Pflege- und Adoptivkinder in Heimen - ifb - Bayern
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<strong>Pflege</strong>- <strong>und</strong> <strong>Adoptivk<strong>in</strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Heimen</strong> 47<br />
<strong>in</strong>dividuelle Willkür ersche<strong>in</strong>en. Dies wird z.T. davon abhängen, ob der Informationsstand<br />
ausreichend ist <strong>und</strong> wie eigene Bedürfnisse davon betroffen werden. Weniger leicht zu klären<br />
ist aber aus der Perspektive der betroffenen Familienmitglieder, ob e<strong>in</strong>e derartige Entscheidung<br />
überhaupt am konkreten Fall orientiert ist oder vielleicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie allgeme<strong>in</strong>en, also<br />
familienunabhängigen, Vorgaben folgt. Dabei können solche Vorgaben regelhaften Charakters<br />
explizit vorliegen, sie können sich eventuell auch bloß <strong>in</strong> der Praxis e<strong>in</strong>gespielt haben<br />
bzw. aus der wahrgenommenen Praxis anderer abgeleitet worden se<strong>in</strong>, z.B. Erwartungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />
des Verhältnisses von Unterbr<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>Pflege</strong>familien <strong>und</strong> <strong>Heimen</strong>. Schließlich<br />
ist es möglich, dass sie nur aus Annahmen <strong>und</strong> Vermutungen über die Erwartungen Dritter erschlossen<br />
wurden. Den Beteiligten s<strong>in</strong>d durch solche Vorgaben, wenn sie nicht offengelegt<br />
s<strong>in</strong>d, für die Urteilsbildung pr<strong>in</strong>zipielle Grenzen gesetzt.<br />
Hieraus ergibt sich die Schwierigkeit, dass möglicherweise im Weiteren ke<strong>in</strong>e zutreffende<br />
Ursachenzuschreibung gegeben werden kann <strong>und</strong> damit auch die Identifikation von Faktoren,<br />
die für e<strong>in</strong>e Veränderung <strong>in</strong> Frage kommen, erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird.<br />
Die entstehende Unsicherheit, wird häufig dadurch aufzulösen versucht, dass e<strong>in</strong>e ‚personale<br />
Reduktion‘ erfolgt, <strong>in</strong>dem Systemqualitäten oder Systemdefizite als persönliche Eigenschaften,<br />
Fähigkeiten oder Inkompetenzen e<strong>in</strong>zelner Beteiligter gedeutet werden, etwa als<br />
„mangelnde Konfliktfähigkeit“, „Bevorm<strong>und</strong>ung“, „fehlende E<strong>in</strong>satzbereitschaft“, „Informationsunwilligkeit“<br />
oder „Engherzigkeit“, um sonst nicht nachvollziehbare Verhaltensweisen<br />
subjektiv verstehbar zu machen.<br />
Im Zuge der Befragung wurde e<strong>in</strong>e Reihe von Problembereichen ermittelt, die als solche Felder<br />
potentieller Mehrdeutigkeit e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d. Sie betreffen:<br />
• das Konfliktmanagement,<br />
• das Kostenmanagement,<br />
• die Kompetenzwahrnehmung <strong>und</strong> -beurteilung der Beteiligten,<br />
• Schuld- <strong>und</strong> Versagenswahrnehmungen,<br />
• Motivdeutungen (z.B. was s<strong>in</strong>d die ‚tatsächlichen‘ Motive für e<strong>in</strong>e Betreuungsübernahme),<br />
• Statusfragen (etwa <strong>in</strong> welcher Beziehung stehen Jugendamt <strong>und</strong> Betreuungsfamilie), sowie<br />
e<strong>in</strong>geschränkt<br />
• Wahrheitsfragen (<strong>in</strong> Bezug auf getroffene Aussagen oder gemachte Beobachtungen).<br />
Die Art <strong>und</strong> Weise, wie diese potenziellen Mehrdeutigkeiten bearbeitet <strong>und</strong> nach Möglichkeit<br />
aufgelöst werden, entscheidet im Kern mit über das sich entwickelnde ‚Beziehungsklima‘,<br />
welches sich wieder wesentlich auf die weiteren Bearbeitungsformen von Problemen auswirkt.<br />
Im übrigen handelt es sich hier nicht durchweg um Fragen, die ausschließlich <strong>in</strong><br />
Betreuungsfamilien auftauchen, sondern von allen Familien bearbeitet werden müssen. Nur<br />
lassen sich dort entwickelbare Konzepte nicht ohne weiteres auf Betreuungsfamilien zurückübertragen.<br />
Viele Feststellungen der Interviewten s<strong>in</strong>d Bereichen zuzuordnen, die für diese subjektiv als<br />
von erheblicher Bedeutung e<strong>in</strong>zustufen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>in</strong> der jeweiligen Falldynamik e<strong>in</strong>e wichti-