Das Leben, der Tod und dazwischen der Aldi - Andreas Donder ...

REISE NACH DRÜBEN
Hätte ich ahnen können, dass mich der Tod erwartet.
Beziehungsweise der halbe? Es klingt dramatischer
als es ist. Wer sich auf eine Reise begibt, muß sich
bewußt sein, dass er was erlebt. Die Reise, von der
ich erzählen möchte, begann vor 20 Jahren und wird
dieses Jahr enden. Ziemlich lange Reise, werden Sie
denken. Ziemlich tiefe Reise würde ich erwidern.
Kann ich diese Reise überhaupt beenden?
Wenigstens den Part, der mich belastet. Es befreit
mich schon jetzt, zu rekapitulieren. Es ist ein
kapitulieren vor der Erinnerung. Sie loslassen,
integrieren und abschließend verstehen. Damit etwas
neues passieren kann?
Es ist 18. September 1983. Morgen soll unser Flieger
gehen. Wir sind mit Martinas klapprigen Käfer nach
Frankfurt gefahren. Und haben bei ihrer Freundin
Erika übernachtet. Ich breche mit gemischten
Gefühlen auf. Ein Urlaubssemester. Ob ich dieses
Studium jemals fertig kriege?
Für Martina ist es ganz anders. Sie hat erste
Karriereschritte hinter sich und sucht den Ausstieg
aus ihrem öden Beamtenjob beim Finanzamt. Sie
sucht den Ausstieg und ich einen Einstieg. Ausstieg
und Einstieg - damals zwei zentrale Themen.
Umrahmt von einer lähmenden
Orientierungslosigkeit. Eine adoleszente Dauerkrise.
Kann eine Reise in den Orient zur Orientierung
beitragen? Oder bin ich auf der Flucht?
Ich studiere Amerikanistik. Einer der letzten freien
Studiengänge. Was zieht mich da in den Osten?
Wäre eine Reise nach Amerika nicht angemessener?
Eigentlich will ich nach Südamerika. Und Martina
nach Australien. Indien ist also ein Kompromiss.
Damals hatte ich im Leben kein Konzept und keine
Kontrolle. Jetzt habe ich zuviel Konzept und zuviel
Kontrolle. Das muß ins Gleichgewicht.
Wir haben unser Flug-Ticket Frankfurt-Dehli-
Hongkong-Frankfurt in Mühlheim im Hinterzimmer
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