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Scan (25 MB) - Deutscher Rat für Landespflege

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G. 01 s c h o wy<br />

England -<br />

Land der <strong>Landespflege</strong><br />

Einführung<br />

Wer jemals Gelegenheit hatte, die englischen Gärten und<br />

Parkanlagen, die englischen Gartenstädte und die typischen<br />

Landschaften der Baumhage kennenzulernen, der weiß, daß<br />

England das traditionsreichste Land der <strong>Landespflege</strong> Ist -<br />

im Sinne einer umfassenden Erhaltung, Pflege und Entwicklung<br />

der Kulturlandschaft, wie sie MÄDING und WIEP­<br />

KING verstanden haben. Die „Parlamentarische Einhägung"<br />

im Mittelalter war eine Maßnahme des englischen<br />

Parlaments, die den Charakter ganzer Landschaften in<br />

Mittel- und Südengland bis auf den heutigen Tag bestimmt<br />

hat. Die englischen Parks, wie sie C. BROWN und viele<br />

Künstler seiner Zeit in großen Teilen Englands geschaffen<br />

haben, waren Vorbild für die Landes- und Schloßherren<br />

vieler Länder, die ihre Parkanlagen in einen Landschaftspark<br />

im englischen Stil umgestalten ließen. Fürst PÜCKLER,<br />

Peter Joseph LENNi= und Ludwig SCKELL waren die großen<br />

Schöpfer der Landschaftsparks in Deutschland; ihre<br />

Anregungen holten sie sich alle in England.<br />

Gartenstädte und New Towns<br />

Der Gartenstadtgedanke, nach der zweiten Phase der Industrialisierung<br />

und vor allem nach dem ersten Weltkrieg<br />

immer mehr und immer weiter um sich greifend, hat seine<br />

Wurzeln ebenfalls in England. Welwyn-Garden-City und<br />

andere Beispiele waren Vorbild auch für die Gartenstädte,<br />

die in Deutschland den Städtebau maßgeblich beeinflußten<br />

und als Vorläufer der durchgrünten, überschaubaren und in<br />

Nachbarschaften gegliederten Stadt gelten können. Auch<br />

nach dem z weiten Weltkrieg war es wieder England, das<br />

mit seinen „ New Towns", wie sie als Harlow New Town,<br />

Crawley New Town und Basildon New Town um London<br />

heru m aufgebaut wurden, den Städtebau in Europa beeinflußte<br />

und zur Entwicklung von Satellitenstädten in vielen<br />

Industrieländern beitrug.<br />

Als besonders beispielhaft muß hier die Anordnung der<br />

Industriegebiete am Nord- und Nordostrand der Wohngebiete<br />

erachtet werden, weil dadurch bei den hier vorherrschenden<br />

Winden aus westlichen Richtungen die auftretenden<br />

Immissionen den Wohnwert nicht beeinträchtigen.<br />

In der von 1964 bis 1975 erbauten „Washington New Town"<br />

in der Grafschaft Durham ist man einen anderen Weg gegangen.<br />

Aus Gründen der Entlastung des Individualverkehrs<br />

wurden den Wohnbereichen jeweils Gewerbegebiete<br />

nichtstörender Art zugeordnet, um den Weg von der Wohnung<br />

zur Arbeitsstätte so kurz wie möglich zu halten. Zweifel<br />

los ist dieser Versuch nicht unproblematisch, weil sowohl<br />

die Beeinträchtigung der Wohngebiete durch Immissionen<br />

als auch optische Einwirkungen sicher nicht völlig auszuschließen<br />

sind.<br />

Die Verbundenheit der Menschen in England mit Pflanze<br />

und Garten, mit der Natur und dem Wasser hat ohne Zweifel<br />

ihren Wohn- und Lebensstil maßgebend geprägt. Stellvertre'.end<br />

für viele Städte kann hier die Gestaltung von<br />

Cambridge gelten, das mit seinen zahlreichen gepflegten<br />

Collegegärten, zumeist an dem Flüßchen Came gelegen,<br />

sicher zu einer der schönsten Universitätsstädte der Welt<br />

zählt. Die Bewohner der Stadt und ihre Studenten tummeln<br />

sich am Sonntag in Booten auf der Came oder lagern auf<br />

den seitlichen Grünflächen und Jassen erkennen, welches<br />

