Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts
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an. Private Haushalte müssen untragbare Ausgabenmuster<br />
vermeiden oder aber Schulden in<br />
Kauf nehmen. Regierungen verfolgen mit ihrer<br />
Haushaltspolitik vielfältige Ziele in Bereichen<br />
wie Beschäftigung, Inflation und Wirtschaftswachstum.<br />
Wenn die öffentlichen Ausgaben<br />
die Einnahmen erheblich übersteigen, kommt<br />
es zu hohen Haushaltsdefiziten, Inflation und<br />
Anhäufung von Schulden. Letztlich dient die<br />
Aufstellung von Staatshaushalten oder privaten<br />
Finanzbudgets dem Ziel, innerhalb der<br />
Grenzen der finanziellen Nachhaltigkeit zu<br />
bleiben.<br />
Kohlenstoffbudgets für<br />
einen fragilen Planeten<br />
Kohlenstoffbudgets machen die Grenzen der<br />
ökologischen Nachhaltigkeit deutlich. Unser<br />
Kohlenstoffbudget hat ein einziges Ziel: den<br />
Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur<br />
(gegenüber vorindustriellen Werten) unter<br />
zwei Grad Celsius zu halten. <strong>Die</strong> rationale<br />
Erklärung für dieses Ziel beruht, wie wir gesehen<br />
haben, auf Erkenntnissen der Klimawissenschaft<br />
und möglichen Bedürfnissen auf dem<br />
Gebiet der menschlichen Entwicklung. <strong>Die</strong><br />
Klimawissenschaft identifiziert zwei Grad Celsius<br />
als den Punkt, der zum Auslöser für katastrophale<br />
Ergebnisse auf längere Sicht werden<br />
könnte. Auf kürzere Sicht ist dies der Punkt, an<br />
dem die menschliche Entwicklung „kippen“<br />
könnte, so dass es während <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong><br />
hier zu Rückschritten großen Ausmaßes käme.<br />
<strong>Die</strong> 2°C-Schwelle nicht zu überschreiten, sollte<br />
daher mit Blick auf die Vermeidung gefährlicher<br />
Klimaänderungen als vernünftiges und<br />
vorsorgen<strong>des</strong> langfristiges Ziel gelten. Zahlreiche<br />
Regierungen haben sich dieses Ziel zu eigen<br />
gemacht. Ein nachhaltiges Management <strong>des</strong><br />
Kohlenstoffbudgets sollte als Mittel zu für diesen<br />
Zweck betrachtet werden.<br />
Wo liegt die Obergrenze der Emissionen<br />
von Treibhausgasen für eine Welt, die entschlossen<br />
ist, gefährliche Klimaänderungen zu<br />
vermeiden? Zur Beantwortung dieser Frage ziehen<br />
wir Simulationen heran, die das Potsdam-<br />
Institut für Klimafolgenforschung (PIK)<br />
durchgeführt hat.<br />
Zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen<br />
muss ein Gleichgewicht zwischen den<br />
gegenwärtigen Emissionen und ihrer Absorption<br />
hergestellt werden. Ein konkretes Stabilisierungsziel<br />
kann durch eine Reihe möglicher<br />
Emissionstrajektorien (Projektionen zukünftiger<br />
Emissionspfade) verwirklicht werden. Allgemein<br />
gesprochen können die Emissionen<br />
rasch einen Höhepunkt erreichen und dann allmählich<br />
gesenkt werden, oder sie können den<br />
Höhepunkt später erreichen und schneller<br />
gesenkt werden. Wenn das Ziel die Vermeidung<br />
gefährlicher Klimaänderungen ist, muss<br />
zunächst ein Stabilisierungsniveau ermittelt<br />
werden, das es der Welt ermöglicht, die 2°C-<br />
Schwelle nicht zu überschreiten.<br />
Unter der 2°C-Schwelle bleiben –<br />
die „50:50“-Chance<br />
In unserer Simulation gehen wir von dem niedrigsten<br />
sinnvollen Niveau aus. Das heißt, wir<br />
ermitteln eine Treibhausgaskonzentration, bei<br />
der in etwa eine 50:50-Chance für die Vermeidung<br />
gefährlicher Klimaänderungen gegeben<br />
ist. <strong>Die</strong>ses Niveau liegt bei rund 450 ppm<br />
CO 2-Äq. Nun könnte man argumentieren, dass<br />
dies nicht ambitioniert genug ist. <strong>Die</strong> meisten<br />
Menschen würden es nicht riskieren, mit „Kopf<br />
oder Zahl“ über ihr künftiges Wohlergehen zu<br />
entscheiden. Jedoch wird eine Stabilisierung bei<br />
etwa 450 ppm CO 2-Äq. nachhaltige globale<br />
Anstrengungen erfordern.<br />
Bei einem Anlegen der Messlatte oberhalb<br />
der genannten Zielvorgabe würden sich die<br />
Erfolgsaussichten für die Vermeidung gefährlicher<br />
Klimaänderungen verringern. Mit einer<br />
Treibhausgaskonzentration von 550 ppm CO 2-<br />
Äq. steigt die Wahrscheinlichkeit der Überschreitung<br />
der 2°C-Schwelle, ab der es zu<br />
gefährlichen Klimaänderungen kommen kann,<br />
auf etwa 80 Prozent (Grafik 1.9). <strong>Die</strong> Entscheidung<br />
für die Zielvorgabe von 550 ppm CO 2-<br />
Äq. wäre mit einer Wette mit sehr geringen<br />
Gewinnaussichten zu vergleichen, deren Einsatz<br />
die Zukunft <strong>des</strong> Planeten und die Aussichten<br />
für die menschliche Entwicklung im<br />
<strong>21.</strong> Jahrhundert wären. Tatsächlich läge die<br />
Chance, dass die Temperaturen auf über drei<br />
Grad steigen würden, bei 1:3.<br />
Unser Kohlenstoffbudget<br />
hat ein einziges Ziel: Den<br />
Anstieg der globalen<br />
Durchschnittstemperatur<br />
gegenüber vorindustriellen<br />
Werten unter zwei Grad<br />
Celsius zu halten<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2007/2008 57<br />
1<br />
Klimaschutz: die <strong>Herausforderung</strong> <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong>