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Kapitel 1 - Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts

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Klimaschutz: die <strong>Herausforderung</strong> <strong>des</strong> <strong>21.</strong> <strong>Jahrhunderts</strong><br />

76<br />

befürworten die Kritiker eine bescheidene<br />

Emissionsminderung in naher Zukunft, gefolgt<br />

von stärkeren Reduktionen auf längere Sicht, in<br />

Kasten 1.4 Verantwortung, Ethik und Religion – gemeinsame Ansätze zum Klimawandel<br />

„Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von<br />

unseren Kindern geliehen“<br />

Indianisches Sprichwort<br />

Das Konzept der Nachhaltigkeit wurde nicht erst auf dem Erdgipfel<br />

von 1992 erfunden. Der Glaube an Werte wie Verantwortung,<br />

Gerechtigkeit zwischen den Generationen und Schutz einer gemeinsamen<br />

Umwelt liegt zahlreichen religiösen und ethischen Systemen<br />

zugrunde. Religionen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum<br />

geht, die durch den Klimawandel aufgeworfenen Probleme deutlich<br />

zu machen.<br />

Sie können auch als Träger von Veränderungen wirken, indem sie<br />

Millionen Menschen auf Grund gemeinsamer Werte dazu mobilisieren,<br />

zugunsten eines fundamentalen moralischen Anliegens aktiv zu<br />

werden. Während Religionen sich in ihrer theologischen oder spirituellen<br />

Interpretation <strong>des</strong> Verantwortungsgedankens unterscheiden, eint<br />

sie die gemeinsame Verpflichtung auf die Kerngrundsätze der intergenerativen<br />

Gerechtigkeit und der Sorge um die Schutzbedürftigen.<br />

In einer Zeit, in der allzu oft religiöse Unterschiede als Ursachen<br />

von Konflikten in den Vordergrund gestellt werden, bietet der Klimawandel<br />

Chancen für interreligiösen Dialog und gemeinsames Handeln.<br />

Religionsführer könnten sich dazu stärker in der Öffentlichkeit<br />

zu Wort melden. Da dies bisher, von einigen bemerkenswerten Ausnahmen<br />

abgesehen, kaum der Fall war, ist über die durch den Klimawandel<br />

aufgeworfenen Probleme nicht ausreichend unter moralischen<br />

Aspekten nachgedacht worden. Das Fundament für interreligiöse<br />

Aktivitäten bilden die grundlegenden Schriften und gegenwärtigen<br />

Lehren der einzelnen Religionen:<br />

• Buddhismus. Der buddhistische Begriff für Individuum lautet<br />

Santana, also Strom. <strong>Die</strong>se Bezeichnung verkörpert den Gedanken<br />

der Verbundenheit zwischen Menschen und ihrer Umwelt<br />

sowie zwischen den Generationen. <strong>Die</strong> buddhistische Lehre<br />

betont die persönliche Verantwortung für die Herbeiführung von<br />

Veränderungen in der Welt durch Änderungen <strong>des</strong> persönlichen<br />

Verhaltens.<br />

• Christentum. Theologen aus einem breiten Spektrum christlicher<br />

Traditionen haben die Frage <strong>des</strong> Klimawandels aufgegriffen. Aus<br />

katholischer Perspektive forderte der Ständige Beobachter <strong>des</strong><br />

Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen einen „ökologischen<br />

Umbau“ und „präzise Verpflichtungen, die das Problem <strong>des</strong><br />

Klimawandels wirksam angehen.“ Der Weltkirchenrat erließ einen<br />

eindringlichen und überzeugenden Handlungsaufruf aus theologischer<br />

Sorge: „<strong>Die</strong> armen und anfälligen Gemeinschaften auf der<br />

Welt und die künftigen Generationen werden am meisten unter<br />

dem Klimawandel leiden... <strong>Die</strong> reichen Staaten verbrauchen mehr<br />

als ihren gerechten Anteil an den globalen Gemeinschaftsgütern.<br />

Sie müssen diese ökologischen Schulden gegenüber anderen<br />

Menschen dadurch begleichen, dass sie sie für die Kosten der<br />

Anpassung an den Klimawandel entschädigen. <strong>Die</strong> Reichen müssen<br />

