Zeitschrift 1/2010 [Download,*.pdf, 3,94 MB] - Statistik - Freistaat ...
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Roman Straube<br />
Analysen zur wirtschaftlichen Entwicklung<br />
in Sachsen 2008/2009 anhand ausgewählter<br />
konjunkturstatistischer Kennzahlen<br />
Vorbemerkungen<br />
Die Wirtschafts- und Finanzkrise, die bereits<br />
im Frühsommer 2007 mit Verwerfungen am<br />
US-amerikanischen Immobilienmarkt ihren<br />
Anfang nahm und sich kontinuierlich zu einer<br />
weltweiten Krise ausweitete, ging und<br />
geht auch an Deutschland und Sachsen nicht<br />
spurlos vorbei. Nachdem zunächst vor allem<br />
der Kapitalmarkt in Form einbrechender Aktienkurse<br />
betroffen war, setzten zusehends auch<br />
für die Realwirtschaft und den Arbeitsmarkt<br />
negative Folgen ein. [1] Durch die restriktive<br />
Kreditvergabebereitschaft vieler Banken wurden<br />
sie häufig noch verstärkt. [2]<br />
Das Statistische Landesamt des <strong>Freistaat</strong>es<br />
Sachsen und das ifo Institut für Wirtschaftsforschung,<br />
Niederlassung Dresden, haben ein<br />
gemeinsames Forschungsprojekt aufgelegt,<br />
um zu ermitteln, wie und wann die wirtschaftsstatistischen<br />
Indikatoren für Sachsen<br />
die Krise anzeigen. Im Rahmen dieses Projektes<br />
wird der zeitliche und sachliche Verlauf der<br />
Entwicklung in der sächsischen Industrie 1) in den<br />
Jahren 2008 bzw. 2009 sowohl anhand von<br />
Kennzahlen des ifo-Konjunkturtests [3] als<br />
auch der amtlichen Konjunkturstatistik untersucht.<br />
Hier sind insbesondere Auftragseingänge,<br />
Umsätze, tätige Personen und geleistete<br />
Arbeitsstunden sowie der zwischen diesen<br />
Indikatoren bestehende zeitliche Vor- oder<br />
Nachlauf von Interesse. Die Untersuchungen<br />
im vorliegenden Artikel beschränken sich dabei<br />
zunächst auf die im Statistischen Landesamt<br />
des <strong>Freistaat</strong>es Sachsen verfügbaren Daten<br />
gemäß dem Monatsberichtskreis der Betriebe<br />
des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus<br />
und der Gewinnung von Steinen und Erden<br />
mit 50 und mehr tätigen Personen 2) bis zur WZ-<br />
2-Steller-Ebene. Daneben fließen Informationen<br />
aus der Handelsstatistik, der Außenhandelsstatistik<br />
und der Kurzarbeiterstatistik der Bundesagentur<br />
für Arbeit in die Analysen ein, um<br />
die wechselseitigen Abhängigkeiten zu verdeutlichen.<br />
Zur Wirtschaftsentwicklung<br />
im Zeitverlauf<br />
Die Entwicklung der Industrie in Sachsen wies<br />
bis Anfang 2008 einen Aufwärtstrend mit<br />
zweistelligen Steigerungsraten beim Umsatz<br />
im Vorjahresmonatsvergleich auf. Aber auch<br />
die Zahl der tätigen Personen und die durch<br />
sie erbrachten Arbeitsstunden sind gestiegen.<br />
Ende des Jahres 2008 war die „Krise“ da. Es<br />
stellen sich nun Fragen, ab wann die Entwicklungen<br />
in der sächsischen Industrie rückläufig<br />
sind, ob es alle Zweige gleichermaßen betrifft<br />
und wohin der Trend am aktuellen Rand, d. h.<br />
im August 2009, weist. 3)<br />
Die Bestimmung eines näherungsweisen Zeitpunktes,<br />
ab dem sich die Krise signifikant<br />
und beständig negativ auf die sächsische<br />
Wirtschaft auswirkte, wurde auf Basis der<br />
Umsatzentwicklung vorgenommen, da monetäre<br />
Umsatzdaten als ein gleichlaufender Konjunkturindikator<br />
für alle Wirtschaftszweige<br />
in der Industrie vorliegen und die betriebliche<br />