Glück es für eine Stadt bedeuten kann, wenn sie sich ihren<br />

Wasserlauf als stadtprägendes, naturnahes Element erhalten<br />

und nicht verbaut hat.<br />

Industrie und Landschaft<br />

Die industrielle Entwicklung der Erde nahm in der Mitte des<br />

18. Jahrhunderts in England ihren Ausgang, und damit begannen<br />

auch die Probleme, die sich daraus für die natürliche<br />

Umwelt ergeben. So bekam England am frühesten die<br />

Folgen der Eingriffe und Störungen von Industrie und Technik<br />

in den Naturhaushalt zu spüren und mußte sich mit<br />

ihnen auseinandersetzen. Es entstanden geschlossene Industriegebiete<br />

und mit ihnen landschaftliche Problemgebiete<br />

mit Immissionsschäden, Schäden am Wasserhaushalt,<br />

mit Gruben, Halden und Senkungsgebieten.<br />

Diese Entwicklung machte es notwendig, Maßnahmen gesetzlicher,<br />

raumordnerischer, städtebaulicher und landschaftsgestaltender<br />

Art in die Wege zu leiten, die einen<br />

Ausgleich von Technik und Natur zum Ziele haben. Wenn<br />

auch dieses Ziel noch längst nicht erreicht ist, sind doch<br />

inzwischen beispielhafte Leistungen vollbracht word en. Es<br />

sei nur auf das Gesetz „Alcali-Act" von 1906 und das Gesetz<br />

zur Luftreinhaltung („Clean Air Ac!") aus dem Jahre<br />

1956 hingewiesen, die die ersten Gesetze dieser Art darstellen.<br />

Bereits 1953 wurde eine „Society for Clean Air"<br />

gegründet, die 1959 in London die erste große internationale<br />

Konferenz über Luftreinhaltung veranstaltete. Andere<br />

Beispiele sind die Gestaltung einer ganzen Haldenlandschaft<br />

in Lancashire, die auf freiwilliger Grundlage der Bürger<br />

vollzogen wurde, oder die Beseitigung ganzer Slums­<br />

Stadtteile in vielen Industriestädten. So wurden auch in<br />

Sheffield die unter dem unmittelbaren Einfluß der Schwerindustrie<br />

stehenden Wohngebiete vollständig abgerissen<br />

und in seitlich gelegenen Tälern, die nicht mehr durch Abgase,<br />

Staub und Lärm beeinflußt sind, wieder aufgebaut.<br />

Wenn der Deutsche <strong>Rat</strong> für <strong>Landespflege</strong> und das Kuratorium<br />

für den Europapreis für <strong>Landespflege</strong> im September<br />

1975 England besuchten, so hatte das den Zweck, Landschaftsplanungen<br />

in ehemaligen Ind ustriegebieten und die<br />

Ausführung der Planungen kennenzulernen. Die Teilnehmer<br />

hatten zunächst Gelegenheit, das Rekultivierungsgebiet<br />

Stoke-on-Trent in der Grafschaft Stafford zu besichtigen.<br />

Durch den Bergbau waren große Flächen mit Abraumhalden<br />

überdeckt und andere Teile wieder durch den<br />

Abbau von Ton in Anspruch genommen; Ton war der<br />

Grundstoff für eine alte Porzellanindustrie und für viele<br />

Töpfereien. Es war beeindruckend zu sehen, wie hier die<br />

Landschaftsplanung, die „Land Use Consultants", mit einfachsten<br />

Mitteln eine ausgedehnte, stark belastete Industrielandschaft<br />

in ein vielseitiges Naherholungsgebiet verwandelt<br />

hat. Ähnlich überzeugend waren die ausgeführten<br />

Landschaftsplanungen des von Prof. HACKETT geleiteten<br />

Instituts der Universität Newcastle. Dies gilt ebenso für die<br />

neuen landwirtschaftlichen Nutzflächen auf ehemaligen Abraumhalden<br />

des Steinkohlenbergbaus in „Roddymoor Reclamation<br />

Colliery Site", wo ohne jeden Feinboden grüne<br />

Weiden geschaffen wurden, wie für das Rekultivierungsgebiet<br />

in Seaton Burn, wo große Wasserflächen von besonderem<br />

ökologischen Wert gestaltet wurden. Nur wer die<br />

alten devastierten Industriegebiete in England kennt, vermag<br />

diese beispielhaften Leistungen voll zu würdigen.<br />

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