FES-Info 2013, Nr. 2 - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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WIRTSCHAFT, ARBEIT, SOZIALES<br />
31<br />
Fehlende Nachfrage lähmt Europa<br />
Veranstaltung <strong>der</strong> Reihe „Fortschritt neu denken“<br />
Schlagabtausch<br />
„Keine Angst vor Staatsverschuldung“, lautete<br />
die Devise des Wirtschaftsweisen Prof. Peter Bofinger<br />
von <strong>der</strong> Universität Würzburg. Der Staat<br />
könne die aktuell niedrigen Zinsen für Investitionen<br />
in Zukunftsprojekte, Bildung sowie in<br />
Löhne und Gehälter investieren und damit die<br />
Wirtschaft ankurbeln, so Bofinger im Rahmen<br />
eines lebhaften Schlagabtauschs zur Banken-, Finanz-<br />
und Eurokrise am 2. Juli in Freiburg.<br />
Baden-Württembergs Finanz- und Wirtschaftsminister<br />
Nils Schmid setzte dem „einen Weg <strong>der</strong><br />
Vernunft mit Maß und Mitte“ entgegen. Gerne<br />
würde auch er mehr in Infrastruktur und Bildung<br />
investieren, aber viele Ideen seien realpolitisch<br />
nicht umsetzbar.<br />
Doch das Prinzip von Maß und Mitte löste bei<br />
Peter Bofinger wenig Begeisterung aus, auch <strong>der</strong><br />
Druck <strong>der</strong> Schuldenbremse, die die soziale Gerechtigkeit<br />
im Land gefährde, beeindruckte den<br />
Wirtschaftstheoretiker wenig. Der Staat solle<br />
in Verkehrsnetze und die Bildung investieren.<br />
Damit wäre den nachfolgenden Generationen<br />
mehr gedient, als ihnen mit einer eisernen Sparpolitik<br />
weniger Schulden zu hinterlassen.<br />
Der „Wirtschaftsweise“ warb für höhere Löhne<br />
und Gehälter, denn aufgrund <strong>der</strong> „ungleichen<br />
Einkommensverteilung in Deutschland bekommen<br />
die Reichen bei uns viel. Sie sparen, geben<br />
wenig aus, weil ihr Bedarf gedeckt ist. Diejenigen,<br />
die hohen Bedarf haben, bekommen wie<strong>der</strong>um<br />
wenig. Ein Nachfragedefizit entsteht, das<br />
den Wirtschaftsprozess bei uns bremst.“ Mit <strong>der</strong><br />
Folge, dass Deutschland auch den Nachbarökonomien<br />
schade: „Wir importieren Wachstum,<br />
anstatt Wachstum zu exportieren, wir sind eine<br />
Strafe für die an<strong>der</strong>n Län<strong>der</strong>.“<br />
Sichtbar wurde in <strong>der</strong> Diskussion, dass die Gesprächspartner<br />
Vertrauen in die Instrumente einer<br />
Regulierung <strong>der</strong> Finanzmärkte setzen, damit<br />
nicht „Staat und Steuerzahler weiterhin Geisel<br />
eines ungezügelten Finanzmarktkapitalismus“<br />
bleiben, fasste Mo<strong>der</strong>ator Gernot Erler zusammen.<br />
Die Veranstaltung war Teil <strong>der</strong> Reihe „Fortschritt<br />
neu denken!“ des Fritz-Erler-Forums Baden-<br />
Württemberg, die von Gernot Erler, MdB und<br />
Spitzenkandidat <strong>der</strong> SPD in Baden-Württemberg<br />
mehrmals im Jahr mo<strong>der</strong>iert wird.<br />
Am Anfang fast nur Rückschläge<br />
Managerkreis zur Lage <strong>der</strong> Kreativwirtschaft<br />
Diskussionsrunde<br />
Die Kreativwirtschaft ermöglicht sozialen Aufstieg<br />
und Selbstverwirklichung auch jenseits <strong>der</strong><br />
klassischen Bildungswege. Erfolgreich ist, wer etwas<br />
kann, wer eine gute Idee hat und diese auch<br />
ökonomisch gut umsetzt. Sie ist eine sehr heterogene,<br />
innovative und dynamische Zukunftsbranche<br />
mit hohem Beschäftigungspotenzial<br />
und bietet enorme Möglichkeiten <strong>der</strong> Selbstentfaltung.<br />
Inwiefern müssen soziale Sicherung sowie Kultur-<br />
und Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> neuen kreativen<br />
und digitalen Arbeitswelt angepasst<br />
werden? In <strong>der</strong> Diskussionsrunde des Managerkreises<br />
Mitteldeutschland mit Vertretern<br />
aus <strong>der</strong> Kreativpraxis, <strong>der</strong> Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />
und <strong>der</strong> Wissenschaft, berichtete Christian Leise<br />
von den Startschwierigkeiten: „Am Anfang<br />
erlebt man fast nur Rückschläge“, so Leise, <strong>der</strong><br />
mit videostadt.com Deutschlands erstes Online-<br />
Videobranchenbuch gegründet hat. Er beklagt<br />
die Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Investorensuche. In<br />
Deutschland fehle die Kultur des Risikokapitals.<br />
Auf das Durchhaltevermögen und die Fähigkeit,<br />
nicht nur kreativ, son<strong>der</strong>n auch unternehmerisch<br />
zu sein, käme es an. Sein Unternehmen<br />
sitzt in einer kleinen Gemeinde, und ist durch<br />
den viel zu langsamen Breitband-Zugang beeinträchtigt.<br />
Um mit dem Unternehmen weiter zu<br />
wachsen, müsse er den ländlichen Raum verlassen.<br />
Ein alarmierendes Signal für die Landespolitik,<br />
denn allein in Thüringen arbeiten mehr als<br />
12.000 Beschäftigte in <strong>der</strong> Kreativwirtschaft und<br />
erwirtschafteten zuletzt einen Jahresumsatz von<br />
1,64 Mrd. Euro.<br />
Aspekte <strong>der</strong> kommunikativen und medialen<br />
Daseinsvorsorge wurden auch in München auf<br />
Einladung des Managerkreises und des Bayern-<br />
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I N F O<br />
<strong>FES</strong>