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Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

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Eine unterschiedliche Regelung des gleichen Tatbestandes in verschiedenen Kantonen oder Gemeinden verletzt das Rechtsgleicheitsgebot<br />

in der Regel nicht. Dies ist eine Konsequenz der Eigenständigkeit der Kantone bzw. der Gemeindeautonomie.<br />

Bedeutung bei der Rechtsanwendung:<br />

Allgemein kann gesagt werden, dass die Rechtsgleichheit teilweise bereits durch die Bindung der rechtsanwendenden Behörden<br />

an Rechtssätze, d.h. an generell-abstrakte Rechtsnormen, gewährleistet ist. Sofern der Rechtssatz aber durch das Verwenden<br />

unbestimmter Rechtsbegriffe oder das Einräumen von Ermessen einen Spielraum offen lässt, hat die rechtsanwendende Behörde<br />

davon in allen gleich gelagerten Fällen gleichen Gebrauch zu machen (Ansonsten liegt ein Ermessensmissbrauch vor).<br />

Eine rechtsanwendene Behörde verletzt dann den Gleicheitssatz, wenn sie zwei gleiche tatsächliche Situationen ohne sachlichen<br />

Grund unterschiedlich beurteilt.<br />

Eine rechtsungleiche Behandlung liegt in der Praxis des Bundesgerichts aber grundsätzlich nur dann vor, wenn die diesselbe<br />

Behörde gleichartige Fälle unterschiedlich beurteilt.<br />

Der eingelebten Praxis von Verwaltungsbehörden und Gerichten kommt ein grosses Gewicht zu. Das Gleichheitsprinzip und<br />

der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangen, dass an einer Praxis in der Regel festgehalten wird. Sie stehen aber einer Praxisänderung<br />

nicht entgegen, sofern diese auf sachlichen Gründen beruht. Die Änderung einer bestehenden Praxis ist mit der<br />

Rechtsgleichheit vereinbar, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:<br />

• Es müssen ernsthafte und sachliche Gründe für die neue Praxis sprechen. Eine Änderung lässt sich inbesondere im Hinblick<br />

auf bessere Kenntnis der gesetzgeberischen Absichten oder auf künftige Entwicklungen und die damit verbundenen Gefahren<br />

rechtfertigen.<br />

• Die Änderung muss grundsätzlich erfolgen. Es darf sich nicht bloss um eine singuläre Abweichung handeln, sondern die neue<br />

Praxis muss für die Zukunft wegleitend sein für alle gleichartigen Sachverhalte.<br />

• Das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung muss gegenüber demjenigen an der Rechtsicherheit überwiegen.<br />

• Die Praxisänderung darf keinen Verstoss gegen Treu und Glauben (Vertrauensschutz) darstellen.<br />

Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (Legalitätsprinzip) geht dem Rechtsgleichheitsprinzip im Konfliktfall in<br />

der Regel vor. Wenn eine Behörde in einem Fall eine vom Gesetz abweichende Entscheidung getroffen hat, gibt das den Privaten,<br />

die sich in der gleichen Lage befinden, grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls von einer Norm abweichend behandelt<br />

zu werden. Dabei spricht man vom Grundsatz, dass kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht.<br />

Dies gilt allerdings nur dann, wenn die abweichende Behandlung lediglich in einem einzigen oder in einigen wenigen Fällen<br />

erfolgt ist. Besteht hingegen eine eigentliche gesetzeswidrige Praxis und lehnt es die Behörde ab, die aufzugeben, so können<br />

Private verlangen, dass die widerrechtliche Begünstigung, die Dritten zuteil wurde, auch ihnen gewährt werde. Dem in Ausnahmefällen<br />

aus dem Gleichheitsgebot abgeleiteten Anspruch auf gesetzeswidrige Begünstigung können gewichtige öffentliche<br />

Interessen oder das berechtigte Interesse eines privaten Dritten an gesetzesmässiger Rechtsanwendung entgegenstehen. In einem<br />

solchen Interessenkonflikt sind die einander widersprechenden Recht und Interessen im Einzellfall gegeneinander abzuwägen.<br />

10. Mai 2006<br />

III. Willkürverbot<br />

Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt in der Auslegung und Anwendung von Gesetzesnormen nicht schon dann vor, wenn eine<br />

andere Auslegung ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erscheint, sondern erst dann, wenn eine Entscheid offensichtlich<br />

unhaltbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn er “zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine<br />

Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken<br />

zuwiderläuft.”<br />

Willkürliche Rechtsanwendung wird daher in folgenden Fällen angenommen:<br />

• Bei offensichtlicher Gesetzesverletzung;<br />

• bei offensichtlicher Missachtung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes oder des tragenden Grundgedanken eines Gesetzes;<br />

• bei groben Ermessensfehlern;<br />

• wenn ein Entscheid an einem inneren, nicht auflösbaren Widerspruch leidet;<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 19

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