Aktionstag in Rilchingen: âGute Pflege braucht bessere Rahmen ...
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kennen. Se<strong>in</strong> Handeln und das vieler Ordens-<br />
und Unternehmensgründer/-<strong>in</strong>nen<br />
war e<strong>in</strong> im Ursprung „solidarisches“.<br />
Am Rande sei erwähnt, dass es <strong>in</strong> vielen<br />
anderen Ländern nach wie vor so aussieht<br />
und wir durch die grundsätzlich guten<br />
Strukturen unseres Sozialstaates hier und<br />
da auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e schwierigere Situation<br />
geraten s<strong>in</strong>d.<br />
Die Gründergeneration hatte e<strong>in</strong>en<br />
im Glauben gegründeten Ethos, der sich<br />
se<strong>in</strong>er Verantwortung für das Geme<strong>in</strong>wohl<br />
durchaus bewusst war. Der Erhalt<br />
dieses Werkes, der heute beachtlich große<br />
Unternehmen und „Sozialkonzerne“<br />
hervorgebracht hat, ist ke<strong>in</strong> Selbstzweck,<br />
sondern nach wie vor dem Auftrag der<br />
Caritas verpflichtet, e<strong>in</strong> Instrument zu<br />
se<strong>in</strong>, das Hilfe und Teilhabe dort möglich<br />
machen soll, wo Sozialsysteme nicht<br />
greifen und Menschen <strong>in</strong> Not s<strong>in</strong>d.<br />
Wenn wir hier also von den „Bed<strong>in</strong>gungen<br />
für Solidarität“ sprechen, dann<br />
sollten wir uns darüber klar se<strong>in</strong>, dass wir<br />
als Unternehmen der Caritas selber e<strong>in</strong>e<br />
der „Bed<strong>in</strong>gungen“ s<strong>in</strong>d, die „Solidarität“<br />
möglich machen.<br />
Ich will damit gar nicht verschweigen,<br />
dass wir uns dieser Aufgabe und Verantwortung<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich gar nicht<br />
mehr immer bewusst s<strong>in</strong>d – und diese<br />
vielleicht auch gar nicht mehr bewusst<br />
machen möchten. Denn Kürzungen im<br />
Sozial- und Gesundheitssystem treffen<br />
auch uns als Unternehmen hart. Hier gibt<br />
es gleich e<strong>in</strong> zweifaches Dilemma. Denn<br />
als Unternehmen der Sozialwirtschaft<br />
wird von uns zunehmend erwartet, dass<br />
wir die Folgen sozialstaatlicher Entsolidarisierungsprozesse<br />
substituieren,<br />
zum anderen bekommen wir die Folgen<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Form zu spüren, die uns<br />
selber die Bed<strong>in</strong>gungen für Solidarität<br />
„wegkürzen“.<br />
An diesem Dilemma s<strong>in</strong>d wir nicht<br />
ganz unschuldig. Denn wer auf der e<strong>in</strong>en<br />
Seite das Verhältnis von Staat und<br />
Zivilgesellschaft aus dem christlichen<br />
Subsidiaritätspr<strong>in</strong>zip heraus beschreibt<br />
und mehr Eigenverantwortung fordert<br />
und fördert, der darf sich natürlich nicht<br />
wundern, wenn daraus e<strong>in</strong> Bumerang<br />
wird und der Staat dort mehr gesellschaftliches<br />
Engagement e<strong>in</strong>fordert, wo<br />
er ordnungspolitisch se<strong>in</strong>e Hausaufga-<br />
ben nicht gemacht hat. Die Abschaffung<br />
des Zivildienstes oder die verzweifelten<br />
Versuche, e<strong>in</strong>e kaputt gesparte <strong>Pflege</strong>politik<br />
unter dem Deckmantel von mehr<br />
Solidarität zwischen den Generationen<br />
mit e<strong>in</strong> paar Gesetzesänderungen zur<br />
Anrechnung von <strong>Pflege</strong>zeiten für Familienangehörige<br />
zu kaschieren, zeigt,<br />
wie schnell „Solidarität“ unter die Räder<br />
kommen kann.<br />
„Solidarität“ kostet oftmals Geld. Viel<br />
Geld. Und das muss erwirtschaftet werden.<br />
Auch von Caritas-Unternehmen.<br />
E<strong>in</strong>er der Vorteile, Geld zu haben, ist<br />
„Unabhängigkeit“. Auch dafür stehen wir<br />
als freigeme<strong>in</strong>nützige Unternehmen, die<br />
sich eben nicht zu staatlichen Erfüllungsgehilfen<br />
machen, sondern dort solidarisch<br />
handeln und Teilhabe fördern, wo sie vielleicht<br />
nicht opportun ist. Auch <strong>in</strong> diesem<br />
Punkt s<strong>in</strong>d die Unternehmen der Caritas<br />
wieder selber Bed<strong>in</strong>gungen für Solidarität.<br />
Denn mit den hier erwirtschafteten Mitteln<br />
können wir dort handeln, wo die Not groß<br />
ist und Arme ke<strong>in</strong>e Lobby haben.<br />
Aber ich möchte den Blick auch nach<br />
<strong>in</strong>nen wenden, <strong>in</strong> den Verband h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>.<br />
