Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
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Emissionen über diesem Niveau bleiben, <strong>des</strong>to<br />
höher der Punkt, auf dem sich die akkumulierten<br />
Mengen stabilisieren werden. Auf lange<br />
Sicht liegt die natürliche Kapazität der Erde,<br />
Treibhausgase zu beseitigen, ohne die ökologischen<br />
Systeme der Kohlenstoffsenken nachhaltig<br />
zu schädigen, wahrscheinlich zwischen<br />
einer und fünf Gigatonnen CO 2-Äq. Da die<br />
Emissionen gegenwärtig jedoch rund 48 Gigatonnen<br />
CO 2-Äq. betragen, wird die Aufnahmefähigkeit<br />
der Erde derzeit um das 10- bis<br />
50-fache überfordert.<br />
Wenn die Emissionen den derzeitigen<br />
Trends entsprechend weiter zunehmen, dann<br />
werden sich die Treibhausgaskonzentrationen bis<br />
2035 um vier bis fünf ppm pro Jahr erhöhen –<br />
eine fast doppelt so hohe Steigerungsrate wie heute.<br />
<strong>Die</strong> Gesamtkonzentration wird dann bei 550<br />
ppm liegen. Selbst ohne weitere Steigerungen der<br />
Emissionsrate würde die Konzentration der<br />
Treibhausgase bis 2050 600 ppm und bis zum<br />
Ende <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong> 800 ppm erreichen. 37<br />
Das IPCC hat sechs Szenarien entwickelt,<br />
die plausible Emissionspfade für das <strong>21.</strong> Jahrhundert<br />
aufzeigen. <strong>Die</strong>se Szenarien unterscheiden<br />
sich in ihren Annahmen bezüglich der<br />
demografischen Veränderung, <strong>des</strong> Wirtschaftswachstums,<br />
der Energienutzung und <strong>des</strong> Klimaschutzes.<br />
Keines dieser Szenarien lässt die Möglichkeit<br />
einer Stabilisierung unter 600 ppm<br />
erkennen, während drei der Szenarien Treibhausgaskonzentrationen<br />
von 850 ppm oder<br />
höher prognostizieren.<br />
Der Zusammenhang zwischen Stabilisierungspunkt<br />
und Temperaturänderung ist unsicher.<br />
Anhand der IPCC-Szenarien wurde eine<br />
Gruppe möglicher Bandbreiten von Temperaturänderungen<br />
im <strong>21.</strong> Jahrhundert ermittelt und<br />
der jeweils „beste Schätzwert“ in jeder Bandbreite<br />
angegeben (Tabelle 1.1 und Grafik 1.2). <strong>Die</strong>ser<br />
beste Schätzwert liegt zwischen 2,3°C und<br />
4,5°C (unter Berücksichtigung der seit Beginn<br />
<strong>des</strong> Industriezeitalters bis 1990 gemessenen<br />
Erhöhung um 0,5°C). 38 Bei einer Verdoppelung<br />
der atmosphärischen Konzentrationen prognostiziert<br />
der IPCC eine Temperaturerhöhung um<br />
drei Grad Celsius als wahrscheinlichstes Ergebnis,<br />
mit dem warnenden Hinweis, dass „erheblich<br />
über 4,5°C liegende Werte nicht ausge-<br />
Tabelle 1.1 Mit zunehmendem CO 2 -Bestand steigen die<br />
Temperaturen – Prognosen für das Jahr 2080<br />
IPCC-Szenarien Gegenüber der<br />
Gegenüber dem<br />
Durschnittstemperatur der<br />
vorindustriellen<br />
Jahre 1980-1999 (in °C)<br />
Temperaturniveau (in °C)<br />
Konzentration auf dem Niveau von<br />
2000 fortgeschrieben<br />
0,6 (0.3–0.9) 1,1<br />
B1-Szenario 1,8 (1.1–2.9) 2,3<br />
A1T-Szenario 2,4 (1.4–3.8) 2,9<br />
B2-Szenario 2,4 (1.4–3.8) 2,9<br />
A1B-Szenario 2,8 (1.7–4.4) 3,3<br />
A2-Szenario 3,4 (2.0–5.4) 3,9<br />
A1FI-Szenario 4,0 (2.4–6.4) 4,5<br />
Erläuterung: <strong>Die</strong> IPCC-Szenarien (Szenarien <strong>des</strong> Weltklimarates) beschreiben plausible Zukunftsverläufe von Bevölkerungswachstum,<br />
Wirtschaftswachstum, technologischem Wandel und den damit verbundenen CO 2-Emissionen. Bei den A1-Szenarien wird von einem starken<br />
Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in Verbindung mit einer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen (A1FI), nichtfossilen Energieträgern<br />
(A1T) oder einer Kombination davon (A1B) ausgegangen. Beim A2-Szenario wird ein schwächeres Wirtschaftswachstum, ein geringeres<br />
Maß an Globalisierung und ein weiterhin hohes Bevölkerungswachstum angenommen. <strong>Die</strong> B1 und B2-Szenarien beinhalten einen gewissen<br />
Rückgang der Emissionen aufgrund von höherer Ressourceneffi zienz und technologischen Verbesserungen (B1) bzw. stärker dezentralen<br />
Lösungen (B2).<br />
Quelle: IPCC 2007a.<br />
schlossen werden können“. 39 Mit anderen Worten,<br />
keines der IPCC-Szenarien prognostiziert<br />
eine Zukunft, in der die Schwelle zu einer gefährlichen<br />
Klimaänderung, also zwei Grad Celsius,<br />
nicht überschritten würde.<br />
Auf dem Weg zu einer<br />
gefährlichen Klimaänderung<br />
Unter zwei wichtigen Aspekten könnte die<br />
Bandbreite der „besten Schätzwerte“ <strong>des</strong> IPCC<br />
für das <strong>21.</strong> Jahrhundert dem Problem nicht<br />
gerecht werden. Erstens ist der Klimawandel<br />
nicht nur ein Phänomen <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong>.<br />
Temperaturanpassungen an steigende Konzentrationen<br />
von CO 2 und anderen Treibhausgasen<br />
werden auch im 22. Jahrhundert stattfinden.<br />
Zweitens schließen die besten Schätzwerte<br />
<strong>des</strong> IPCC die Möglichkeit noch stärkerer<br />
Klimaänderungen nicht aus. Für je<strong>des</strong> angenommene<br />
Stabilisierungsniveau bewegt sich die<br />
Wahrscheinlichkeit <strong>des</strong> Überschreitens einer<br />
bestimmten Temperatur innerhalb einer Bandbreite.<br />
Bei den Modellentwürfen wurden beispielsweise<br />
folgende Wahrscheinlichkeiten<br />
ermittelt:<br />
• Bei einem Stabilisierungsniveau von 550 ppm,<br />
also noch unterhalb <strong>des</strong> niedrigsten Punktes<br />
der IPCC-Szenarien, würde die 2°C-<br />
Schwelle zur gefährlichen Klimaänderung<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2007/2008 43<br />
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Klimaschutz: die <strong>Herausforderung</strong> <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong>