FES-Info 2013, Nr. 2 - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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60 Europa und die welt<br />
Konferenz<br />
Die Aufwertung des Regionalen<br />
Bilanz von 10 Jahren brasilianischer AuSSenpolitik<br />
Rückblick auf die<br />
außenpolitischen<br />
Impulse seiner<br />
Amtszeit: Brasiliens<br />
ehemaliger Präsident<br />
Lula da Silva<br />
Zu Anfang gleich ein kleiner Sieg: Der brasilianische<br />
Außenminister Antonio Patriota erklärte<br />
erstmals öffentlich die Bereitschaft seines<br />
Hauses, ein Beratungsgremium <strong>der</strong> Zivilgesellschaft<br />
zu außenpolitischen Fragen einzurichten.<br />
Die Erklärung folgte im Anschluss an seine Rede<br />
zum Auftakt <strong>der</strong> Konferenz „2003–<strong>2013</strong>: Eine<br />
neue Außenpolitik“ an <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alen Universität<br />
in São Bernardo/Brasilien.<br />
Die viertägige Veranstaltung wurde von <strong>der</strong> Grupo<br />
de Reflexão sobre Relações Internacionais<br />
organisiert – einer von <strong>der</strong> <strong>FES</strong> unterstützten<br />
Arbeitsgruppe, die regelmäßig das Wirken Brasiliens<br />
auf <strong>der</strong> internationalen Bühne reflektiert.<br />
Wie machte sich <strong>der</strong> Regierungswechsel 2003, als<br />
erstmals die Arbeiterpartei mit Luiz Inácio Lula<br />
da Silva das Präsidentenamt errang, in <strong>der</strong> brasilianischen<br />
Außenpolitik bemerkbar? Der Verteidigungsminister<br />
und ehemalige Außenminister<br />
Celso Amorim beschrieb auf <strong>der</strong> Konferenz die<br />
Wende des außenpolitischen Denkens so: „Nicht<br />
mit den Vereinigten Staaten brechen, aber den<br />
Mut haben, Punkte anzusprechen, die geän<strong>der</strong>t<br />
werden müssen.“<br />
Außenminister Patriota sieht in <strong>der</strong> vergangenen<br />
Dekade die Aufwertung des Regionalen: Die Stärkung<br />
<strong>der</strong> südamerikanischen Integration innerhalb<br />
des gemeinsamen Marktes MERCOSUR und<br />
die Gründung politischer Integrationsprojekte.<br />
Auch rückte <strong>der</strong> globale Süden stärker in den Fokus<br />
von Brasiliens Außenpolitik. So ließ sich über<br />
politische Koalitionen Einfluss auf internationale<br />
Entscheidungen nehmen, Verantwortungspositionen<br />
innerhalb <strong>der</strong> internationalen Organisationen<br />
wurden übernommen. Wichtige<br />
Themen wie Hunger- und Armutsbekämpfung<br />
wurden in den Mittelpunkt gerückt.<br />
Luiz Inácio Lula da Silva brachte seine Erfahrungen<br />
als ehemaliger Gewerkschaftsführer auf<br />
den Punkt: „Wenn mehr am Verhandlungstisch<br />
sitzen, wird das Ergebnis am Ende für alle besser.“<br />
Workshop<br />
Vorbild Energiewende<br />
Deutsch-japanischer Dialog zur Energiepolitik<br />
Mehr als zwei Jahre nach dem Reaktorunfall in<br />
Fukushima diskutiert Japan noch immer die Ausrichtung<br />
seiner Energiepolitik. Hatte die Regierung<br />
unter Führung <strong>der</strong> Demokratischen Partei<br />
Japans (DPJ) in den Jahren 2011–2012 den Ausstieg<br />
aus <strong>der</strong> Atomenergie eingeleitet, so bleibt<br />
die aktuelle Regierung <strong>der</strong> konservativen Liberaldemokratischen<br />
Partei (LDP) ohne klare Ausrichtung.<br />
Sie setzt zwar den von <strong>der</strong> DPJ initiierten<br />
Ausbau von erneuerbaren Energien fort, gleichzeitig<br />
forciert sie aber auch eine Wie<strong>der</strong>belebung<br />
<strong>der</strong> Atomenergiepolitik: Der Export japanischer<br />
Atomkraftwerke wird geför<strong>der</strong>t, die Kooperation<br />
mit Frankreich verstärkt, und von den <strong>der</strong>zeit 48<br />
vom Netz genommenen Atomkraftwerken sollen<br />
einige wie<strong>der</strong> in Betrieb genommen werden<br />
– trotz heftigen Wi<strong>der</strong>stands in <strong>der</strong> japanischen<br />
Gesellschaft. Ein Workshop <strong>der</strong> <strong>FES</strong> in Tokyo erkundete<br />
im Mai <strong>2013</strong> die Möglichkeiten deutschjapanischer<br />
Kooperation bei <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong><br />
Energiewende. Deutschland gilt auch in Japan<br />
als Vorbild. Dank des Erneuerbare-Energien-Gesetzes,<br />
so Hiroshi Takahashi vom Fujitsu Research<br />
Institute, sei Deutschland Japan zehn Jahre voraus.<br />
Mika Ohbayashi vom Mitausrichter Japan<br />
Renewable Energy Foundation betonte, dass Japans<br />
Rückstand in erster Linie in <strong>der</strong> japanischen<br />
Energiepolitik begründet sei – die lange Konzentration<br />
auf die Atomenergie habe Fortschritte in<br />
Bereichen wie Energieeinsparung und -effizienz<br />
verhin<strong>der</strong>t. Der Workshop, an dem auch <strong>der</strong> hessische<br />
SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel<br />
teilnahm, verdeutlichte, dass es große Potenziale<br />
für japanisch-deutsche Kooperation gibt.<br />
<strong>FES</strong> I N F O 2 / 2 0 1 3