ihre Emissionen drastisch reduzieren, um sicherzustellen,<br />

Quelle: Basierend auf Krznaric 2007; IFEES 2006; Climate Institute 2006.<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2007/2008<br />

der Erwartung, dass die Weltwirtschaft leistungsfähiger<br />

wird und die technologischen<br />

Kapazitäten weiter ausgebaut werden. 86<br />

dass die legitimen Entwicklungsbedürfnisse der Armen der Welt<br />

befriedigt werden könnten.“<br />

• Hinduismus. <strong>Die</strong> Vorstellung von der Natur als etwas Heiligem ist<br />

im Hinduismus tief verwurzelt. Mahatma Gandhi stützte sich auf<br />

traditionelle hinduistische Werte, um die Bedeutung der Gewaltlosigkeit,<br />

der Achtung aller Formen <strong>des</strong> Lebens und der Harmonie<br />

zwischen Mensch und Natur zu unterstreichen. <strong>Die</strong> Idee der<br />

Verantwortung spiegelt sich in Äußerungen <strong>des</strong> Hindu-Glaubens<br />

zur Ökologie wider. So schrieb der spirituelle Führer Swami<br />

Vibudhesha: „<strong>Die</strong>se Generation hat kein Recht, alle Fruchtbarkeit<br />

<strong>des</strong> Bodens aufzubrauchen und den künftigen Generationen ein<br />

unproduktives Land zu hinterlassen.“<br />

• Islam. <strong>Die</strong> wichtigsten Quellen der islamischen Lehre in Bezug<br />

auf die natürliche Umwelt sind der Koran, die Hadith-Sammlungen<br />

– Überlieferungen der Anweisungen und Taten <strong>des</strong> Propheten<br />

– und das islamische Recht (Al-Sharia). Da Menschen als Teil<br />

der Natur betrachtet werden, ist der Widerspruch gegen Verschwendung<br />

und Umweltzerstörung ein häufig wiederkehren<strong>des</strong><br />

Thema in diesen Quellen. Das islamische Recht enthält zahlreiche<br />

Aufforderungen, gemeinsame Umweltressourcen gemeinschaftlich<br />

zu schützen und zu bewahren. Das im Koran enthaltene<br />

Konzept von tawheed (Einheit) verkörpert den Gedanken der<br />

generationenübergreifenden Einheit der Schöpfung. Auch wird<br />

gefordert, die Erde und ihre natürlichen Ressourcen für künftige<br />

Generationen zu bewahren, indem die Menschen als Hüter der<br />

natürlichen Welt handeln. Auf diesen Lehren aufbauend kommentierte<br />

der Australische Rat der Islamischen Räte: „Gott schenkt<br />

den Menschen die Möglichkeit, die Fülle der Natur zu genießen,<br />

unter der strikten Bedingung, dass sie sorgsam mit ihr umgehen<br />

.... <strong>Die</strong> Zeit drängt. <strong>Die</strong> Menschen, die einer Religion angehören,<br />

müssen ihre theologischen Differenzen vergessen und<br />

zusammenarbeiten, um die Welt vor einer Klimakatastrophe zu<br />

schützen.“<br />

• Judentum. Viele der tiefsten Überzeugungen <strong>des</strong> jüdischen Glaubens<br />

stehen in Übereinstimmung mit dem Umweltschutz. Wie ein<br />

Theologe es formulierte, räumt die Torah wohl der Menschheit<br />

einen privilegierten Platz in der Schöpfungsordnung ein, aber<br />

dies ist nicht „die Herrschaft eines Tyrannen“. Auch enthält sie<br />

zahlreiche Gebote, die die Bewahrung der natürlichen Umwelt<br />

betreffen. In Anwendung der jüdischen Philosophie auf den<br />

Klimawandel erklärte die Zentralkonferenz amerikanischer Rabbiner:<br />

„Wir haben die feierliche Verpflichtung, zu tun, was wir vernünftigerweise<br />

können, um Schaden von heutigen und künftigen<br />

Generationen abzuwenden und die Integrität der Schöpfung zu<br />

bewahren ... <strong>Die</strong>s nicht zu tun, obwohl wir über die technischen<br />

Voraussetzungen verfügen – wie im Fall der Technologien für<br />

Energieerzeugung und Verkehr ohne fossile Brennstoffe – ist eine<br />

unverzeihliche Vernachlässigung unserer Verantwortlichkeiten.“

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