger<br />

Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse<br />

aufdrängen.“<br />

8 an die Stelle der Staatsrechtlichen Beschwerde trat 2007 die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 18

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