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Pflege- und Adoptivkinder in Heimen - ifb - Bayern

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<strong>Pflege</strong>- <strong>und</strong> <strong>Adoptivk<strong>in</strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Heimen</strong> 19<br />

1.5 Zusammenwirken von Risiko- (bzw. Schutz-) Faktoren<br />

Die meisten Fachleute ––auch <strong>in</strong> Deutschland (vgl. Textor 1993) – s<strong>in</strong>d der Ansicht, dass das<br />

Scheitern von Adoptions- <strong>und</strong> <strong>Pflege</strong>verhältnissen nicht monokausal (durch Rückführung auf<br />

e<strong>in</strong>e Ursache) erklärt werden kann, sondern immer multivariat (durch das komplexe Zusammenwirken<br />

mehrerer Faktoren) bed<strong>in</strong>gt ist. Die Verwendung entsprechender Forschungsdesigns<br />

<strong>in</strong> empirischen Untersuchungen ist jedoch bis heute nur vere<strong>in</strong>zelt zu registrieren (z.B.<br />

Barth et al. 1988, Barth/Berry 1990, McDonald et al. 1991, Rosenthal et al. 1988).<br />

Beispielsweise analysieren Berry/Barth (1990) <strong>in</strong> ihrer Studie, <strong>in</strong> welchem Ausmaß durch die<br />

komb<strong>in</strong>ierte Wirkung mehrerer Faktoren die Abbruchwahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Adoptionen<br />

erhöht bzw. verr<strong>in</strong>gert wird. Fünf besonders wirksame Faktoren wurden von ihnen extrahiert:<br />

a) Adoption durch die <strong>Pflege</strong>eltern (vs. Nichtpflegeeltern-Adoption als Risikofaktor), b)<br />

Schulabschluss der Mutter (Collegeabschluss als Negativfaktor!), c) emotionale Bef<strong>in</strong>dlichkeit<br />

des K<strong>in</strong>des (emotionale Probleme als Negativfaktor), d) E<strong>in</strong>-Eltern-Familie (Ehepaar als<br />

Negativfaktor!), e) ke<strong>in</strong>e leiblichen K<strong>in</strong>der vorhanden (vs. leibliche K<strong>in</strong>der vorhanden als Risikofaktor).<br />

Die beiden Autoren, die sich <strong>in</strong> ihrer Untersuchung vor allem mit e<strong>in</strong>er Stichprobe von Adoptionen<br />

älterer (im Durchschnitt 13,9 Jahre alten) K<strong>in</strong>der im US-B<strong>und</strong>esstaat Kalifornien beschäftigen,<br />

formulieren auf der Gr<strong>und</strong>lage ihrer Ergebnisse e<strong>in</strong>ige praxisbezogene Empfehlungen:<br />

Besonders bei der Adoption adoleszenter K<strong>in</strong>der erweisen sich Adoptionen durch<br />

die <strong>Pflege</strong>eltern, die sich altersmäßig bereits <strong>in</strong> den 40ern bef<strong>in</strong>den oder noch etwas älter<br />

s<strong>in</strong>d, als s<strong>in</strong>nvoll. Vorteilhaft ist weiter, wenn sich <strong>in</strong> der Familie noch weitere <strong>Pflege</strong>k<strong>in</strong>der,<br />

aber ke<strong>in</strong>e leiblichen K<strong>in</strong>der bef<strong>in</strong>den <strong>und</strong> wenn der Familie <strong>in</strong> angemessenem Umfang <strong>in</strong>stitutionelle<br />

Unterstützung <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anzielle Beihilfen gewährt werden.<br />

Die (sich entwickelnde) Beziehung zwischen K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Adoptiv- bzw. <strong>Pflege</strong>eltern kann theoretisch<br />

<strong>und</strong> forschungstechnisch als Resultat des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren betrachtet<br />

werden, nämlich der Persönlichkeiten der beteiligten Personen sowie der alltäglichen<br />

Umgangserfahrungen, die sie mite<strong>in</strong>ander machen. Das Überwiegen von negativen Erfahrungen<br />

<strong>in</strong> den Alltags<strong>in</strong>teraktionen von K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Adoptiv- bzw. <strong>Pflege</strong>eltern („Erziehungsprobleme“,<br />

Konflikte, Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten usw.) br<strong>in</strong>gt es mit großer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

mit sich, dass ke<strong>in</strong>e sichere B<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e tragfähige Beziehung zwischen K<strong>in</strong>d<br />

<strong>und</strong> Adoptiv- bzw. <strong>Pflege</strong>eltern aufgebaut werden kann, was letztlich e<strong>in</strong>en Abbruch des A-<br />

doptiv- oder <strong>Pflege</strong>verhältnisses begünstigt.<br />

Auch McDonald et al. (1991) verwenden <strong>in</strong> ihrer Untersuchung, die sich auf 235 Platzierungen<br />

mit e<strong>in</strong>er Abbruchquote von 27% erstreckt <strong>und</strong> sich vor allem mit den Aktivitäten der<br />

Vermittlungsstellen befasst, e<strong>in</strong> mehrstufiges, mehrere E<strong>in</strong>flussgrößen berücksichtigendes<br />

Forschungsdesign. Ihre Ergebnisse untermauern die Tatsache, dass Adoptionen von K<strong>in</strong>dern<br />

mit besonderen Bedürfnissen (special needs children) häufiger vom Scheitern bedroht s<strong>in</strong>d als<br />

Adoptionen „normaler“ K<strong>in</strong>der. Als besonders zuverlässige Abbruch-Prädikatoren erwiesen<br />

sich die k<strong>in</strong>dbezogenen Merkmale (höheres) Alter, Misshandlungs-/Missbrauchserfahrungen,<br />

Beh<strong>in</strong>derung <strong>und</strong> Problemverhalten, welche 16% der Gesamtvarianz abdecken. Unzulängliche<br />

Beratung <strong>und</strong> Unterstützung durch die Vermittlungsstellen hat demgegenüber e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres<br />

Gewicht. Zu registrieren ist, dass sich die Vermittlungsstellen um besonders bedürftige

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