Scan (25 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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und dann erst die gesetzliche Festlegung in dem weitgehenden<br />
New-Town Act 4.<br />
Heute bestehen 28 New Towns, in denen etwa 0,75 Mio<br />
Menschen, insbesondere aus den Ballungsgebieten, leben.<br />
Eine von ihnen ist die 1964 geplante Stadt „Washington<br />
New Town" mit einem Planungsziel von 80 000 Einwohnern.<br />
Im September 1975 betrug die Einwohnerzahl 40 000<br />
Personen. Die Stadt, vorgesehen zur Entlastung von Tyneside<br />
und Wearside und zur Verbesserung der Wohnstruktur<br />
der hier lebenden Menschen, entwickelte sich zu einem industriellen<br />
Schwerpunkt im Nordosten Englands, da sich<br />
hier mehr als 80 Betriebe, u. a. bekannte Firmen wie Timex,<br />
Philips und Dunlop, niederließen.<br />
Im Gegensatz zu den übrigen neuen Städten, in denen die<br />
Industriegebiete wegen der vorhandenen westlichen Winde<br />
am Nord- und Nordostrand der Wohngebiete angesiedelt<br />
wurden, ordnete man die Gewerbegebiete in Washington<br />
New Town den jeweiligen Wohnbereichen zu, um den Individualverkehr<br />
zu entlasten. Der durchschnittliche Weg von<br />
der Wohnung zur Arbeitsstätte wurde hierdurch erheblich<br />
verkürzt. Eine optische Beeinträchtigung der Wohngebiete<br />
und eine Belästigung durch Immissionen ist jedoch trotz<br />
der Versicherung der Behörden, es würden nur „saubere<br />
Industrien" in der Siedlung zugelassen, nicht auszuschließen.<br />
Die Wohngebiete Washingtons werden in Nachbarschaften<br />
zu je 4 500 Einwohnern zusammengefaßt, die jeweils<br />
ihren eigenen Gemeindemittelpunkt mit Schulen, Geschäften,<br />
Gemeindehallen und anderen öffentlichen Einrichtungen<br />
ausweisen. Fuß- und Fahrwege sind getrennt<br />
angelegt, so daß der Fußgänger sicher zu seinem Fahrzeug<br />
gelangt, aber auch ohne vom Straßenverkehr belästigt zu<br />
werden, seinen Weg zu Fuß zurücklegen kann.<br />
8. Forschung und Ausbildung<br />
Für Forschungsaufgaben im biologischen Umweltschutz in<br />
Großbritannien ist das Institute of Terrestrial Ecology (ITE)<br />
zuständig. Das Institut hatte im Jahr 1975 315 Mitarbeiter,<br />
davon 231 Wissenschaftler. Es ist in die Abteilungen Tierökologie,<br />
Pflanzenökologie, wissenschaftliche Dienste (Daten<br />
und Information, Laboratorien, Werkstätten), sowie Verwaltung<br />
und Haushalt gegliedert. Diese Gliederung wiederholt<br />
sich bei den neun, über ganz Großbritannien verteilten<br />
Forschungsstationen des Instituts, allerdings mit unterschiedlicher<br />
Schwerpunktbildung bei den Forschungsaufgaben.<br />
Die Leitung befindet sich in der alten Universitätsstadt<br />
Cambridge. Auf der Studienreise wurde die Forschungsstation<br />
Monks Wood nordwestlich Cambridge besichtigt.<br />
Einer der Forschungsschwerpunkte dieser Station<br />
liegt in der Untersuchung der Auswirkung landwirtschaftlicher<br />
und industrieller Chemikalien auf die Umwelt. Um die<br />
Toxidität von Chemikalien zu ermitteln, werden u. a. die<br />
Körper verendeter Vögel auf Rückstände aus solchen Chemikalien<br />
untersucht. Auch werden die Gelege von Seevögeln<br />
ständig auf ihren Gehalt an chemischen Substanzen<br />
überprüft und als Indikator für den Grad der Verschmutzungen<br />
benutzt.<br />
Ein weiterer Forschungsbereich besteht in der Bestandsaufnahme<br />
von Tieren und Pflanzen. U. a. wird hier über<br />
die Ausbreitung der Tier- und Pflanzenarten in England gearbeitet.<br />
Ein Ergebnis dieser Untersuchungen ist z. B. ein<br />
Pflanzenatlas für ganz Großbritannien. Zur Zeit ist die Herausgabe<br />
von Atlanten über die Verbreitung bestimmter Tierarten<br />
in England in Vorbereitung.<br />
Ein drittes Aufgabengebiet besteht in der Erforschung von<br />
Auswirkungen verschiedener Bewirtschaftungsmaßnahmen<br />
auf Tier- und Pflanzengesellschaften. Dieser Forschungsbereich<br />
