Aktionstag in Rilchingen: âGute Pflege braucht bessere Rahmen ...
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Kommentar<br />
Solidarität und gesellschaftlicher<br />
Zusammenhalt: Was können caritative<br />
Unternehmen beitragen?<br />
Statement von Bruder Peter Berg, Vorstandsvorsitzender der BBT-Gruppe.<br />
Vom 17. Bis 19. Oktober haben sich bei der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes<br />
(DCV) <strong>in</strong> Würzburg rund 160 Delegierte aus den Diözesan- und Orts-Caritasverbänden, aus Fachverbänden<br />
und den Ordensgeme<strong>in</strong>schaften getroffen. Zentrales Thema war die Diskussion über Solidarität<br />
und gesellschaftlichem Zusammenhalt.<br />
Bruder Peter Berg<br />
Um es vorweg zu sagen: Solidarität<br />
beispielsweise auf die Behandlung von<br />
Patienten/-<strong>in</strong>nen ohne Krankenversicherung<br />
oder auf das Angebot von FSJ-Stellen<br />
für Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen alle<strong>in</strong><br />
zu reduzieren, wird dem eigentlichen<br />
Anspruch solidarischen Handelns nicht<br />
gerecht. Diese Beispiele s<strong>in</strong>d zwar s<strong>in</strong>nvoll<br />
und richtig und ich denke, sie sollten e<strong>in</strong><br />
M<strong>in</strong>destniveau für e<strong>in</strong>e gelebte Solidarität<br />
<strong>in</strong> unseren E<strong>in</strong>richtungen darstellen,<br />
doch für den E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Grundfrage<br />
der Solidarität aus me<strong>in</strong>er Sicht noch zu<br />
kurz gegriffen.<br />
Das Positionspapier des Deutschen Caritasverbandes<br />
(DCV) „Bed<strong>in</strong>gungen für<br />
Solidarität“, das hier zur Diskussion steht,<br />
reicht wesentlich weiter – und fordert<br />
aus me<strong>in</strong>er Sicht e<strong>in</strong> gerüttelt Maß an<br />
Selbstkritik von „großen E<strong>in</strong>richtungen“,<br />
über die ich hier sprechen möchte. Ich will<br />
daher im Folgenden versuchen, durch-<br />
6 FORUM 3+4/11<br />
aus selbstkritisch und herausfordernd zu<br />
argumentieren und zum Weiterdenken<br />
anzuregen – vielleicht auch, um Widerspruch<br />
zu provozieren. Ich möchte ke<strong>in</strong>e<br />
Lösungen präsentieren.<br />
Denn <strong>in</strong> der Tat muss ich mir auch als<br />
Vorstandsvorsitzender e<strong>in</strong>es Unternehmens<br />
der Sozialwirtschaft, mit über 9.000<br />
Mitarbeitenden, das für die Versorgung<br />
von über 300.000 Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />
pro Jahr Verantwortung trägt, die<br />
Frage stellen, ob soziale Unternehmen<br />
– vielleicht auch gerade im Bereich der<br />
Katholischen Kirche – nicht eigentlich<br />
„Solidaritätsprofiteure“ s<strong>in</strong>d.<br />
Natürlich fördern wir bürgerschaftliches<br />
Engagement. Gerne. Denn <strong>in</strong> unseren<br />
Soziale<strong>in</strong>richtungen fehlen nicht nur Zivis,<br />
sondern auch die Zeit, die unsere <strong>Pflege</strong>kräfte<br />
für Dokumentationspflichten,<br />
aber nicht mehr für unsere Patienten,<br />
Klienten und Bewohner haben.<br />
Natürlich bieten unsere Krankenhäuser<br />
Obdachlosen-Ambulanzen an – aber<br />
liest sich das nicht auch gut unter der<br />
Überschrift „Corporate Social Responsibility“<br />
im Jahresbericht oder sogar im<br />
Spendenaufruf <strong>in</strong> der Tageszeitung? – Es<br />
läuft schon Vieles und es gibt <strong>in</strong> der Tat<br />
zahlreiche Bemühungen <strong>in</strong> den großen<br />
E<strong>in</strong>richtungen um Solidarität, doch es<br />
geht ja jetzt hier nicht um die Schau der<br />
guten Taten!<br />
Die Gefahr ist groß, dass „Solidarität“<br />
zum Feigenblatt e<strong>in</strong>es im Kern profitorientierten<br />
Wachstumsdenken gerät,<br />
von dem wir uns als „Unternehmen“<br />
ke<strong>in</strong>esfalls frei machen können.<br />
Und dürfen. Doch dazu später.<br />
„Solidarität“ sollte aus me<strong>in</strong>er Sicht für<br />
e<strong>in</strong> Unternehmen der Katholischen Kirche<br />
mehr als e<strong>in</strong>e moralische Verpflichtung<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Gesellschaftsvertrags se<strong>in</strong>,<br />
sondern Zeugnis e<strong>in</strong>es orig<strong>in</strong>ären Unternehmensauftrages,<br />
dessen Kennzahl für<br />
die Wertschöpfung <strong>in</strong> „Glaubwürdigkeit“<br />
bemessen wird. Im Positionspapier „Bed<strong>in</strong>gungen<br />
für Solidarität“ wird <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang von e<strong>in</strong>em „solidarischen<br />
Ethos“ gesprochen. Denn „Solidarität“<br />
ist nicht Selbstzweck, sondern erst aus<br />
se<strong>in</strong>em orig<strong>in</strong>ären, christlichen S<strong>in</strong>n heraus<br />
wert-voll.<br />
Daraus folgt für mich, dass „Solidarität“<br />
von Unternehmen der Caritas nicht als<br />
„Unternehmen der Wohlfahrt“, sondern<br />
aus der unternehmerischen Verantwortung<br />
heraus ausgestaltet werden muss.<br />
Das „Unternehmen der Caritas“ Solidarität<br />
eben aus der Rolle und Aufgabe<br />
e<strong>in</strong>es „Wirtschaftsunternehmens“ und<br />
nicht aus der Rolle e<strong>in</strong>es „Hilfswerks“<br />
gestalten. Dies betrifft beispielsweise die<br />
Ermöglichung solidarischen Handelns <strong>in</strong><br />
der Dienstgeme<strong>in</strong>schaft genauso, wie die<br />
Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung<br />
jenseits sozialstaatlicher Regelungen,<br />
die <strong>in</strong> den Sozialgesetzbüchern umfassend<br />
geregelt s<strong>in</strong>d.<br />
Es steht uns gut an, wenn wir gerade<br />
auch <strong>in</strong>nerhalb unserer Dienstgeme<strong>in</strong>schaften<br />
Lernorte für Solidarität s<strong>in</strong>d<br />
und unsere Mitarbeitenden sich <strong>in</strong> ihrem<br />
Dienst auch als Mitarbeitende im<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es solidarischen Handelns an<br />
den Menschen verstehen.<br />
Als der Gründer me<strong>in</strong>er Ordensgeme<strong>in</strong>schaft,<br />
Peter Friedhofen, wie viele se<strong>in</strong>er<br />
Zeitgenossen Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
losmarschiert ist, gab es ke<strong>in</strong>e sozialen<br />
Sicherungssysteme, wie wir sie seit Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts <strong>in</strong> Deutschland