Contra emag Nr. 00/14
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mit Waffengewalt auflösten.<br />
Im März 1933 folgte dann<br />
die Ausschaltung des Parlaments<br />
und die Errichtung<br />
des Ständestaats. Die daraufhin<br />
folgende Entwaffnung<br />
der sozialistischen<br />
Milizen eskalierte schlussendlich<br />
am 12. März 1934,<br />
als bei der Erstürmung des<br />
Linzer Parteiheims eine<br />
bewaffnete Gegenwehr<br />
erfolgte. In den folgenden<br />
drei Tagen kam es insbesondere<br />
in den Industriestädten<br />
und in Wien zu teils<br />
umfangreichen Kampfhandlungen,<br />
bei denen mehrere<br />
hundert Menschen getötet<br />
wurden. In vielen Bundesländern<br />
blieb es jedoch<br />
ruhig. Der bekannte Schriftsteller<br />
Stefan Zweig schrieb<br />
als Zeitzeuge darüber:<br />
„Wer sich vorgesetzt hat,<br />
ein möglichst ehrliches und<br />
anschauliches Bild seiner<br />
Zeit zu geben, muß auch<br />
den Mut haben, romantische<br />
Vorstellungen zu enttäuschen<br />
… So sonderbar<br />
es scheinen mag: ich war<br />
an diesen historischen<br />
Februartagen 1934 in Wien<br />
und habe nichts gesehen<br />
von den entscheidenden<br />
Ereignisse, die sich in Wien<br />
abspielten und nichts, auch<br />
nicht das mindeste davon<br />
gewußt, während sie<br />
geschahen. Es wurde mit<br />
Kanonen geschossen, es<br />
wurden Häuser besetzt, es<br />
wurden Hunderte von Leichen<br />
davongetragen – ich<br />
habe nicht eine einzige<br />
gesehen. … Alles ging im<br />
innern Kreise der Stadt<br />
ebenso ruhig und regelmäßig<br />
weiter wie sonst, während<br />
in den Vorstädten der<br />
Kampf wütete, und wir<br />
glaubten töricht den offiziellen<br />
Mitteilungen, dass<br />
alles schon beigelegt und<br />
erledigt sei.“<br />
Gegen die Übermacht von<br />
Bundesheer, Polizei, Gendarmerie<br />
und Heimwehr<br />
hatte der Republikanische<br />
Schutzbund keine Chance,<br />
so dass der Aufstand auch<br />
mangels Unterstützung in<br />
der Bevölkerung schon am<br />
<strong>14</strong>. Februar vorbei war. Die<br />
Regierung Dollfuß hatte<br />
gesiegt.<br />
Der österreichische Ständestaat<br />
existierte nach der Ausschaltung<br />
des Parlaments und<br />
der Demontage des Verfassungsgerichtshofs<br />
von 1934 bis<br />
1938, als die österreichische<br />
Regierung den Anschluss<br />
Österreichs an das nationalsozialistische<br />
Deutsche Reich<br />
verkündete.<br />
Die ständestaatliche Verfassung<br />
Österreichs von 1934 –<br />
„Maiverfassung“ genannt –<br />
berief sich (im Gegensatz zur<br />
Bundesverfassung von 1920)<br />
auf Gott anstatt dem Volk als<br />
obersten Souverän. So hieß es<br />
in der Präambel: „Im Namen<br />
Gottes, des Allmächtigen, von<br />
dem alles Recht ausgeht,<br />
erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf<br />
ständischer Grundlage diese Verfassung.“<br />
(Wappen des ständestaatlichen Österreichs: David Liuzzo, Wikimedia CC-BY-SA 3.0)<br />
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