Performance somit umfassend abbilden. Zunächst<br />
wurde aus der originären Umsatzreihe<br />
eine Trend-Konjunktur-Komponente (TKK) mithilfe<br />
des Berliner Verfahrens (BV4.1) 4) abgeleitet<br />
(vgl. Abb. 1), um deren Wendepunkte hinsichtlich<br />
Vormonats- und Vorjahresmonatsentwicklung<br />
zu ermitteln. In Verbindung mit dem<br />
Zeitpunkt des fortwährenden Verfehlens der<br />
Vorjahresmonatsstände bei den unbereinigten<br />
Umsätzen ergibt sich ein gewichteter Wendezeitpunkt,<br />
der stärker an der tatsächlichen<br />
Umsatzentwicklung ausgerichtet ist, aber auch<br />
den langjährigen Entwicklungstrend ohne Saison-<br />
und Kalendereinflüsse berücksichtigt.<br />
Hiernach setzte die Krise in der sächsischen<br />
Industrie um das Ende des 3. Quartals 2008<br />
ein. Dieser Zeitpunkt war jedoch nicht für alle<br />
Branchen gegeben, wenngleich die Umsätze<br />
ab dieser Zeit zumeist verstärkt einbrachen.<br />
In der „Getränkeherstellung“ waren schon<br />
seit Jahresmitte 2007 nahezu kontinuierliche<br />
Umsatzrückgänge zu beobachten. Bei der „Herstellung<br />
von DV-Geräten, elektronischen sowie<br />
optischen Erzeugnissen“ entwickelten sich die<br />
Umsätze ab Jahresende 2007 beständig rückläufig,<br />
nur wenig später auch bei der „Herstellung<br />
von Leder, Lederwaren und Schuhen“ sowie<br />
der „Herstellung von Bekleidung“. Bei der „Herstellung<br />
von Textilien“ sowie der „Herstellung<br />
von Holz-, Flecht-, Korb- und Korkwaren (ohne<br />
Möbel)“ ging das Umsatzniveau mit Beginn des<br />
2. Quartals 2008 zurück, ab Quartalsmitte<br />
dann auch bei der „Herstellung von Kraftwagen<br />
und Kraftwagenteilen“, der umsatzstärksten<br />
Branche in der sächsischen Industrie.<br />
Am aktuellen Rand zeigt sich hier aber bereits<br />
eine moderat aufwärtsgerichtete Entwicklung,<br />
was zumindest im Inlandsgeschäft vorrangig<br />
auf die Impulse durch die Umweltprämie für<br />
Altfahrzeuge zurückzuführen sein dürfte. [4]<br />
Ab dem 3. Quartal 2008 waren bei der „Herstellung<br />
von Nahrungs- und Futtermitteln“<br />
sowie im „Bergbau“ rückläufige Umsätze zu<br />
verzeichnen, wobei Erstere deutlich stärker<br />
ausfielen. Nur wenig später waren auch die<br />
„Herstellung von Möbeln“ und die „Herstellung<br />
von Druckerzeugnissen; Vervielfältigung von<br />
bespielten Ton-, Bild- und Datenträgern“ betroffen,<br />
bevor zu Beginn des 4. Quartals 2008<br />
im „Maschinenbau“ eine Trendwende nach unten<br />
einsetzte. Hierfür spricht auch die Zahl<br />
der hier zu verzeichnenden Kurzarbeiter, die<br />
seit Oktober 2008 deutlich über dem Niveau<br />
der Vormonate lag (vgl. Tab. 1). An diesen Entwicklungen<br />
konnte auch die Abrechnung eines<br />
Großauftrages 5) im Dezember 2008 nichts<br />
ändern (vgl. Abb. 6). Im weiteren Verlauf des<br />
4. Quartals 2008 gingen die Umsätze in den<br />
Branchen „Herstellung von chemischen Erzeugnissen“,<br />
„Metallerzeugung und -bearbeitung“,<br />
„Herstellung von elektrischen Ausrüstungen“,<br />
„Reparatur und Installation von Maschinen<br />
und Ausrüstungen“, „Herstellung von<br />
Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung<br />
von Steinen und Erden“ sowie „Herstellung<br />
von Metallerzeugnissen“ zurück. In den Wirt-<br />
02 | Copyright Statistisches Landesamt des <strong>Freistaat</strong>es Sachsen | <strong>Statistik</strong> in Sachsen 1/<strong>2010</strong>