06.08.2013 Aufrufe

Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Weil die Allgemeinverfügung eine gewisse Zwitterstellung zwischen Rechtsnorm und Verfügung einnimmt, ist fraglich, wie sie<br />

behandelt werden soll. Rechtlich wird die Allgemeinverfügung wie eine gewöhnliche Verfügung behandelt. Es gibt jedoch<br />

eine Ausnahme:<br />

Die offene Allgemeinverfügung wird wie eine Rechtsnorm behandelt, wenn es um die akzessorische Prüfung<br />

geht. Bei offenen Allgemeinverfügungen ist also eine akzessorische Prüfung möglich. Für Allgemeinverordnungen mit geschlossenen<br />

Adressatenkreis hingegen gilt dies nicht.<br />

Beispiel: Wegen Missachtung von Verkehrsanordnungen kann man gebüsst werden. Die Verkehrsanordnung selbst kann direkt<br />

nur von Betroffenen (z.B. Leuten die unmittelbar bei der Verkehrsanordnung wohnen) angefochten werden. Auswärtige, die<br />

gestützt auf eine Verkehrsordnung eine Busse erhalten, können lediglich die Busse anfechten und dabei akzessorisch die Verkehrsanordnung<br />

als Grundlage anfechten. Die akzessorische Kontrolle erlaubt also den Einwand, die Busse sei nicht gerechtfertigt,<br />

weil die Grundlage (Verkehrsanordnung) rechtsmissbräuchlich ist. Dies muss erlaubt sein, weil der gebüsste Auswärtige<br />

bei einer allfälligen direkten Anfechtung der Verkehrsanordnung als nicht aktivlegitimiert qualifiziert worden wäre.<br />

Die offenen Allgemeinverfügungen werden also bei der akzessorischen Prüfung wie Rechtsnormen behandelt. Hingegen bei<br />

geschlossenen Allgemeinverfügungen gibt es keine akzessorische Kontrolle, weil alle betroffenen Personen von der Allgemeinverfügung<br />

bei ihrem Erlass Kenntnis gehabt haben sollten (und sie direkt anfechten müssen).<br />

VI. Der Raumplan<br />

In den Artikeln 6,8 und 9 des Raumplanungsgesetzes (RPG) ist umschrieben, was ein Richtplan ist. Richtpläne richten sich<br />

an die Behörden (keine direkte Anfechtungsmöglichkeit durch Private) und geben ihnen eine gewisse Richtung in der Raumplanung<br />

vor. Sie sind lediglich Grundlage für die Nutzungsplanung, deswegen sind sie nicht sehr genau und geben nicht jede<br />

einzelne Parzelle wieder.<br />

In den Art. 14 ff. RPG ist der Nutzungsplan (Zonenplan) geregelt. Der Zonenplan richtet sich im Vergleich zum Richtplan an<br />

die Privaten und wird wie eine Allgemeinverfügung behandelt. Es muss also vor seiner Erstellung das rechtliche Gehör<br />

gewährt werden. Nutzungspläne können von Privaten konkret überprüft werden. Durch die Anfechtung des Nutzungsplans<br />

kann auch der Richtplan akzessorisch angefochten werden, weil der Zonenplan der Anwendungsakt des Richtplans ist.<br />

Die Erteilung oder Verweigerung einer Baubewilligung ist ein Anwendungsakt auf der Grundlage des Zonenplans. Im Rahmen<br />

der Prüfung einer Baubewilligung kann der Zonenplan nicht mehr akzessorisch angefochten werden, weil der Nutzungsplan<br />

in der Regel ja selbstständig angefochten werden kann (oder konnte). Es wird also von den Betroffenen erwartet, dass<br />

sie den Nutzungsplan direkt anfechten, wenn sie nicht einverstanden sind. Eine akzessorische Anfechtung des Zonenplans<br />

ist nur ausnahmsweise erlaubt; und zwar dann, wenn die direkte Anfechtung im möglichen Zeitraum (Beschwerdefrist)<br />

durch Beschwerdeführer noch nicht möglich war.<br />

§ 15 Die fehlerhafte Verfügung<br />

I. Allgemeines<br />

Fehlerhaft ist eine Verfügung, wenn sie inhaltlich rechtswidrig ist oder in Bezug auf ihr Zustandekommen, d.h. die Zuständigkeit<br />

und das Verfahren bei ihrer Entstehung, oder in Bezug auf ihre Form Rechtsnormen verletzt.<br />

Verfügungen können ursprünglich oder nachträglich fehlerhaft sein. Eine ursprüngliche fehlerhafte Verfügung ist bereits bei<br />

ihrem Erlass mangelhaft, widerspricht somit schon in diesem Zeitpunkt dem objektiven Recht. Eine nachträgliche Fehlerhaftigkeit<br />

tritt regelmässig dann ein, wenn sich die Rechtsgrundlagen oder die Tatsachen nach Erlass der Verfügung ändern.<br />

Die möglichen Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit einer Verfügung sind:<br />

• Nichtigkeit der Verfügung;<br />

• Anfechtbarkeit der Verfügung;<br />

• Widerru3arkeit der Verfügung;<br />

• Staats- oder Beamtenhaftung<br />

II. Regelfall der Anfechtbarkeit<br />

In der Regel bewirkt die Fehlerhaftigkeit einer Verfügung nur die Anfechtbarkeit. Die Anfechtbarkeit bedeutet, dass die<br />

fehlerhafte Verfügung an sich gültig ist, aber von den Betroffenen während einer bestimmten Frist in einem förmlichen Verfahren<br />

angefochten werden kann, das zur Au,ebung oder Änderung der Verfügung führen kann.<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!