Mir stellt sich die Frage, ob wir mite<strong>in</strong>ander<br />
als Trägerorganisationen und<br />
Verbände solidarisch umgehen und ob<br />
wir Kooperation wirklich suchen und<br />
umsetzen statt Konkurrenz?<br />
Wie gel<strong>in</strong>gt es uns, die E<strong>in</strong>richtungen<br />
und Dienst im Verband zu vernetzen?<br />
S<strong>in</strong>d wir Vorreiter auf dem Gebiet der<br />
Integration von Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen<br />
<strong>in</strong> unseren E<strong>in</strong>richtungen?<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus beschäftigt mich die Frage<br />
der Solidarität im H<strong>in</strong>blick auf unser<br />
eigenes Tarifgeschäft.<br />
Zum e<strong>in</strong>en laufen uns die Tarife nach<br />
oben davon – Fachkräftemangel, teures<br />
Management, außertarifliche Vere<strong>in</strong>barungen<br />
für Führungskräfte – und zum<br />
anderen schaffen wir es nicht, <strong>in</strong> anderen<br />
Lohnbereichen konkurrenzfähige Tarife<br />
zu vere<strong>in</strong>baren. Stattdessen wird „outgesourct“<br />
und wir beschäftigen so oftmals<br />
<strong>in</strong>direkt Menschen unter „M<strong>in</strong>destlohnniveau“<br />
– eigentlich wenig solidarisch.<br />
Und wie leben wir <strong>in</strong> unseren E<strong>in</strong>richtungen<br />
die Solidarität mit Menschen,<br />
deren Biografie und Leben nicht den<br />
Vorgaben der Grundordnung e<strong>in</strong>s zu<br />
e<strong>in</strong>s entsprechen?<br />
Ich habe e<strong>in</strong>gangs gesagt, dass wir uns<br />
selbstkritisch die Frage stellen müssen, ob<br />
wir uns dieser „Funktion“ (beispielsweise<br />
für Menschen <strong>in</strong> Not auch außerhalb unserer<br />
orig<strong>in</strong>ären Geschäftsfelder) als Werk<br />
der Kirche überhaupt noch bewusst s<strong>in</strong>d<br />
– oder ob es nicht e<strong>in</strong>fach nur opportun<br />
ist, hierüber im <strong>Rahmen</strong> e<strong>in</strong>es letztlich<br />
dann doch unverb<strong>in</strong>dlichen Funktionärstreffen<br />
e<strong>in</strong> wenig Asche auf unser<br />
Haupt zu streuen.<br />
Die Gefahr, dass wir uns dieses Auftrags<br />
nicht mehr gewiss und den staatlichen<br />
Versorgungsauftrag mit dem christlichen<br />
Auftrag der Nächstenliebe verwechseln,<br />
ist <strong>in</strong> der Tat groß.<br />
M<strong>in</strong>destens genauso groß ist die daraus<br />
resultierende Management-Herausforderung.<br />
E<strong>in</strong>e Führungsaufgabe, die nicht nur<br />
den Spagat zwischen Ökonomie und<br />
christlichem Auftrag aushalten, sondern<br />
e<strong>in</strong>en Auftrag lebendig und als<br />
immer neue Herausforderung an unser<br />
Handeln <strong>in</strong> und an der Gesellschaft gestalten<br />
muss.<br />
Diese Management-Herausforderung<br />
fällt leicht, wenn ich als caritatives Unternehmen<br />
großzügig für den Trägervere<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dertagesstätte spende, damit<br />
ich nicht nur <strong>in</strong> die Zeitung komme, sondern<br />
zugleich auch Mitarbeitenden e<strong>in</strong>en<br />
Betreuungsplatz für ihre K<strong>in</strong>der biete.<br />
Denn es widerspricht re<strong>in</strong> profanem unternehmerischen<br />
Denken und Handeln,<br />
dort zu <strong>in</strong>vestieren, wo ich selber ke<strong>in</strong>en<br />
Benefit sehe.<br />
Doch unternehmerisches Handeln im<br />
übertragenen S<strong>in</strong>ne als e<strong>in</strong>e Ausdrucksform<br />
von Kirche <strong>in</strong> unserer Gesellschaft zu<br />
verstehen, die Verantwortung übernimmt<br />
und bereit ist, <strong>in</strong> das Geme<strong>in</strong>wesen zu<br />
<strong>in</strong>vestieren, ohne hiervon direkten Nutzen<br />
zu ziehen, ist <strong>in</strong> der Tat e<strong>in</strong>e große Herausforderung.<br />
Aber, wie ich f<strong>in</strong>de, e<strong>in</strong>e<br />
unerlässliche Voraussetzung dafür, wenn<br />
wir auch <strong>in</strong> Zukunft Solidarität im S<strong>in</strong>ne<br />
der Caritas ermöglichen und sicherstellen<br />
wollen. Hier s<strong>in</strong>d wir als Unternehmen<br />
gefordert, das zu machen, was wir können.<br />
Strukturen zu schaffen, die ermöglichen,<br />
Solidarität zu f<strong>in</strong>anzieren. Selbstlos. Aber<br />
nicht uneigennützig im S<strong>in</strong>ne des orig<strong>in</strong>ären<br />
Unternehmensauftrags. n<br />
Bruder Peter Berg<br />
7<br />
Zentrale der<br />
BBT-Gruppe