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Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

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heisst für die Anwendung des <strong>Verwaltungsrecht</strong>s, dass man immer zuerst eine allfällige ausgeschriebenen gesetzliche Regelung<br />

suchen muss, bevor man allgemeine Rechtsgrundsätze anwendet.<br />

Wichtige Anwendungsfälle von allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind:<br />

• Rückforderung einer grundlos erbrachten Leistung (ungerechtfertigte Bereicherung).<br />

• Verjährung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen.<br />

• Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen.<br />

IX. Gewohnheitsrecht<br />

Als Gewohnheitsrecht gelten die Rechtsnormen, die infolge ihrer langjährigen Anwendung durch die Behörden und ihrer Anerkennung<br />

durch die Behörden und die privaten Betroffenen als ungeschriebenes Recht Geltung haben. Gewohnheitsrecht<br />

kann sich im öffentlichen Recht nur bilden, wenn die drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:<br />

• Langjährige, ununterbrochene und einheitliche Praxis der Behörden.<br />

• Rechtsüberzeugung der Behörden und der Privaten, die von der Regelung betroffen sind.<br />

• Das Gesetz muss Raum für ergänzende Regelung durch Gewohnheitsrecht lassen.<br />

Gewohnheitsrecht kann sich auf allen Stufen der Rechtsordnung bilden.<br />

X. Richterliches Recht<br />

Richterliches Recht stellen diejenigen Rechtsnormen dar, die aus der gleichartigen Erledigung einer Vielzahl konkreter Fälle<br />

durch Organe der Rechtsanwendung entstehen. Es handelt sich dabei um generell-abstrakte Regeln, die sich in einer längeren,<br />

gefestigten Gerichtspraxis herausgebildet haben. Auch das Richterrecht findet sich auf Verfassungs-, Gesetzes- und Verordnungsstufe.<br />

§ 4 Auslegung des <strong>Verwaltungsrecht</strong>s<br />

I. Aufgabe und Bedeutung der Auslegung im <strong>Verwaltungsrecht</strong><br />

Auch im <strong>Verwaltungsrecht</strong> hat die Gesetzesauslegung zum Ziel, den rechtsverbindlichen Sinn eines Rechtssatzes, über dessen<br />

Tragweite Unklarheiten bestehen, zu ermitteln.<br />

II. Anwendung der allgemeinen Auslegungsmethoden im <strong>Verwaltungsrecht</strong><br />

Im <strong>Verwaltungsrecht</strong> wird grundsätzlich gleich ausgelegt wie in den anderen Rechtsgebieten Staatsrecht und Privatrecht<br />

Die Auslegungselemente sind das grammatikalische, systematische, teleologische, subjektiv-historische, objektiv-historische,<br />

verfassungskonforme und das völkerrechtskonforme. Wobei kein Rang der Auslegungselemente gilt, sondern dem Prinzip des<br />

“Methodenpluralismus” gefolgt wird.<br />

Besprechung von zwei Fällen (Gesetzesartikel in den Materialien):<br />

BGE 101 Ia 205<br />

A stellte ein Baugesuch für zwei Pferdeboxen und eine Garage in der Wohnzone. Darauf reagierte eine Nachbarin mit einer<br />

Beschwerde. Das Verwaltungsgericht taxierte das Halten von Pferden als “störenden Betrieb” im Sinne von §16 I des Baugesetzes.<br />

A fechtete das Urteil des Verwaltungsgerichtes vor Bundesgericht an. Das Bundesgericht versteht unter dem Wortlaut des<br />

Begriffes “Betriebes” eine wirtschaftliche Einheit (grammatikalisches Auslegungselement). Von diesem Wortlaut darf man abweichen,<br />

wenn es triftige Gründe dafür gibt, dass der Wortlaut nicht der Sinn der Gesetzbestimmung wiedergibt (teleologische<br />

Auslegungselement). Gibt es i.c. triftige Gründe vom Wortlaut abzuweichen? Laut BGer nicht, somit ist die über den Wortlaut<br />

ausdehnende Bedeutung nicht anzunehmen, weil in § 77 der Betrieb neben einer Anlage genannt wird. Dies hat implizit die<br />

Bedeutung, dass der Gesetzgeber unter dem Begriff des „Betriebes“ keine „Anlagen“ versteht (systematisches Auslegungselement).<br />

Das Bundesgericht hat die Pferdeboxen (als “Anlagen“) also zugelassen.<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 6

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