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Novemberpogrom - Österreich Journal

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 125 / 28. 11. 2013<br />

Serie »<strong>Österreich</strong>er in Hollywood«<br />

107<br />

Foto: Filmarchiv Austria<br />

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »<strong>Österreich</strong>er in Hollywood« 400 Einzelbiografien<br />

mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus<br />

Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In der 71. Folge portraitiert er<br />

Richard Oswald<br />

Richard W. Ornstein, am 5. November 1880 in Wien geboren, entstammte<br />

einer strenggläubigen jüdischen Familie. Seinen späteren<br />

Namen Oswald entlieh er einem Charakter aus Henrik Ibsens<br />

„Gespenster“ (Osvald Malving). Die Ideale der Belle Époque beherrschten<br />

ihn sein ganzes Leben, die „Bretter“ bedeuteten ihm zudem<br />

„die Welt“, als die Berufswahl anstand, entschied er sich bedenkenlos<br />

für die Schauspielerei. Oswald verbrachte mehr als 13 Lehr- und<br />

Wanderjahre an österreichischen und deutschen Bühnen, als Darsteller,<br />

Dramaturg, Regisseur und Direktor. Er schrieb kleine Stücke,<br />

Einakter und Sketche, spielte in Preßburg mit Joseph Kainz, ab 1907<br />

bei Josef Jarno in Wien und ab 1910 bei Louise Dumont am Düsseldorfer<br />

Schauspielhaus. Ein Vertrag an das Neue Volkstheater führte<br />

ihn 1913 nach Berlin.<br />

Nach der Wiederbegegnung mit seinem Jugendfreund Hermann<br />

Fellner trat er Anfang 1914 in dessen mit den Brüdern Max und Jules<br />

Greenbaum gegründete Filmfirma Deutsche Vitascope als Reklamefachmann<br />

und Dramaturg ein. Wie nur wenige andere begriff Oswald,<br />

der bereits 1911 bei Ludwig Gottschalks Düsseldorfer Film-<br />

Manufaktur in den zwei wenig bekannten Filmen „Halbwelt“ und der<br />

zweiaktigen Komödie „Souza“ mitgewirkt hatte, die Dynamik der<br />

neuen Zelluloidtechnik. 1915 begann er mit eigenen Inszenierungen.<br />

Richard Oswald<br />

Produzent/Regisseur/Autor<br />

Foto: Archiv Rudolf Ulrich<br />

»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />

Das in Wien von Josef Jarno erlernte Prinzip, Kunst und Geschäft<br />

nicht als Widerspruch zu verstehen, bewährte sich auch im Berliner<br />

Kinematografenbetrieb. Im Frühjahr 1916 entstand in Gemeinschaft<br />

mit René Durlach die Richard Oswald-Film GmbH, die ein wechselvolles<br />

Schicksal erlebte und in ungewöhnlicher Produktivität dank<br />

Oswalds Spürsinn für Stoffe und Themen Milieu- und Unterweltfilme,<br />

volkstümliche Aufklärungswerke, Literaturumsetzungen und<br />

ab Mitte der 20er-Jahre gegen die wachsende Konkurrenz aus Hollywood<br />

mit Starattraktionen aufwendige Ausstattungsfilme wie „Lady<br />

Hamilton“ und „Lucretia Borgia“ in die Kinos brachte, die auch bedeutsame<br />

Exporterfolge wurden. Nach der Invasion des Tonfilms waren<br />

es musikalische Lustspiele („Wien, Du Stadt der Lieder“), Remakes<br />

erfolgreicher Stummfilme („Alraune“), Operetten („Die Blume<br />

von Hawai“), vor allem aber politische Themen, darunter „1914 –<br />

die letzten Tage vor dem Weltbrand“ und die Verfilmung der Affäre<br />

„Dreyfus“, ein Werk von zeitgeschichtlicher Größe, mit dem prominenten<br />

Ensemble Fritz Kortner, Albert Bassermann, Heinrich<br />

George, Oskar Homolka und Grete Mosheim. Oswald, ideenreich<br />

und schnell im Aufgreifen von Trends, schuf in Berlin als Produzent,<br />

Regisseur und Autor über 120 Filme, oftmals nur für das reine Unterhaltungsbedürfnis<br />

des Publikums, in der Schablone aber immer<br />

unterbrochen von originellen oder gesellschaftspolitischen Aussagen.<br />

Richard Oswald etablierte ein veritables Imperium, das neben mehreren<br />

Produktionsfirmen auch Kinos und Verleihstrukturen umfaßte.<br />

Zu seinen engsten Mitarbeitern gehörten die Regisseure Lupu Pick<br />

und E. A. Dupont, die Schauspieler Werner Krauß, Conrad Veidt,<br />

Reinhold Schünzel, Liane Haid, Lya de Putti und die Tänzerin Anita<br />

Berber verdankten ihm ihren Filmruhm.<br />

Aufgrund der Ausgrenzung jüdischer Filmschaffender nach dem<br />

Machtantritt der Nationalsozialisten verließ Oswald, ohne dessen<br />

Wirken die Vielfalt des deutschen Films der Zwischenkriegszeit<br />

undenkbar wäre, Mitte Mai 1933 seine langjährige Wirkungsstätte.<br />

Richard Oswald (ganz rechts) 1941 bei Dreharbeiten zur<br />

John Hall-Produktion »The Captain of Koepenick«, in der<br />

Mitte Albert Bassermann, der die Titelrolle übernahm.

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