15. MainzerMedienDisput vom 25. November 2010.pdf - Talk-Republik
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Freilich macht es einen großen Unterschied, auf welcher politischen Bühne man<br />
sich bewegt, auf der medienöffentlichen Vorderbühne oder auf der weniger öffentlichen<br />
und diskreten politischen Hinterbühne, auf dem Feld der Darstellungspolitik<br />
oder auf dem Feld der Entscheidungspolitik. Beide Handlungsfelder wollen<br />
bespielt werden und zwar mit unterschiedlichen Rollen, Kompetenzen und Legitimationsmustern.<br />
In der Darstellungspolitik, da gelten die Regeln der Mediendemokratie.<br />
Hier ist die „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ (Frank 1998) Gesetz. Ohne die Fähigkeit<br />
zum regelmäßigen publizitätsträchtigen Auftritt, ohne die Rituale des „öffentlichen<br />
Rechthabens“ (Schelsky 1983: 69) sind Sichtbarkeit, Bekanntheit, Sympathie<br />
und in der Folge auch Zustimmungserwerb nicht zu haben. Dies alles ist zwar<br />
keine Garantie für nachhaltigen politischen Erfolg. Es sind aber Voraussetzungen für<br />
Medienpräsenz. Und Medienpräsenz ist in der Mediendemokratie eine entscheidende<br />
Machtprämie.<br />
Politische Führungskompetenz erschöpft sich jedoch nicht in Medienpräsenz. Sie<br />
muss sich nicht nur auf den Bühnen der „Mediendemokratie“, sondern auch in den<br />
Räumen der Verhandlungsdemokratie bewähren. Mit „Verhandlungsdemokratie“<br />
werden hochgradig arbeitsteilige Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse<br />
umschrieben. Hier sind Aushandlung und Kompromissbildung oft nur deshalb<br />
möglich, weil diese nicht im Scheinwerferlicht der Medien, sondern eher vertraulich,<br />
diskret, sachorientiert und nicht selten informell ablaufen. Lassen Sie mich ein Zwischenfazit<br />
ziehen. Auf der Suche nach den Wechselbeziehungen zwischen Persönlichkeit<br />
und Politik haben wir als erstes feststellen können, dass es sich hier nicht<br />
um ein neues Phänomen, um ein Phänomen unserer modernen Mediengesellschaft<br />
handelt. Vielmehr gab es diesen engen Zusammenhang seitdem sich Politik<br />
historisch als eine Sphäre herauskristallisiert hat, bei der sich Menschen um die<br />
verbindliche Regelung kollektiver Angelegenheiten bemühen. Das ist ein Thema<br />
der politischen Ideengeschichte und der Klassiker politische Theorie von der Antike<br />
bis in die Gegenwart hinein. Wir haben zweitens den wechselseitigen Einfluss<br />
zwischen Person und Amt, zwischen Akteur und Institution mit dem Ergebnis<br />
herausgearbeitet, dass Ämter, dass Institutionen das Handeln von Personen nicht<br />
determinieren; dass sie vielmehr einen Handlungskorridor vorgeben. Ämter prägen<br />
jedoch auch Stil und Verhalten von Amtsträgern. Schließlich haben wir drittens<br />
deutlich machen können, dass die personellen Anforderungen auf der Medienbühne,<br />
also im Rahmen der Darstellungspolitik, ganz andere sind als die Kompetenzen,<br />
mit denen man sich im Felde der Entscheidungspolitik bewähren muss. Hier Kommunikationskompetenz<br />
in Verbindung mit Medienpräsenz, dort Fach- und Sachkompetenz<br />
gepaart mit Überzeugungskraft und Durchsetzungsfähigkeit.<br />
Was bedeutet dies alles für die eingangs gestellte Frage nach der Bedeutung von<br />
Charisma in der Politik. Wie viel Charisma braucht und wie viel Charisma verträgt<br />
die Demokratie? Gemeinhin assoziiert man mit Charisma etwas, was sich schwer<br />
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