IM GESPRÃCH bildung + - Press1
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titelthema<br />
„Wir sollten mehr<br />
selbst entscheiden<br />
können“<br />
Woran liegt es, dass vielen<br />
Schülern der Spaß am Lernen<br />
im Lauf ihrer Schulzeit<br />
vergeht? Wie viel Frontalunterricht<br />
ist nötig und<br />
möglich? Können Räume<br />
ebenso motivieren wie<br />
Freiräume? Eine Schülerin<br />
und ein Schüler reden mit<br />
einer Grundschullehrerin<br />
und einem Schulleiter über<br />
Leistungsnachweise, Lehrpläne<br />
und die Möglichkeiten<br />
der Ganztagsschule<br />
12<br />
Zwei Schüler und zwei Pädagogen im Gespräch<br />
8 Lucy (Jahrgang 1997) besucht das<br />
Humboldt-Gymnasium in Radeberg und<br />
wünscht sich motivierte Lehrerinnen und<br />
Lehrer.<br />
Jason (Jahrgang 1997), Schüler am Johann-Wolfgang-von-Goethe-Gymnasium<br />
in Chemnitz, engagiert sich genau wie Lucy<br />
im Landesschülerrat.<br />
Sabine Czerny (Jahrgang 1972) ist Grundschullehrerin<br />
in Bayern und Buchautorin.<br />
Sie hält Noten für den falschen Weg der<br />
Leistungsmessung und engagiert sich für<br />
grundlegende Veränderungen im Schulsystem.<br />
Carsten Haack (Jahrgang 1967) leitet die<br />
Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule in<br />
Kiel und denkt heute noch gern an seine<br />
Grundschullehrerin, weil die von Schule<br />
so begeistert war.<br />
Lucy, Jason: Was gefällt euch an eurer<br />
Schule besonders? Was macht sie vielleicht<br />
besser als andere?<br />
Lucy: Mir gefällt es sehr, dass Referendare<br />
neue Methoden ausprobieren. Die gehen<br />
ganz anders an die Sachen heran.<br />
Unser neuer Kunstlehrer zum Beispiel ist<br />
gleichzeitig DJ. Bei dem haben wir neulich<br />
Zufallsbilder gemalt, indem wir unser<br />
Papier über wummernde Boxen gehalten<br />
haben. Der Bass hat dann die Farben<br />
springen lassen. Es gibt zwar auch ältere<br />
Lehrer, die mal etwas Neues ausprobieren.<br />
Aber gerade die älteren Lehrer sagen<br />
häufig: Ich mache das seit Jahren so und<br />
das bleibt auch so.<br />
Jason: Ich finde es gut, wenn Lehrer auf<br />
die Schüler eingehen und uns fragen, was<br />
für uns am besten wäre, wie wir am besten<br />
lernen können, wie es uns damit<br />
geht. An unserem Gymnasium sind es<br />
aber eher die Lehrer als die Referendare,<br />
die für so etwas offen sind und auch Fort<strong>bildung</strong>en<br />
machen. Aber leider auch nicht<br />
alle. Was ich an meiner Schule auch mag<br />
ist, dass wir in den Gremien der Schülermitwirkung<br />
relativ viel zu sagen haben.<br />
Man hört unsere Stimme und unsere Anliegen<br />
und wir dürfen relativ viel mitbestimmen.<br />
Frau Czerny, Sie haben sich sehr<br />
intensiv mit dem Lernen heutzutage<br />
auseinandergesetzt und auch ein Buch<br />
dazu veröffentlicht. Was erleichtert<br />
Schülern das Lernen?<br />
Sabine Czerny: Wichtig ist, dass Unterricht<br />
bunt und lebendig ist, damit es nicht<br />
langweilig wird und damit jedes Kind viel<br />
aufnehmen und erfolgreich sein kann.<br />
Dann hat auch jeder Inhalt seine Berechtigung,<br />
genau wie jede Methode und jede<br />
Form, sei das nun Stationen-Training,<br />
Wochenplan-Arbeit oder eben auch lehrerzentrierter<br />
Unterricht. Warum sollten<br />
wir nicht auf Lehrer als Experten zurückgreifen,<br />
die etwas durchdacht haben, es<br />
didaktisch gut aufbereitet vermitteln können<br />
und gleichzeitig beobachten und unterstützen,<br />
wie der Lernprozess verläuft?<br />
Das ist ein bunter Strauß, den jede Lehrerin<br />
und jeder Lehrer unterschiedlich bindet.<br />
Entscheidend ist die Abwechslung.<br />
Carsten Haack: In meiner eigenen Schulzeit<br />
habe ich immer dann gelernt, wenn mich<br />
irgendetwas inhaltlich gepackt hatte, ich<br />
betroffen war im positiven Sinne. Unterricht<br />
so zu organisieren, ist das Ziel aller<br />
guten Lehrerinnen und Lehrer. Als Schulleiter<br />
ist es mir daher wichtig zu verdeutlichen,<br />
dass die Kolleginnen und Kollegen<br />
selbst die Verantwortung tragen für<br />
dieses zentrale Thema: Wie bekomme ich<br />
es hin, dass die Schülerinnen und Schüler<br />
gerne lernen? Bei uns dürfen die Teams<br />
entscheiden, wie die Kolleginnen und<br />
<strong>bildung</strong>SPEZIAL 1 | 2013