Downloads - Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und ...
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Neue Chancen <strong>und</strong> alte Risiken? Lebenswelten von Mädchen <strong>und</strong> Jungen 9<br />
Schulabschlüsse, die Mädchen inzwischen im Gegensatz zu Jungen nachweisen,<br />
haben weder nachhaltig ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />
verbessert noch ihnen neue Zugänge zu gesellschaftlicher Teilhabe <strong>und</strong><br />
Mitbestimmung eröffnet (Häfner 2006, S. 40). Auch die neuen, vor allem<br />
durch die Medien vermittelten Bilder von selbstbewussten <strong>und</strong> starken<br />
Mädchen, die immer Spaß haben, werden von Mädchen nicht unkritisch,<br />
aber häufig positiv aufgenommen. Offensichtlich eröffnen sich hier neue<br />
Möglichkeiten <strong>und</strong> neue Handlungsformen. „Aber auch dies erweist sich als<br />
widersprüchlich: Denn diese Bilder schaffen auch neuen Druck <strong>und</strong><br />
Gefahren der (Selbst-)Überforderung“ (Bitzan; Daigler 2001, S. 22), da sie<br />
nicht das Rezept mitliefern, wie sich widersprüchliche Erwartungen der<br />
Umwelt, Weiblichkeitszuschreibungen <strong>und</strong> eigene Wünsche <strong>und</strong><br />
Bedürfnisse vereinbaren lassen.<br />
Die Probleme, die Mädchen dadurch haben, werden jedoch vielfach nicht<br />
wahrgenommen, da ihr Umgang mit Belastungen <strong>und</strong> auch ihre<br />
Widerstandsformen weniger raumgreifend <strong>und</strong> auffällig sind. Darüber<br />
hinaus empfinden einige <strong>Kinder</strong> die neue Vielfalt der Lebensstile, der<br />
vermittelten <strong>und</strong> teils widersprüchlichen Weiblichkeits- <strong>und</strong> Männlichkeitsbilder<br />
auch als Überforderung. Und diejenigen, die durch lebensweltliche<br />
Rahmenbedingungen einen schlechteren Zugang zu Ressourcen (wie<br />
z.B. Geld, Bildung, sozialer Status) haben <strong>und</strong> deshalb benachteiligt sind,<br />
können die neuen Chancen weniger oder gar nicht nutzen. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> greifen Mädchen <strong>und</strong> Jungen manchmal auf vereinfachte, scheinbar<br />
eindeutige oder traditionale Denk- <strong>und</strong> Verhaltensmuster zurück. So zeigen<br />
Untersuchungsergebnisse, dass bei einigen Jungen aus sozial<br />
benachteiligten Familien häufig keine Vielfalt an Lebensstilen <strong>und</strong><br />
Freizeitgestaltungen zu finden ist, dass sie stattdessen einen traditional<br />
„maskulinen Stil“ inszenieren <strong>und</strong> eine bestimmte Form von Männlichkeit<br />
demonstriert wird (vgl. Fend 1991 zitiert nach Faulstich-Wieland 2000, S. 244).<br />
Dasselbe gilt für Jungen mit sozialen Integrationsproblemen, Misserfolgserfahrungen<br />
in <strong>Kinder</strong>garten <strong>und</strong> Schule, gesellschaftlichen<br />
Ausgrenzungserfahrungen <strong>und</strong> fehlender Anerkennung, die teilweise bereits<br />
im Vorschulalter zu entsprechenden kompensatorischen Überinszenierungen<br />
von Männlichkeitsklischees führen. Einige der Probleme von männlichen<br />
Migranten sind aus dieser Perspektive verstehbar (Terrilt 1996;<br />
Sauter 2000, zit. nach King 2000).