MENTAL– MENTAL– MENTAL– MENTAL - Medicom
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FOTO: NAS7BIOPHOTO ASSOCIATES/OKAPIA<br />
Der menschliche Darm ist von einem<br />
Netz von Nerven umhüllt. Mit über<br />
100 Millionen Nervenzellen verfügt es<br />
über mehr Neuronen als das gesamte<br />
Rückenmark. Das enterische Nervensystem<br />
(ENS) arbeitet mit exakt den<br />
gleichen Zelltypen, Wirkstoffen und Nervenrezeptoren<br />
wie das Gehirn, weshalb<br />
es auch „Bauchhirn“, „Darmhirn“ oder<br />
„zweites Gehirn“ genannt wird. Das ENS<br />
ist in der Lage, unabhängig vom Gehirn<br />
zu arbeiten, und sorgt zum Beispiel<br />
dafür, dass Sekrete in Magen und Darm<br />
ausgeschüttet werden, Nährstoffe ins<br />
Blut gelangen und die Darmbewegungen<br />
koordiniert ablaufen.<br />
Ständig tauscht es dabei mit dem Kopfhirn<br />
Informationen aus. Dabei gehen nur<br />
wenige Befehle vom Kopf zum Darm, das<br />
Kopfhirn wird jedoch mit einer Vielfalt<br />
von Informationen aus dem Bauchraum<br />
versorgt – nur dringen diese Informationen<br />
in der Regel nicht in unser<br />
24 MEDICOM 35. Ausgabe, Mai 2005<br />
Bewusstsein vor. Lediglich Alarmzeichen<br />
wie Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen<br />
werden an unser Bewusstsein weitergeleitet.<br />
Diese Einschränkung ist durchaus<br />
sinnvoll, denn würden wir jede Regung<br />
des Darmes registrieren, dann wären wir<br />
nicht mehr in der Lage, zu denken oder<br />
ein sinnvolles Gespräch zu führen. Die<br />
Ausblendung der Darmaktivitäten ist<br />
deshalb ein wichtiger Reizschutz für unser<br />
Bewusstsein. Bei Menschen, die unter<br />
dem so genannten „Reizdarmsyndrom“<br />
leiden, scheint dieser Schutzmechanismus<br />
aber nicht mehr richtig zu funktionieren.<br />
(Mehr dazu auf Seite 30.)<br />
Das Gedächtnis im Bauch<br />
Wie das Gehirn, so entwickelt sich auch<br />
das Bauchhirn nach der Geburt weiter.<br />
Daher verfügt es auch über eine Art von<br />
Gedächtnis. Beispielsweise neigen Erwachsene,<br />
die als Babys unter Darmkoliken<br />
litten, häufig dazu, das Reizdarm-<br />
Die Darmschleimhaut (Mukosa), mit einem Rasterelektronenmikroskop<br />
vergrößert. Sie ist die innere Auskleidung des Darmes und enthält<br />
Drüsen zur Bildung von Darmsaft, Zellen zur Aufnahme von<br />
Nährstoffen aus dem Darm ins Blut und Zellen zur Abwehr von<br />
Krankheitserregern.<br />
Information<br />
zum Bauch<br />
Information<br />
zum Gehirn<br />
Neben dem Kopfhirn fanden Forscher auch ein Bauchhirn. Dieses befindet<br />
sich im Darm und hat ähnliche Eigenschaften wie das Gehirn. Beide Systeme<br />
kommunizieren miteinander, wobei wesentlich mehr Informationen vom<br />
Darm zum Hirn geleitet werden als umgekehrt.<br />
syndrom zu entwickeln. Die erlernte<br />
Fehlfunktion ist in Erinnerung geblieben.<br />
Doch das Bauchhirn merkt sich<br />
noch mehr: Da es sich schon im Mutterleib<br />
entwickelt, übernimmt es nach der<br />
Geburt sofort seine Aufgaben. Von da an<br />
merkt es sich alles: die Nahrungsstoffe,<br />
die es bekommen hat, und auch die zärtliche<br />
Zuwendung. Das Bauchhirn merkt<br />
sich auch Stimmungen und Gefühle.<br />
Denn in ständigem Kontakt mit dem<br />
Großhirn nimmt es an dessen Wahrnehmung<br />
teil.<br />
Die meisten Forscher sind sich darüber<br />
einig, dass die emotionalen Erinnerungen<br />
des Bauchhirns unsere Entscheidungen<br />
beeinflussen. Wie sie das jedoch<br />
genau tun, ist noch weitgehend unbekannt.<br />
Das bekannte Bauchgefühl entsteht<br />
vermutlich aus dem Wechselspiel<br />
der beiden Gehirne. Offenbar existiert<br />
im Kopfgehirn ein Bereich, der sich die<br />
vom Bauchhirn ausgesendeten Informa-<br />
GRAFIK: DPNY