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15. MainzerMedienDisput vom 25. November 2010.pdf - Talk-Republik

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Die Wirtschaftsjournalisten hätten gewissermaßen den kulturell-politischen Blick<br />

haben müssen, den Blick fürs Ganze. Dann hätten sie auch rechtzeitig – und nicht<br />

erst nach dem Crash! – erkannt, dass die fundamentalistische Ideologie <strong>vom</strong><br />

Markt, der alles regelt, der belohnt und bestraft, dem also göttliche Bedeutung<br />

zugeschrieben wird: dass dieser Ökonomismus nichts anderes war und nichts<br />

anderes ist als ein Marxismus mit umgekehrten Vorzeichen: Statt alles durch den<br />

Staat, alles gegen den Staat.<br />

Ich habe – erlauben Sie mir ein klitzekleines Selbstzitat – 1997 über eine meiner<br />

Kolumnen den Titel gesetzt: „Vom Marxismus zum Marktismus.“ Dafür wurde ich von<br />

einem Schweizer Wirtschaftsmagazin des musealen Ökonomie-Verständnisses<br />

bezichtigt – von hoch oben herab, wo ja damals die Wirtschaftsjournalisten zu thronen<br />

pflegten.<br />

Es war rechtzeitig möglich zu sehen, wohin uns die neuliberale Hybris führte – diese<br />

leere Lehre, die so wunderbar passt für die betriebswirtschaftlichen Simpel, die<br />

gestern, heute und wohl leider auch morgen zahlreiche Chefetagen bevölkern.<br />

Das Versagen der Medien in der Finanzkrise wäre durch Recherche zu vermeiden<br />

gewesen: durch das Streben danach, die Ereignisse, die Entwicklung, die Zeit kulturell<br />

zu verstehen.<br />

Nur wer vor 2008 von den kulturellen Werten ausging, die unsere Gesellschaft<br />

immer noch, und hoffentlich in alle Zukunft zusammenhalten, hatte und hat auch<br />

heute den Blick für die Zerstörung der Werte durch eine völlig amoralische Ideologie.<br />

Das klingt hart. Aber das soll es auch.<br />

Wir sind nicht fertig mit der Finanzkrise. Und die Finanzkrise ist nicht fertig mit uns.<br />

Die Täter höhnen heute über die Staaten und über die Steuerbürger, durch die sie<br />

gerettet wurden.<br />

Übrigens waren es ja nicht nur die Wirtschaftsjournalisten, die sich dem Größenwahn<br />

dieser „Masters of the Universe“ hingegeben haben. Auch die politischen Journalisten<br />

und die People-Journalisten feierten die neuen Machthaber. Alles, was damals<br />

groß schien, wurde großartig dargestellt.<br />

Es liegt eine Zeit der Gigantomanie hinter uns Medienmachern. Die Zeit der größten<br />

Gewinne, der größten Mergers, der größten ökonomischen Imperien, von den<br />

größten Wirtschaftsführern erobert und mit größter Kühnheit – heute wissen wir<br />

mit größter Vermessenheit – noch größer gemacht. Es war auch die Zeit des größten<br />

Luxus: der größten Gehälter, größten Villen, größten Geländewagen, größten Yachten,<br />

größten Partys.<br />

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