Kontakt 36 - Dominikaner
Kontakt 36 - Dominikaner
Kontakt 36 - Dominikaner
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
allem in Zeiten der Belastung. Die<br />
verschiedenen Ordenszweige rücken<br />
dabei notgedrungen eng zusammen.<br />
In Zeiten der Glaubensverfolgungen<br />
des 19. Jahrhunderts erlitten innerhalb<br />
der insgesamt 117 vietnamesischen<br />
Martyrer allein 38 Mitglieder<br />
der Dominikanischen Familie den<br />
Martyrertod. Die Erinnerung an das<br />
Glaubenszeugnis der Vorfahren wird<br />
bis heute motivierend hochgehalten.<br />
Das kommunistische Regime<br />
Zum anderen spielt die besondere<br />
politische Situation der jüngeren<br />
Geschichte Vietnams eine Rolle. Als<br />
unter Ho Chi Minh der Kommunismus<br />
im Jahr 1954 zunächst im Norden<br />
Vietnams Fuß fasste, flohen viele<br />
Christen, unter ihnen die Familien<br />
und jüngeren Mitglieder der Dominikanischen<br />
Laien, in den Süden des<br />
zweigeteilten Landes und gründeten<br />
dort neue dominikanisch geprägte<br />
Gemeinschaften. Als 1975 schließlich<br />
ganz Vietnam unter den Einflussbereich<br />
der kommunistischen Herrschaft<br />
geriet, wurde der christliche<br />
Glaube der Dominikanischen Ordensmitglieder<br />
zunächst erneut auf<br />
eine harte Probe gestellt. Von Seiten<br />
des Staates wurden den Bischöfen<br />
zwei offiziell geduldete katholische<br />
Laienorganisationen gestattet: zum<br />
ersten die Kirchenchöre (= ideologisch<br />
„ungefährlich“) und zum<br />
zweiten der dominikanische „Dritte<br />
Orden“, den kommunistischen Behörden<br />
des Nordens bekannt als „alte<br />
Frauen, die den Rosenkranz beten“,<br />
also ebenfalls als ideologisch „ungefährlich“<br />
eingestuft. Im Nachhinein:<br />
Welch ein Irrtum – aus kommunistischer<br />
Sicht! Nach anfänglicher<br />
Skepsis erfassten die vietnamesischen<br />
Gebet am Marienschrein<br />
Bischöfe schnell die missionarische<br />
Bedeutung der dominikanischen Spiritualität<br />
und förderten sie in ihren<br />
Diözesen. Jeder vietnamesische Laie,<br />
der sich kirchlich aktiv engagieren<br />
wollte, hatte also für Jahrzehnte die<br />
einzige Wahl, dem dominikanischen<br />
„Dritten Orden“ beizutreten. Inzwischen<br />
ist seit Ende der 90er Jahre<br />
eine Lockerung im religiösen Leben<br />
Vietnams eingetreten. Allein in der<br />
Erzdiözese Saigon (offiziell: Ho-<br />
Chi-Minh-Stadt) sind mit staatlicher<br />
Genehmigung mehr als zwölf<br />
internationale katholische Laienorganisationen<br />
anwesend. Höhepunkt<br />
meiner Informationsreise war ein<br />
Gottesdienst im Norden Vietnams,<br />
etwa vier Autostunden westlich von<br />
Hanoi entfernt. Aus den Bergdörfern<br />
stundenlang unterwegs, waren etwa<br />
10.000 (zehntausend!) dominikanische<br />
Laien in und um die Bischofskirche<br />
zum Gottesdienst mit dem<br />
Ortsbischof, dem vietnamesischen<br />
Provinzial samt Begleitung und mir,<br />
Vietnam<br />
dem Besucher aus Rom, versammelt.<br />
Bewegend war es, in die freudestrahlenden<br />
Gesichter der Jüngeren und<br />
die zerfurchten der Älteren zu blicken<br />
und zu erleben, wie der Glaube<br />
diesen einfachen Menschen gerade<br />
durch schwierige Lebensstrecken<br />
hindurch Kraft schenkt und ihre<br />
Hoffnung am Leben erhält.<br />
Im Scherz formuliert, aber durchaus<br />
respektvoll gemeint: Da die Dominikanische<br />
Familie Vietnams allein<br />
zahlenmäßig den größten Teil der<br />
Ordensmitglieder des weltweiten<br />
Predigerordens umfasst, müsste man<br />
das ostasiatische Land auf einer ordensspezifischen<br />
Weltkarte eigentlich<br />
in „Dominikanische Republik“ umbenennen!<br />
Fr. David Kammler ist Assistent<br />
des Ordensmeisters<br />
für die Laien an der Ordenskurie<br />
in Santa Sabina<br />
in Rom.<br />
69