Novemberpogrom - Österreich Journal
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />
Kultur<br />
Wer alles liest, hat nichts begriffen<br />
Nicolas Mahler von 29. November 2013 bis 23. März 2014 im Karikaturmuseum Krems<br />
Mit Nicolas Mahler präsentiert das Karikaturmuseum<br />
Krems einen österreichipatschig<br />
durch erbärmliche Existenzen, und schaften“, „Alice in Sussex“ frei nach Lewis<br />
und dünn oder kurz und rund – tapsen toll-<br />
Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschen<br />
Comic-Künstler und Cartoonisten, der<br />
seine erfolgreiche Karriere im Ausland lanciert<br />
hat und bis heute in Deutschland und Frankreich<br />
prominenter ist als in seiner Heimat.<br />
Nicolas Mahlers internationaler Durchbruch<br />
erfolgte in den späten 90er-Jahren,<br />
und sein Aufstieg war rasant. Nach einigen<br />
im Selbstverlag veröffentlichten Comicheften<br />
publizierte das international renommierte<br />
Schweizer Comicmagazin „Strapazin“<br />
Mahlers Boxerballade T.N.T.; wenig später<br />
erschien im wichtigen Pariser Autorenverlag<br />
L’Association Lone Racer – und als nächstes<br />
kam schon der Abdruck von Kratochvil in<br />
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.<br />
Seither ist Nicolas Mahler zwischen<br />
Kanada und China, Schweden und Spanien<br />
allgegenwärtig, als Autor unzähliger Bücher<br />
und Hefte, aber auch in Zeitungen und Zeitschriften.<br />
Viele renommierte Preise sowie<br />
Einladungen zu internationalen Filmfestivals<br />
zeugen vom Status Nicolas Mahlers in der<br />
internationalen Szene.<br />
Mahlers Erfolg ist alles andere als selbstverständlich,<br />
denn seine Kunst ist alles andere<br />
als anbiedernd. Sein Strich ist stilisiert bis<br />
hart an die Grenze zur Abstraktion und sein<br />
ihr Leben scheint vor allem aus Scheitern<br />
und Leiden zu bestehen. Wie alle echten Humoristen<br />
ist Nicolas Mahler kein Komödiant,<br />
sondern ein Tragiker, dessen Pessimismus<br />
nur dank einer gehörigen Portion Humor<br />
erträglich wird.<br />
Caroll und H. C. Artmann sowie Thomas<br />
Bernhards „Alte Meister“ sind Vorlagen, die<br />
Nicolas Mahler zeichnerisch adaptiert. Er<br />
schafft eigene Geschichten und erzeugt neue<br />
poetische Literatur-Stücke. Mit gekonnter Reduktion<br />
auf das Wesentliche erreicht Nicolas<br />
Mahler maximale Genauigkeit in seiner Aussage,<br />
vermittelt mit Präzision Stimmungen,<br />
Gefühle und Gedanken. Virtuos führt er vor,<br />
wie facettenreich minimalistische Zeichnungen<br />
sein können und wie er alles auszudrükken<br />
vermag, was er möchte, von dümmlichem<br />
Slapstick bis zu Metaphysischem und Philosophischem.<br />
Vor allem Mahlers Umsetzung<br />
von Thomas Bernhards „Alte Meister“ entpuppte<br />
sich als ein Glücksfall – eine künstlerisch<br />
eigenwillige, aber kongeniale Umsetzung,<br />
die zu einer höheren Wertschätzung des<br />
Comics geführt hat. Thomas Bernhards Ausspruch<br />
„Wer alles liest, hat nichts begriffen“<br />
gibt denn auch den Rahmen dieser bisher<br />
größten gezeigten Nicolas-Mahler-Personale<br />
mit über 225 Originalen vor. In „Alte Meister“<br />
stellt der Kunstkritiker Reger fest: „Ich habe<br />
niemals in meinem Leben ein einziges Buch<br />
ausgelesen, meine Art zu lesen ist die eines<br />
hochgradig talentierten Umblätterers … Wer<br />
Humor schwarz bis hart an die Grenze zum Thomas Bernhard, Alte Meister, alles liest, hat nichts begriffen.“ •<br />
Tragischen. Seine Figuren – entweder lang<br />
2010/11<br />
http://www.karikaturmuseum.at<br />
94<br />
© Nicolas Mahler / Fotos: Karikaturmuseum Krems<br />
Alice in Sussex, frei nach Lewis<br />
Caroll und H. C. Artmann, 2012<br />
Fiktives Heftcover der Serie<br />
»Engelmann«, 2010<br />
Der Mann ohne Eigenschaften, nach<br />
Robert Musil, 2013, Suhrkamp Verlag<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at