enthält auch Untersuchungen über den Einfluß des<br />
Menschen auf die Umwelt in vorindustrieller Zeit, vor allem<br />
auf Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren.<br />
Die Forschungsarbeiten sollen nicht nur das Ausmaß der<br />
Auswirkungen von Bewirtschaftungsformen auf die natürlichen<br />
Gegebenheiten klären helfen, sondern dazu dienen,<br />
Vorschläge für geeignete Bewirtschaftungsformen zu machen,<br />
um schädliche Folgen abzuwehren.<br />
Ein weiteres Arbeitsgebiet befaßt sich mit der Erforschung<br />
seltener und bedrohter Tier- und Pflanzenarten. So versucht<br />
man z. B. festzustellen, aus welchen Gründen der<br />
Schwalbenschwanz (Papilio machaon L) in letzter Zeit auffallend<br />
stark zurückgegangen ist und mit welchen Mitteln<br />
sein überleben sichergestellt werden kann.<br />
Dem Institut angegliedert ist ein Waldnaturschutzgebiet der<br />
insgesamt 130 Naturschutzgebiete in England. Das 155 ha<br />
große Gebiet wird in erster Linie als Forschungsstätte benutzt.<br />
Es handelt sich um den Rest eines ehemals sehr<br />
ausgedehnten Stieleichen-Hainbuchenwaldes, dessen mittelwaldartige<br />
Bewirtschaftung nachweislich bis auf das 11.<br />
Jahrhundert zurückgeht. Um die heutige Vielzahl an Pflanzen<br />
zu erhalten, wird diese heute nicht mehr übliche Form<br />
der Bewirtschaftung auf dem größten Teil der Fläche beibehalten.<br />
Viele Landschaften Englands sind seit alters her Heckenlandschaften.<br />
In der Forschungsstation Monks Wood wird<br />
über die ökologische Bedeutung dieser Hecken gearbeitet.<br />
So wird u. a. ihre Auswirkung auf angrenzende landwirtschaftliche<br />
Nutzflächen untersucht. Der dortigen Landschaftsstruktur<br />
entsprechend bilden ökologische Untersuchungen<br />
über Saumgesellschaften an Hecken einen<br />
Schwerpunkt im Forschungsprogramm des Instituts.<br />
Die Ausbildung auf dem Gebiet der <strong>Landespflege</strong> in Großbritannien<br />
kann mit dem lng.-grad. und mit dem Dipl.-Ing.<br />
abgeschlossen werden. Bis zum Erreichen des Diploms ist<br />
eine Studienzeit von vier Jahren vorgesehen. Studierende<br />
der „School of Architecture des Themse Polytechnikums'',<br />
London, haben zusätzlich neben dem Studium noch ein<br />
Jahr praktischer Tätigkeit vorzuweisen, ehe sie ihr Diplom<br />
erhalten.<br />
Daneben gibt es noch Fortbildungsstätten für graduierte Ingenieure,<br />
die nach einer Ausbildung von zwei Jahren mit<br />
dem Diplom abschließen. Außerdem können sie in einem<br />
Fortbildungsstudium, das einen Tag und einen Abend in<br />
der Woche beansprucht, nach drei bzw. auch vier Jahren<br />
- unter Beibehaltung ihrer gegenwärtigen Tätigkeit - das<br />
Diplom erreichen.<br />
Der Schwerpunkt der Ausbildung in allen Schulen liegt auf<br />
dem Planungs- und Gestaltungsberelch. Eine weitere Vertiefung<br />
auf biologisch-ökologische Grundlagen und zusammenhänge<br />
wäre erwünscht.<br />
Die Mitglieder des Deutschen <strong>Rat</strong>es für <strong>Landespflege</strong> und<br />
des Kuratoriums für den Europapreis für <strong>Landespflege</strong> waren<br />
von den Erfolgen des Natur- und Umweltschutzes in<br />
England sehr beeindruckt, zumal hier in der Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts die industrielle Entwicklung ihren Ausgang<br />
nahm und große, geschlossene Industriegebiete und mit ihnen<br />
landespflegerische Problemgebiete entstanden.<br />
Hervorzuheben ist die gut ausgestattete staatliche Organisation<br />
des Natur- und Umweltschutzes wie auch die Leistungen<br />
der privaten Verbände zum Schutz und zur Pflege<br />
der Landschaft. Manche Erfahrungen, die auf dem Gebiet<br />
der <strong>Landespflege</strong> in England gewonnen wurden, lassen<br />
sich auch auf andere Länder, so auch die Bundesrepublik<br />
Deutschland, übertragen.<br />
Bonn-Bad Godesberg, den 10. Juli 1976<br />
Der Sprecher:<br />
Graf Lennart Bernadotte<br />
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