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Pflege- und Adoptivkinder in Heimen - ifb - Bayern

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<strong>ifb</strong> - Materialien 4-2001<br />

Im abschließenden vierten Abschnitt werden Perspektiven für e<strong>in</strong> (geplantes) Anschlussprojekt<br />

aufgezeigt, <strong>in</strong> dem es vor allem um die Frage der praktischen Umsetzung <strong>und</strong> Nutzbarmachung<br />

ausgewählter Projektergebnisse für verschiedene Adressatengruppen geht.<br />

1. Theoretischer H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

Untersuchungen, die sich auf erfahrungswissenschaftlicher Gr<strong>und</strong>lage mit der Frage befassen,<br />

was zum Scheitern von Adoptiv- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>verhältnissen führt, s<strong>in</strong>d nach wie vor rar.<br />

Dies gilt <strong>in</strong> besonderem Maße für Deutschland: Die letzte repräsentative Untersuchung zu<br />

diesem Thema wurde Anfang der 80er Jahre <strong>in</strong> Hessen durchgeführt (vgl. Heun 1984); <strong>in</strong> dieser<br />

Studie, die im Rahmen e<strong>in</strong>er Literaturrecherche zum aktuellen Forschungsstand ausführlicher<br />

beschrieben wurde (vgl. Kasten 1997), wird das Phänomen des Abbruchs von Adoptiv<strong>und</strong><br />

<strong>Pflege</strong>verhältnissen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie aus der Perspektive der Heimerzieher/-<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> der<br />

betroffenen K<strong>in</strong>der/Jugendlichen analysiert.<br />

Aufwendigere <strong>und</strong> differenziertere Untersuchungen wurden <strong>in</strong> den USA realisiert <strong>und</strong><br />

zwar vor allem <strong>in</strong> den späten 80er Jahren, als sich die Auswirkungen der Verabschiedung e<strong>in</strong>es<br />

neuen Adoptions- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>gesetzes bemerkbar machten. Im „Adoption Assistance and<br />

Child Welfare Act“ wurde zum „Wohle des K<strong>in</strong>des“ e<strong>in</strong>e dauerhafte Vermittlung <strong>in</strong> Adoptions-<br />

oder <strong>Pflege</strong>familien gefordert, wenn die leiblichen Eltern ihre Versorgungs- <strong>und</strong> Erziehungsaufgaben<br />

– aus welchen Gründen auch immer – nicht angemessen wahrnehmen können.<br />

Der Erlass dieses Gesetzes führte zu e<strong>in</strong>er deutlichen Umorientierung <strong>in</strong> der Platzierungspraxis<br />

zahlreicher staatlicher <strong>und</strong> privater Vermittlungsstellen <strong>und</strong> brachte es mit sich, dass<br />

immer mehr (vorher vorwiegend <strong>in</strong> <strong>Heimen</strong> untergebrachte) K<strong>in</strong>der mit besonderen Bedürfnissen<br />

(„special needs children“) <strong>in</strong> Adoptiv- oder <strong>Pflege</strong>familien vermittelt wurden <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

immer größerer Prozentsatz von Abbrüchen <strong>und</strong> Auflösungen von Adoptions- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>verhältnissen<br />

registriert werden musste. Beispielsweise wurden folgende Abbruchquoten berichtet:<br />

9,25% für Colorado (Rosenthal et al. 1988), 23% für New Jersey (Boyne et al. 1983),<br />

27% für Kansas <strong>und</strong> drei andere B<strong>und</strong>esstaaten im Nordosten der USA (McDonald et al.<br />

1991) <strong>und</strong> 22% im b<strong>und</strong>esweiten Durchschnitt (Pardeck 1984).<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ganzen Reihe empirischer Untersuchungen zu Tage geförderten<br />

Ergebnisse lässt sich folgendes Fazit ziehen: Das Scheitern von Adoptions- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>verhältnissen<br />

kann nur höchst selten auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Ursache zurückgeführt werden, sondern<br />

muss fast immer multivariat, d.h. durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren erklärt werden.<br />

Dabei erweist es sich als s<strong>in</strong>nvoll, zwischen Risiko- <strong>und</strong> Schutzfaktoren zu unterscheiden.<br />

Risikofaktoren stören <strong>und</strong> bee<strong>in</strong>trächtigen Adoptiv- <strong>und</strong>/oder <strong>Pflege</strong>verhältnisse, Schutzfaktoren<br />

tragen dazu bei, dass sie gut laufen <strong>und</strong> gel<strong>in</strong>gen. Risiko- <strong>und</strong> Schutzfaktoren stehen<br />

<strong>in</strong> Wechselwirkung mite<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> können sich gegenseitig verstärken oder schwächen<br />

oder – bei Überwiegen von Risikofaktoren oder Schutzfaktoren – auch die Wirkung der jeweils<br />

anderen Faktoren neutralisieren.<br />

Bewährt hat sich e<strong>in</strong>e Unterscheidung von vier Gruppen von Risiko- <strong>und</strong> Schutzfaktoren:<br />

(1) k<strong>in</strong>dbezogene, (2) familienbezogene, (3) vermittlungsstellenbezogene <strong>und</strong> (4) kommunikationsbezogene<br />

Faktoren.

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