Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
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keit, dass in wenig mehr als einem Jahrhundert<br />
die globalen Temperaturen um mehr als fünf<br />
Grad ansteigen werden. <strong>Die</strong>se Zahl entspricht<br />
mehr oder weniger dem Anstieg der mittleren<br />
Temperatur seit dem Ende der letzten Eiszeit<br />
vor rund 10.000 Jahren. Während dieser Eiszeit<br />
waren der größte Teil Kanadas und weite<br />
Gebiete der Vereinigten Staaten eisbedeckt.<br />
Der riesige Laurentide-Eisschild bildete auf<br />
einem großen Teil <strong>des</strong> Nordens und der nördlichen<br />
Mitte der Vereinigten Staaten eine mehrere<br />
Kilometer dicke Eissicht. Durch den Rückzug<br />
dieser Eismassen entstanden die Großen<br />
Seen und neue Landformationen wie Long<br />
Island. Auch weite Teile Nordeuropas und<br />
Nordwestasiens waren von Eis bedeckt.<br />
<strong>Die</strong> Vergleiche zwischen dem Klimawandel<br />
<strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong> und dem Transformationsprozess<br />
nach der letzten Eiszeit sollten nicht<br />
zu hoch bewertet werden. Es gibt keine direkte<br />
Analogie zu den aktuellen Erwärmungsvorgängen.<br />
Allerdings ist aus geologischen Belegen klar<br />
zu schließen, dass Temperaturänderungen, die<br />
in solchem Ausmaß und so schnell vor sich<br />
gehen wie die derzeitigen, schließlich nicht nur<br />
die Geografie der Erde, sondern auch die Verteilung<br />
der Arten und die Humangeografie<br />
deutlich verändern werden.<br />
Wahrscheinlichkeitsbandbreiten für die<br />
mit Treibhausgaskonzentrationen zusammenhängende<br />
Temperaturänderung helfen mit,<br />
Klimaschutzziele aufzustellen. Indem wir den<br />
Emissionsfluss verändern, können wir die<br />
Akkumulationsrate der Treibhausgase und<br />
somit auch die Wahrscheinlichkeit der Überschreitung<br />
spezifischer Temperaturvorgaben<br />
beeinflussen. Allerdings ist der Zusammenhang<br />
zwischen Treibhausgasausstoß, akkumulierten<br />
Mengen und künftigen Temperaturszenarien<br />
nicht eindeutig. <strong>Die</strong> langen Zeitabstände zwischen<br />
den Maßnahmen von heute und den Ergebnissen<br />
von morgen sind systemimmanent. <strong>Die</strong><br />
Klimaschutzpolitik ist mit starken Trägheitskräften<br />
konfrontiert, die einen wichtigen Einfluss<br />
darauf haben, zu welchem Zeitpunkt der<br />
Klimaschutz zu greifen beginnt.<br />
• <strong>Die</strong> Emissionen von heute entscheiden über<br />
die Konzentrationen von morgen. Elementare<br />
chemische Prozesse bilden eine der<br />
genannten Trägheitskräfte. Wenn CO 2 in<br />
die Atmosphäre freigesetzt wird, verbleibt<br />
es dort sehr lange. Von jeder emittierten<br />
Tonne verbleibt die Hälfte während mehreren<br />
hundert bis mehreren tausend Jahren in<br />
der Atmosphäre. <strong>Die</strong>s bedeutet beispielsweise,<br />
dass Spuren <strong>des</strong> Kohlendioxids, das<br />
durch die ersten von John Newcomen entworfenen<br />
kohlebetriebenen Dampfmaschinen<br />
im frühen 18. Jahrhundert freigesetzt<br />
wurde, sich immer noch in der Atmosphäre<br />
befinden. Gleiches gilt für Spuren der Emissionen<br />
<strong>des</strong> ersten Kohlekraftwerks, das von<br />
Thomas Edison entworfen und 1882 im<br />
unteren Manhattan in Betrieb genommen<br />
wurde. Wir leben heute mit den Folgen der<br />
durch frühere Generationen ausgestoßenen<br />
Treibhausgase – und künftige Generationen<br />
werden mit den Folgen unserer Emissionen<br />
leben müssen.<br />
• Bestände, Flüsse und Stabilisierung. Es gibt<br />
keine Möglichkeit, die Treibhausgasmengen<br />
per Knopfdruck im Schnellrücklauf zu<br />
reduzieren. <strong>Die</strong> am Ende <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong><br />
lebenden Menschen werden keine<br />
Chance haben, während ihrer Lebenszeit zu<br />
einer Welt mit einer Treibhausgaskonzentration<br />
von 450 ppm zurückzukehren,<br />
wenn wir einfach weitermachen wie bisher.<br />
<strong>Die</strong> akkumulierten Treibhausgasmengen,<br />
die sie von uns erben, werden durch den<br />
Emissionspfad bestimmt, der die Gegenwart<br />
mit der Zukunft verbindet. <strong>Die</strong> Beibehaltung<br />
der gegenwärtigen Emissionshöhe<br />
würde die Konzentration in der Atmosphäre<br />
nicht reduzieren, denn diese Emissionen<br />
übersteigen die Aufnahmekapazität der<br />
Kohlenstoffsenken der Erde. Eine Stabilisierung<br />
der Emissionen auf dem Niveau von<br />
2000 würde bis zum Ende <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong><br />
die Konzentration um über 200 ppm<br />
erhöhen. Auf Grund kumulativer Prozesse<br />
wirken sich Zeitpunkt und Höhe <strong>des</strong> globalen<br />
Emissionsmaximums deutlich auf die<br />
zur Erreichung eines bestimmten Stabilisierungsziels<br />
erforderliche Emissionsminderung<br />
aus. Je später dieses Maximum erreicht<br />
wird und je höher es ist, <strong>des</strong>to tiefere und<br />
schnellere Einschnitte werden zur Errei-<br />
<strong>Die</strong> Emissionen von<br />
heute entscheiden über<br />
die Konzentrationen<br />
von morgen<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2007/2008 45<br />
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Klimaschutz: die <strong>Herausforderung</strong> <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong>