Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern
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III. Entstehung und Auslegung von verwaltungsrechtlichen Verträgen<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong>liche Verträge entstehen durch übereinstimmende Willenserklärung der Parteien, wobei die Vorschriften<br />
des OR analog Anwendung finden.<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong>liche Verträge sind wie privatrechtliche grundsätzlich nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Bei der Auslegung<br />
verwaltungsrechtlicher Verträge ist aber besonders zu beachten, dass die Verwaltungsbehörde beim Abschluss von Verträgen<br />
dem öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen hat.In Zweifelsfällen ist zu vermuten, dass sie keinen Vetrag abschliessen<br />
wollte, der mit den öffentlichen Interessen im Widerspruch steht, und dass sich der Vertragspartner darüber Rechenschaft<br />
gab.<br />
Beispiel Häfelin/Müller Randziffer Nr. 1107: In diesem Beispiel stellte sich die Auslegungsfrage, ob der Vertrag meint, dass<br />
sich die Gemeinde zur Einzonung für immer und ewig verpflichtet oder nicht? Hier argumentiert das Bundesgericht mit der<br />
Vermutung zugunsten des öffentlichen Interesses. Das öffentliche Interesse spricht dafür, dass die Gemeinde die Raumplanung<br />
immer wieder neu überprüfen können um sie den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Wenn der Eigentümer 14<br />
Jahre auf den Bau eines Gebäudes verzichtet hat, spricht nichts dagegen, dass die Gemeinde das Grundstück wieder umzont.<br />
IV. Der fehlerhafte verwaltungsrechtliche Vertrag<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong>liche Verträge können Mängel unterschiedlicher Art aufweisen. Die Rechtsfolgen bestimmen sich je nach der<br />
Art dieser Mängel. In erster Linie ist - ähnlich wie bei Verfügungen - zu unterscheiden zwischen Verträgen, die bereits bei ihrem<br />
Abschluss mangelhaft sind, und solchen, die erst später in Widerspruch zum geltenden Recht geraten, weil das Recht oder<br />
die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben:<br />
• ursprünglich fehlerhafte Verträge können anfechtbar, widerru3ar oder nichtig sein.<br />
• nachträglich fehlerhafte Verträge können nur ausnahmsweise, unter ganz besonderen Voraussetzungen gegen den Willen einer<br />
Vertragspartei geändert werden, weil es gerade Zweck einer vertraglichen Vereinbarung ist, sich gegenseitig auf Dauer zu<br />
binden und den einseitigen Verzicht auf die Erfüllung der vertraglichen Pflichten auszuschliessen.<br />
• Die Anpassung an veränderte Verhältnisse kann nach den Regeln der clausula rebus sic stantibus im vorgenommen<br />
werden, wenn das Beharren auf der vereinbarten Forderung geradezu eine Ausbeutung des Missverhältnisses von Leistung<br />
und Gegenleistung und damit einen Rechtsmissbrauch darstellen würde.<br />
• Durch verwaltungsrechtliche Verträge können wohlerworbene Rechte begründet werden. Sie köknnen bei einer Änderung<br />
von Rechtsnormen, die zur nachträglichen Rechtswidrigkeit eines Vertrages führt, nicht ohne weiteres angepasst,<br />
sondern nur auf dem Weg der Enteignung entzogen werden.<br />
V. Beendigung des verwaltungsrechtlichen Vertrages<br />
Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts enden verwaltungsrechtliche Verträge ordentlicherweise durch<br />
Erfüllung, durch Ablauf einer vereinbarten oder gesetzlich vorgesehenen Dauer (Befristung) oder infolge eines anderen Grundes,<br />
der zum Erlöschen eines Vertrags führt. Darüber hinaus kann ein verwaltungsrechtlicher Vertrag vorsehen, dass die Parteien<br />
das Recht haben, das Vertragsverhältnis durch Kündigung aufzulösen.<br />
§ 18 Begriff und Arten von verwaltungsrechtlichen Sanktionen<br />
I. Allgemeines<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong>liche Sanktionen sind die Mittel, mit welchen die Erfüllung von verwaltungsrechtlichen Pflichten erzwungen<br />
wird. Sie sind von den Strafen im Rechtssinne (im Strafrecht) zu unterscheiden, mit denen die Verletzung von Rechtsgütern<br />
Dritter (z.B. Leib und Leben oder Vermögen) bestraft wird.<br />
Es wird unterschieden zwischen:<br />
• exekutorischen Sanktionen: Sie bezwecken unmittelbar die Durchsetzung von verwaltungsrechtlichen Pflichten.<br />
• repressiven Sanktionen: Sie sollen nicht den rechtmässigen Zustand wiederherstellen, sondern - im Anschluss auf die Pflichtverletzung<br />
- verhindern, dass künftig wieder ein rechtswidriger Zustand eintritt. <strong>Verwaltungsrecht</strong>liche Pflichten werden damit<br />
nicht direkt durchgesetzt, sondern nur in mittelbarer Weise erzwungen. Mit repressiven Sanktionen wird Druck auf<br />
die Pflichtigen ausgeübt, um sie zu veranlassen, ihre verwaltungsrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Sie haben dadurch Präventivfunktion<br />
und nähern sich insofern den Strafen im Rechtssinne (Strafrecht) an.<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 36