IM GESPRÃCH bildung + - Press1
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HUB_LLS 2012-2.indd 1 08.05.2012 18:11:21<br />
titelthema<br />
© Christian Schwier - Fotolia.com<br />
die Teams so klein sind, dass die Initiative<br />
aller gefragt ist und jeder ernst genommen<br />
wird.“ Der ständige Austausch<br />
macht aus den drei Schulen wieder die eine,<br />
die sie doch eigentlich ist. Eine Schule,<br />
die Kindern eigenverantwortliches Lernen<br />
beibringen möchte und ihnen Inspirationsquelle,<br />
Ruhepol und vor allem ein<br />
Zuhause sein möchte.<br />
Sich zuhause zu fühlen, das gelingt am<br />
besten, wenn der Klassenraum zum Lebensraum<br />
wird. „Wenn der Schultag um<br />
7.40 Uhr beginnt und um 16 Uhr endet,<br />
muss sich Schule ändern“, sagt Theresa<br />
Nolte, Klassenlehrerin der 4b, die ebenso<br />
wie eine erste, eine zweite und eine dritte<br />
Klasse ihren Platz im Neubau findet.<br />
Ein ungewöhnlicher Bau. Fraktale Bauweise,<br />
wie die Fachfrau sagt. Die vier wabenförmigen<br />
Klassenräume gruppieren<br />
sich um das zentrale Forum, das alle gemeinsam<br />
nutzen. In diesem lichtdurchfluteten<br />
Haus gibt es unglaublich viele Fenster<br />
und ganz viel zu entdecken, etwa den<br />
Besprechungsraum der Pädagogen, das<br />
Selbstlernzentrum mit Bücherecke, einen<br />
Spielkeller oder den Ruheraum. Wie<br />
in einem biologischen Gewebe passt alles<br />
zueinander.<br />
Architektur, die die Herzen höher<br />
schlagen lässt<br />
... die sich für die Thesen begeistern, die<br />
sich unter der Idee des „Raums als dritter<br />
Pädagoge“ sammeln. Alle Möbel sind<br />
leicht umzustellen, die Trapeztische lassen<br />
sich ohne Aufwand als Einzel- oder<br />
Gruppentische nutzen. In der 4b gibt es<br />
Deutschkästchen und ein Matheregal, das<br />
mit Murmeln und Küchenwaage eher einer<br />
Bastelwerkstatt gleicht. „Das Einladende<br />
für die Kinder dabei ist“, sagt Sabine<br />
Zülka, „dass wir das Vertrauen zu<br />
ihnen haben, dass sie selbst entscheiden<br />
können, was für sie dran ist. Und dass sie<br />
dann das entsprechende Material finden,<br />
mit dem sie das, was sie lernen wollen,<br />
auch lernen können.“<br />
„Bei uns sind selbst die Tafeln flexibel“,<br />
erklärt Theresa Nolte, „wir können sie<br />
einfach abnehmen und dort anbringen,<br />
wo wir möchten.“ Wie alle Klassenlehrerinnen<br />
im Ganztag bildet sie mit einer Erzieherin<br />
ein festes Team, in ihrem Fall ist<br />
es Agnes Kimmerle. Dass Lehrerin und<br />
Erzieher fast alle Entscheidungen zusammen<br />
fällen, fiel Theresa Nolte zuerst nicht<br />
leicht: „Agnes hatte die Idee, den Kindern<br />
keine festen Plätze zu geben, das fand ich<br />
zweifelhaft. Aber nach drei Wochen habe<br />
ich gemerkt: Das ist echt super! Die Kinder<br />
fragen sich: Wo möchte ich sitzen,<br />
welchen Partner brauche ich neben mir?<br />
Sitze ich lieber alleine oder in der Gruppe?<br />
Möchte ich lieber rausgehen? Warum?<br />
Großartig, dass das Kind über sich und<br />
seine Arbeitssituation nachdenkt“, meint<br />
Theresa Nolte und fügt hinzu: „Ohne die<br />
Erzieherin hätte ich das nie ausprobiert.“<br />
Wochenstruktur mit Logbuch<br />
Strukturiert wird die Woche durch die Arbeit<br />
am Logbuch, in dem Kinder frei an ihren<br />
Arbeitsplänen arbeiten. Die zehnjährige<br />
Merve hat in ihr rotes Buch ein Bild<br />
ihres Türkeiurlaubes gemalt. Sie plant ihre<br />
Woche. Am Mittwoch hat sie sich Schreib-<br />
schrift vorgenommen. Im Kasten Wochenziel<br />
steht, sie wolle Mensch-ärgere-Dichnicht<br />
kennen- und spielen lernen.<br />
Für Sabine Zülka und ihre 25 Lehrer- und<br />
17 Erzieherkollegen ist jedoch die Seite,<br />
auf der die Kinder über ihr Arbeitsund<br />
Sozialverhalten reflektieren, genauso<br />
wichtig. „Das kommentieren wir Erwachsenen<br />
nicht. Es geht nicht darum, ob sich<br />
die Kinder richtig oder falsch einschätzen,<br />
sie sollen lernen, sich nach und nach immer<br />
besser selbst zu beurteilen“, meint die<br />
Schulleiterin. Vom gleichschrittigen Lernen<br />
hat sie sich schon lange verabschiedet.<br />
Vor allem, weil ihre Schüler, von denen<br />
viele aus einem sozial schwachen<br />
Gebiet Herfords kommen, ganz unterschiedliche<br />
Voraussetzungen mitbringen:<br />
„Wir haben viele Kinder, die in extrem<br />
schwierigen Lebenssituationen stecken,<br />
manche davon haben Entwicklungsverzögerungen<br />
von bis zu drei Jahren.“<br />
Wie geht Schule auf die individuellen<br />
Bedürfnisse der Kinder ein?<br />
Diese Schule ist ständig auf der Suche<br />
nach den besten Antworten. Dazu gehören<br />
auch die Experimente im altersgemischten<br />
Lernen, an denen die Schule<br />
innerhalb des Netzwerks Lernkultur arbeitet.<br />
Können Kinder unterschiedlichen<br />
Alters beim gemeinsamen Lernen voneinander<br />
profitieren? Um das herauszufinden,<br />
gibt es regelmäßige jahrgangsübergreifende<br />
Forscher-, Kunst- und Lesetage.<br />
Es ist ziemlich laut in der Grundschule<br />
Landsberger Straße. Es steckt eben eine<br />
ganze Menge Leben drin.<br />
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Herausgeber<br />
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Silvia Pixner<br />
Gerd Schulte-Körne<br />
Michael von Aster<br />
Jahrgang 1 | Heft 2 | Juni 2012 | ISSN 2235-0977<br />
www.lernen-zeitschrift.com<br />
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