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Novemberpogrom - Österreich Journal

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />

Kultur<br />

83<br />

© Belvedere, Wien<br />

Ausstellungsansicht »Intervention: Christian Mayer – Musis et Mulis« – Dropping Well, 2013<br />

© Belvedere, Wien<br />

beherbergte und vor einigen Jahren zu einem<br />

modernen Schaudepot für rund 150 Objekte<br />

sakraler mittelalterlicher Kunst umgestaltet<br />

wurde, einige der Tafelbilder entfernt. Die<br />

dadurch entstandenen Lücken in der<br />

Präsentation wurden zum Anlaß genommen,<br />

einen Künstler einzuladen, sich mit dem Ort<br />

und seinen Exponaten auseinanderzusetzen,<br />

die temporären Veränderungen produktiv zu<br />

Ausstellungsansicht »Intervention:<br />

Christian Mayer – Musis et Mulis«<br />

nützen und um neue Perspektiven zu erweitern.<br />

Musis et Mulis – den Musen und den<br />

Maultieren: Mit dieser ironischen Bezeichnung<br />

kommentierten Berliner Bürger Anfang<br />

des 18. Jahrhunderts die Tatsache, daß<br />

Kurfürst Friedrich III. im Obergeschoß des<br />

königlichen Marstalls die Akademie der Künste<br />

einrichten ließ. Indem Christian Mayer<br />

dieses Motto aufnimmt, verweist er auf die<br />

verschiedenen Nutzungen des Prunkstalls im<br />

Verlauf der Zeit, vom Marstall des Prinzen<br />

Eugen bis zum Ausstellungsraum bildender<br />

Kunst. Seine mehrteilige Installation verschränkt<br />

die Zeitschichtungen des barocken<br />

Raumes und der mittelalterlichen Exponate<br />

und thematisiert Prozesse kultureller Aneignung<br />

und Musealisierung wie auch die (Un-)<br />

Möglichkeiten der Bewahrung, der authentischen<br />

Rekonstruktion oder der symbolischen<br />

Aktualisierung. Gezielt greift Christian Mayer<br />

in die dichte Präsentation sakraler Bilder ein:<br />

So bringt er Stützkonstruktionen aus Holz<br />

oder Leinwand zum Vorschein, die auf den<br />

Ursprung der Tafeln als beidseitig bemalte<br />

Altarflügel hindeuten, die anläßlich ihrer musealen<br />

Präsentation um 1900 gespalten wurden.<br />

Zudem transferiert Mayer Holzpfähle,<br />

die zu Beginn des 18. Jahrhunderts als unterirdische<br />

Stützen des Berliner Stadtschlosses<br />

eingesetzt wurden, in Form eines skulpturalen<br />

Ensembles von ihrem ursprünglichen<br />

Stütz- in einen Kunstkontext. Symbolische<br />

und materielle Transformationen visualisiert<br />

er schließlich auch in einer Videoarbeit, die<br />

gemeinsam mit den anderen Teilen der Installation<br />

eine räumliche Erzählung rund um<br />

Konservierung und Beschützung, den Kampf<br />

gegen den Zerfall, Entwesung und Verwesung<br />

sowie die Vergänglichkeit durch die<br />

Zeit bildet.<br />

„Christian Mayers Eingriff in die bestehende<br />

Präsentation wie auch seine installativen<br />

Erweiterungen zeugen von dem Potential,<br />

das in der Konfrontation alter und zeitgenössischer<br />

Kunst liegt. Seine Installation<br />

vereint in bester Weise Recherche, Reflexion<br />

und Inspiration und eröffnet uns neue Perspektiven<br />

auf die Geschichte der Räume und<br />

der Sammlung wie auch auf Effekte der Musealisierung<br />

an sich.“ Agnes Husslein-Arco,<br />

Direktorin des Belvedere<br />

„In seiner rechercheorientierten künstlerischen<br />

Praxis beschäftigt sich Christian<br />

Mayer oftmals mit Prozessen der Historisierung<br />

und ihrer Bedeutung in der Gegenwart.<br />

Für den gegebenen Kontext des Prunkstalls<br />

hat er eine Installation entwickelt, die bislang<br />

unbeleuchtete Aspekte des Raumes und<br />

der in ihm gezeigten Exponate sichtbar macht<br />

und gleichzeitig um neue Bedeutungsebenen<br />

anreichert. Dabei reflektiert er zufällige wie<br />

auch beabsichtigte Transformationen von<br />

Materialitäten über die Zeit, in denen sich<br />

durchaus widersprüchliche Motive und Interessen<br />

spiegeln: von der kulturellen und<br />

physischen Aneignung durch das Museum<br />

über die Sehnsucht nach authentischer Rekonstruktion<br />

hin zum Eigensinn der Dinge.“<br />

Luisa Ziaja, Kuratorin der Intervention<br />

Die Ausstellung sowie die Intervention<br />

sind von 8. November 2013 bis 23. Februar<br />

2014 zu sehen. •<br />

http://www.belvedere.at<br />

»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at

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