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IDOMENEO - Styriarte

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Lediglich an zwei Stellen hat sich Harnoncourt zum Aufmachen<br />

von Strichen entschlossen, um die Nebenrollen, Arbace und Gran<br />

Sacerdote, stärker zu profilieren: Während Mozart Arbaces Koloraturarie<br />

im zweiten Akt singen ließ, die lyrische Arie im dritten<br />

Akt aber fortließ, geht Harnoncourt den umgekehrten Weg. So<br />

bleibt das wundervolle Rezitativ „Sventurata Sidon“ mit der Arie<br />

„Se colà ne’ fatti è scritto“ als letzter Arien-Einschnitt vor dem<br />

Denouement stehen. Im wenig später folgenden Trauerchor des<br />

Volkes „O voto tremendo“ strich Mozart den ersten Teil und das<br />

Solo des Oberpriesters und ließ nur den letzten chorischen Teil<br />

stehen. Harnoncourt hat diesen Strich aufgemacht, um dem<br />

Satz und besonders der Rolle des Oberpriesters seine zentrale<br />

Stellung im Schlussakt zurückzugeben.<br />

Ansonsten werden Mozarts Kürzungen genau befolgt, bis hin<br />

zu feinsten Verästelungen in den Rezitativen mit oft überraschenden<br />

harmonischen Übergängen, die man aus dem Autograph<br />

erst minutiös herauslesen muss, weil die Neue Mozartausgabe<br />

in den ersten beiden Akten noch ohne Kenntnis von<br />

Mozarts Originalhandschrift auskommen musste. Auch hier<br />

ist die Grazer Fassung von Nikolaus Harnoncourt näher am<br />

Original als alle bisherigen Versionen. In den brieflichen Diskussionen<br />

mit seinem Vater über zwei zentrale Rezitativdialoge –<br />

die Erkennungsszene zwischen Vater und Sohn und das erste<br />

Gespräch zwischen dem König und seinem Berater Arbace –<br />

plädierte Mozart mit Zähigkeit für die kürzeste denkbare Lösung.<br />

„Man muss aus der Not eine Tugend machen!“, lautete seine<br />

Formel, um seine Striche zu rechtfertigen. Tatsächlich entsteht<br />

aus Mozarts Kürzungen die Tugend eines wunderbar geschlossenen,<br />

fast ohne Einschnitte voranschreitenden „Drama per<br />

musica“ (So nannte er selbst das Werk, als er auf die Münchner<br />

Dirigierpartitur eigenhändig den Titel schrieb). Am Autograph<br />

der ersten beiden Akte kann man wunderbar ablesen, wie er<br />

diese Kontinuität des Dramas dadurch noch betonte, dass er die<br />

„Konzertschlüsse“ von Arien ausstrich und sie durch Übergänge<br />

in die nächste Nummer ersetzte. „Applauskiller“ nannte das die<br />

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