Novemberpogrom - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />
Wissenschaft & Technik<br />
Grazer Forscher entdecken neue<br />
Mutation in der Blutgerinnung<br />
Die Faktor-V-Leiden-Mutation (FVL)<br />
stellt die am weitesten verbreitete erbliche<br />
Gerinnungsstörung dar. Diese erhöht das<br />
Risiko eine Thrombose zu erleiden. Forscher<br />
der Med Uni Graz rund um OA Florian<br />
Prüller haben nun eine weitere Mutation des<br />
Gerinnungsfaktors V entdeckt, die das Thromboserisiko<br />
verändert. Mit dem funktionellen<br />
APC Resistenz Test, ab der 3. Generation, ist<br />
ein mögliches Thromboserisiko kostengünstig<br />
bestimmbar.<br />
Thromboserisiko durch kostengünstigen Test abklärbar<br />
Foto: http://www.bilderbox.biz<br />
Jeder Zehnte von gestörter<br />
Gerinnungsaktivität betroffen<br />
Der Gerinnungsfaktor V ist ein Protein,<br />
das eine essentielle Rolle in der Blutgerinnung<br />
spielt. Ebenso wichtig ist jedoch der<br />
Abbau dieses Proteins im Körper durch aktiviertes<br />
Protein C (APC), ebenfalls Bestandteil<br />
des Blutplasmas, da ein unzureichender<br />
Abbau eine erhöhte Gerinnungsaktivität verursacht.<br />
Diese erhöhte Gerinnung steigert<br />
das Risiko eine Thrombose zu erleiden um<br />
ein Vielfaches. In <strong>Österreich</strong> sind 10 Prozent<br />
der Bevölkerung TrägerInnen dieser Mutation<br />
des Gerinnungsfaktors V, die nach der<br />
niederländischen Stadt Leiden benannt<br />
wurde.<br />
Die Untersuchung, ob eine erhöhte<br />
Thromboseneigung vorliegt, ist nicht nur für<br />
PatientInnen wichtig, die bereits eine Thrombose<br />
oder Lungenembolie erlitten haben, sondern<br />
sollte auch vor Verschreibung der Pille<br />
in Betracht gezogen werden, da die Einnahme<br />
der Pille zur Empfängnisverhütung eine<br />
Thrombose begünstigen kann. Zur Untersuchung<br />
des Thromboserisikos ist die molekulargenetische<br />
Testung auf FVL möglich<br />
sowie die Bestimmung der APC-Resistenz.<br />
Bis jetzt sind einige Fällen mit einer Diskrepanz<br />
zwischen Gentest und APC-<br />
Resistenz bekannt, die als „pseudo-homozygot“<br />
für FVL beschrieben werden. Diese<br />
Konstellation geht mit einem klinisch erhöhten<br />
Thromboserisiko wie bei homozygoten<br />
FVL TrägerInnen einher.<br />
„Im Gegensatz dazu kommt es zu einem<br />
verminderten Thromboserisiko, wenn Menschen<br />
von einem Elternteil zwar eine FVL-<br />
Mutation geerbt haben, aber auch eine weitere<br />
Mutation wie die Faktor V Graz Mutation<br />
haben, die dazu führt, daß zwar weniger,<br />
aber trotzdem normal funktionierender<br />
Gerinnungsfaktor V produziert wird“, so OA<br />
Florian Prüller, Klinisches Institut für Medizinische<br />
und Chemische Labordiagnostik<br />
der Med Uni Graz. Diese weitere Mutation<br />
wurde hier erstmals entdeckt.<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
Faktor-V-Graz<br />
Verantwortlich für die Diskrepanz von<br />
Gentest und APC-Resistenz sind die Ausprägungen<br />
der Allele im Faktor V Gen. Wenn<br />
ein Allel die FVL-Mutation aufweist, die<br />
Gen-Ausprägung also heterozygot ist, führt<br />
die zusätzliche Faktor-V-Graz-Mutation auf<br />
demselben Allel dazu, daß sich im Blut<br />
weniger, aber nur normal funktionierender<br />
(= nicht-APC-resistenter) Gerinnungsfaktor<br />
V befindet. Auf diese neue Faktor-V-Mutation<br />
wurden die Grazer Wissenschafter durch<br />
widersprüchliche Testergebnisse aufmerksam.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Institut für<br />
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin<br />
des Universitätsklinikums Dresden<br />
stellten die Grazer Forscher fest, daß bei bekanntem<br />
FVL eine bis dato unbekannte<br />
Mutation im Faktor-V-Gen dafür sorgt, daß<br />
der mutierte Gerinnungsfaktor nicht in den<br />
Blutkreislauf gelangt und daher die APC Resistenz<br />
nicht wirksam wird und als „Pseudo-<br />
Wildtyp“ für FVL imponiert. „Der thrombogene<br />
Effekt der FVL Mutation wird durch<br />
die in Graz entdeckte Faktor-V-Graz-Mutation<br />
quasi neutralisiert.“ Die genealogischen<br />
Daten zeigen, daß von der entdeckten Mutation<br />
betroffene Personen trotz des FVL-<br />
Nachweises im Gentest kein erhöhtes Thromboserisiko<br />
in sich tragen“, erklärt Prüller.<br />
Thromboserisiko bei<br />
Pillenverschreibung durch APC-<br />
Resistenz-Test abklärbar<br />
Aus Sicht der Grazer Experten hat die Entdeckung<br />
der Faktor-V-Graz Mutation auch<br />
Auswirkungen auf die Diagnostik in der klinischen<br />
Praxis. Der genetische FVL-Test<br />
kann nur dazu dienen Veränderungen im Bauplan<br />
des Körpers zu identifizieren. Mit dem<br />
funktionellen APC-Resistenz-Test wird hingegen<br />
die tatsächliche Funktionalität des<br />
Genoms überprüft. Dazu die Grazer Experten<br />
unisono: „Die Genetik kann uns beweisen,<br />
dass eine Mutation im Genom in Form<br />
der FVL Mutation vorliegt. Ob diese Mutation<br />
die Gerinnung beeinflußt oder nicht,<br />
zeigt uns tatsächlich der funktionelle APC-<br />
Resistenz-Test.“ Daher sind sich die Wissenschafter<br />
einig, daß zur Verschreibung der<br />
Pille und der damit einhergehenden Gefahr<br />
an einer Thrombose zu erkranken, der wesentlich<br />
kostengünstigere APC-Resistenz-<br />
Test ein aufschlußreiches Ergebnis liefert. Will<br />
man jedoch testen, ob ein erhöhtes Thromboserisiko<br />
weiter vererbt werden kann, bedarf<br />
es weiterhin der Genetik. •<br />
http://www.medunigraz.at<br />
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