Novemberpogrom - Österreich Journal
Novemberpogrom - Österreich Journal
Novemberpogrom - Österreich Journal
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />
Der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent<br />
Ulrich Seidl wurde am 14.<br />
November im Wiener Rathaus mit dem Goldenen<br />
Ehrenzeichen für Verdienste um das<br />
Land Wien ausgezeichnet. Zahlreiche Freunde,<br />
KollegInnen und WeggefährtInnen kamen<br />
ins Wiener Rathaus, um an der Feierstunde<br />
teilzunehmen – allen voran Michael<br />
Haneke mit Ehefrau Susanne, Regisseur<br />
Michael Glawogger, die Schauspielerinnen<br />
Maria Hofstätter, Margarethe Tiesel und<br />
Anne Bennent, Heinrich Mis, Film- und Serienchef<br />
des ORF, Alexander Horwath, Direktor<br />
des <strong>Österreich</strong>ischen Filmmuseums,<br />
Claus Philipp, Leiter des Stadtkinos im<br />
Künstlerhaus und Gerlinde Seitner, Geschäftsführerin<br />
Filmfonds Wien. Die wunderbare<br />
Musik kam von Otto Lechner, der<br />
auf seinem Akkordeon improvisierte.<br />
„Der österreichische Film ist in der Mitte<br />
der österreichischen Gesellschaft angekommen.<br />
Ein Fortschritt, der naturgemäß mit den<br />
Akteuren zu tun hat, den Regisseuren, Produzenten<br />
und Schauspieltalenten“, sagte<br />
Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny<br />
im Rahmen der Verleihung. „Es hat<br />
aber auch mit einem funktionierenden Fördersystem<br />
zu tun und mit dem von der Struktur<br />
her gemeinsamen Bemühen, die Filmschaffenden<br />
bestmöglich zu unterstützen.<br />
Die Stadt hat mit dem Filmfonds Wien eine<br />
der bestdotierten regionalen Förderstelle und<br />
ich bin dafür, daß er als ein solcher auch<br />
bestehen bleibt“, erteilt der Stadtrat dem<br />
Vorschlag Stefan Ruzowitzkys, die Filmförderung<br />
von Wien, Niederösterreich und Burgenland<br />
zusammenzulegen, eine Absage:<br />
„Ich halte die Zusammenlegung für keine<br />
gute Idee. Die Filmförderung in Wien ist ein<br />
gut funktionierendes System und sollte daher<br />
so beibehalten werden.“<br />
Ulrich Seidls Filmsprache würdigte<br />
Stadtrat Mailath „als originär, eigenständig<br />
und authentisch“: „Es sind Bilder, die in<br />
unseren Köpfen bleiben, Bilder, die polarisieren,<br />
Bilder, die weltweit verstanden werden.“<br />
Das Satire-Duo Stermann & Grissemann<br />
hielt – jedoch getrennt und jeder für sich –<br />
eine Laudatio auf den Filmemacher. Dirk<br />
Stermann, der eine kleine Rolle in Seidls<br />
„Hundstage“ spielte, schilderte auf gewohnt<br />
humorvolle Art seine Erlebnisse während<br />
der Dreharbeiten und stellte schlußendlich<br />
Film<br />
Gold für Ulrich Seidl<br />
Mailath: »Seidls Bildsprache ist authentisch und originär.«<br />
Foto: Georg Oberweger / PID<br />
Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (r.) verleiht Filmregisseur Ulrich<br />
Seidl das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.<br />
fest, „daß ich jahrelang dachte, Maria Hofstätter<br />
sei verrückt, dafür möchte ich Ulrich<br />
Seidl danken“.<br />
Christoph Grissemann erzählte von<br />
einem gemeinsamen Abendessen mit Ulrich<br />
Seidl in Mombasa, bei dem ihm der Filmregisseur<br />
für sich einnahm: „Weil er streng<br />
und albern gleichzeitig sein kann, weil er<br />
small talk haßt, weil er uneitel über seine<br />
Meisterwerke sprach, er der liebenswerteste<br />
Sadist ist, den ich kenne, und weil er die<br />
Rechnung für das Abendessen bezahlte.“<br />
In seinen Dankesworten stellte Ulrich<br />
Seidl „Mutmaßungen und Vermutungen“ über<br />
die Verleihung eines Ehrenzeichens an: Erst<br />
über die Freude, die das Ehrenzeichen mit<br />
sich bringt, dann über seine Ängste, es könnten<br />
ihm keine Dankesworte einfallen, über<br />
seine Depression, er wäre ehrenzeichenwürdig<br />
wegen des Alters, das unaufhörlich näher<br />
rückt, um sich letztlich zu trösten: Er sei<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
105<br />
noch nicht so alt, daß er das Große Goldene<br />
Ehrenzeichen mit dem Stern bekäme.<br />
Ulrich Seidl wurde 1952 in Wien geboren<br />
und wuchs in Horn auf. Er studierte Publizistik,<br />
Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft<br />
an der Universität Wien. In seinen<br />
Dokumentationen und Spielfilmen entwickelte<br />
Seidl eine eigene Bildsprache, die großes<br />
Aufsehen in der Filmwelt und beim Publikum<br />
hervorrief.<br />
Mit 26 Jahren entschloß er sich, die Filmakademie<br />
zu besuchen (1978-1982) und debütierte<br />
mit dem Film „Einsvierzig“ (1980)<br />
sowie dem umstrittenen Film „Der Ball“<br />
(1982). Im Jahr 1989 entstand „Krieg in<br />
Wien“, bekannt wurde Seidl aber 1990 mit<br />
„Good News. Von Kolporteuren, toten Hunden<br />
und anderen Wienern“, einem Film über<br />
die Lebens- und Arbeitsbedingungen von<br />
Wiener Zeitungskolporteuren. Es folgten<br />
„Mit Verlust ist zu rechnen“ (1993), ein Film