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10.9 Phraseologismen mit unikalen Komponenten, die damals noch<br />

durchsichtige Phraseologismen waren<br />

Das Wort Stegreif kennen wir heute nur noch, im Phruseologismus aus dem<br />

Stegreif'ohne Vorbereitung, ohne [Text]vorlage. In den „Wahlverwandtschaften"<br />

finden wir einen Beleg, der darauf hindeutet, daß das Wort damals noch semantisch<br />

durchsichtig war:<br />

Er befahl seine Pferde, gab dem Kammerdiener die nötige Anweisung, was er<br />

einpacken und wie er ihm folgen solle, und so, wie schon im Stegreife, setzte er sich<br />

hin und schrieb. (Goethe, Wahlverwandtschaften, 109)<br />

Adelung notiert unter „Stegereif“: „Er ist jetzt unter dem Namen des<br />

Steigbügels am bekanntesten. (...) Im Hochdeutschen ist er in einigen figürlichen R.<br />

A. am bekanntesten. Etwas aus dem Stegereife thun, auf der Stelle, ohne lange<br />

Vorbereitung, ex tempore. Ehedem sagte man auch, sich von dem Stegereife nähren,<br />

von dem Straßcnraube." Offenbar ist das Wort zu dieser Zeit zwar noch (semantisch)<br />

bekannt, aber es kommt bereits vorwiegend metaphorisch in phraseologischen<br />

Verwendungen - wie auch in unserer Textstelle - vor.<br />

Die Hut existiert heute nur noch im Phraseologismus auf der Hut sein<br />

('vorsichtig sein, sich in acht nehmen'), bei dem auch der Artikel völlig verfestigt ist.<br />

Bei Knigge liest man noch Formulierungen mit an den Kontext angepaßten<br />

Possessivpronomina:<br />

(...) dem nitc ich. im Umgänge mit Enthusiasten jeder Gattung auf seiner Hut<br />

zu sein (Knigge, 126)<br />

(...) und wenn sie jedem unsrer Schritte auflauern, so lehren sie uns, auf unsrer<br />

Hut zu sein (Knigge, 253)<br />

10.10 Phraseologismcn, die damals noch freie Wortverbindungen oder nur<br />

schwach phraseologisierte Verbindungen waren<br />

Fälle dieser Art finden sich vor allem dort, wo in der älteren Zeit bei einem<br />

substantivischen Kern noch zahlreiche Möglichkeiten verbaler oder adjektivischer<br />

Kombinationen vorhanden waren.<br />

Unter den vielen Phraseologismen mit der Komponente Fuß findet man (1) mit<br />

jmdin. auf'freundschaftlichem/ gespanntem/ vertrautem o. ä. Fuß stehen 'mit jmdm.<br />

ein freundschaftliches ... Verhältnis haben' und (2) auf großem Fuß leben 'aufwendig<br />

leben'. In beiden Phraseologismen geht die Komponente Fuß auf die ..früher übliche<br />

Verwendung von Fuß im Sinne von „Stand, Zustand; Grundlage; Maß" zurück, an die<br />

sich auch Zusammensetzungen wie „Kriegsfuß, Duzfuß, Zinsfuß" anschließen"<br />

(Duden 11). Synchron ist diese Bedeutung nicht mehr üblich, so daß in beiden Fällen<br />

Fuß nur an die heute sich anbietende Bedeutung 'Körperteil...' anschließbar ist. Dies<br />

ist eine volksetymologische Deutung (vgl. 6.1), die vermutlich von jedem Sprecher,<br />

den man befragen würde, mindestens für den ersten Phraseologismus vorgenommen<br />

würde und die durchaus - als Metapher oder Metonymie - einen gewissen Sinn ergibt<br />

(wobei das Verb stehen die Ankniipfbarkeit noch unterstützt). Der zweite<br />

Phraseologismus ist relativ stark idiomatisierl, insofern die phraseologische Ge-<br />

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