08.04.2014 Aufrufe

Cicero Judenfeind Luther (Vorschau)

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

STIL<br />

Phänomenologie<br />

Wie die Modetheoretikerin Barbara Vinken unlängst<br />

darlegte, leisten es sich Frauen, die ihren Mann<br />

stehen, inzwischen, sich ganz als Frau anzuziehen.<br />

Und tragen im Beruf eben keinen Hosenanzug und<br />

kein Kostüm mehr, sondern das Allerweiblichste überhaupt:<br />

ein Kleid. Damit reklamieren sie für sich das<br />

Recht, weiblich aussehen zu dürfen, ohne ihre Autorität<br />

zu gefährden. Um als Businesskleidung geeignet zu<br />

sein, muss ein Kleid aber mit Macht aufgeladen werden.<br />

Das leisten die der Uniform entliehenen Versatzstücke.<br />

Reverenz an die Uniform:<br />

ein Kleid aus der Kollektion<br />

von Victoria Beckham ( 2012 )<br />

Ugandas Diktator Idi Amin<br />

( 1925-2003 ) ließ seine<br />

Uniformen angeblich extra<br />

verlängern, damit alle Orden<br />

Platz haben<br />

So sah 1930 die Kluft der<br />

ersten Stewardessen auf der<br />

Strecke San Francisco –<br />

Chicago aus<br />

FRÜHFORMEN DER UNIFORM gab es bereits in der römischen<br />

Legion. Um Tausende Soldaten auszustatten,<br />

war es günstiger, auf einheitliche Kleidung zurückzugreifen.<br />

Mit dem Untergang des Römischen Reiches<br />

geriet die Uniform zunächst in Vergessenheit. Später<br />

sollte das Militär sogar entscheidenden Einfluss auf die<br />

serielle Produktion von Konfektionskleidung haben.<br />

So war es Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der Anfang<br />

des 18. Jahrhunderts die Soldaten seines stehenden<br />

Berufsheers vermessen und einkleiden ließ und<br />

so den Weg für standardisierte Kleidergrößen ebnete.<br />

Vor 200 Jahren wurde in Preußen sogar der aus<br />

heutiger Sicht amüsante bis beängstigende Versuch unternommen,<br />

ein einheitliches Nationalkostüm durchzusetzen.<br />

In der Bevölkerung herrschten aufgrund<br />

der Vormachtstellung des napoleonischen Frankreichs<br />

eine diffuse Unzufriedenheit und das Gefühl, identitätslos<br />

zu sein. Nachdem sich Napoleon in der Völkerschlacht<br />

bei Leipzig geschlagen geben musste, erwachte<br />

1813 ein neues deutsches Nationalbewusstsein.<br />

In der Folge sollte nicht nur die Sprache von fremdländischen,<br />

sprich französischen Einflüssen gesäubert,<br />

auch die Erscheinung sollte „deutsch“ werden.<br />

Sogar Modezeitschriften wurden gemahnt, zur Popularisierung<br />

der Einheitskleidung beizutragen. Dabei<br />

war beiden Seiten bewusst, dass Publikationen wie das<br />

Journal des Luxus und der Moden oder die Allgemeine<br />

Moden-Zeitung damit an ihrer eigenen Abschaffung<br />

arbeiteten. Denn wo eine Volksuniform, da keine Modeindustrie<br />

und keine Magazine. Aber die Gazetten erwiesen<br />

sich als langlebiger als die Idee von der Volkstracht.<br />

Denn die war mit den Ergebnissen des Wiener<br />

Kongresses schon ein Jahr später wieder gestorben.<br />

Eine militärische Uniform signalisiert Macht. Wer<br />

sie trägt, vermittelt Autorität, Professionalität und Sicherheit.<br />

Als sich in den neunziger Jahren die Zahl<br />

der Zwischenfälle mit gewalttätigen Passagieren im<br />

internationalen Flugverkehr mehr als verdreifachte,<br />

statteten viele Fluggesellschaften die Uniformen ihrer<br />

Stewardessen mit goldenen Ärmelstreifen aus. Denn<br />

militärisch-uniformierende Elemente haben sich als<br />

hilfreich erwiesen, um gegenüber potenziellen Gegnern,<br />

von betrunkenen Geschäftsfrauen bis hin zu Fanatikern,<br />

Macht zu demonstrieren. Aus dem gleichen<br />

Grund sind Piloten bis heute zum Tragen einer Mütze<br />

verpflichtet. Wer den Hut aufhat, sagt, wo es langgeht.<br />

Fotos: Bettmann/Corbis (Seiten 108 bis 109), Karl Prouse/Catwalking/Getty Images, DDP Images/Camera Press, IMAGO<br />

110<br />

<strong>Cicero</strong> – 4. 2014

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!