Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
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D O K U M E N T A T I O N<br />
spiel eine statistische Erfassung der<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbrüche wegen fetaler<br />
Erkr<strong>an</strong>kungen und Entwicklungsstörungen<br />
ermöglicht werden.<br />
Die Frauenärzte plädieren außerdem<br />
für eine Verbesserung der pränatalen<br />
Diagnostik. Diese Forderung wurde<br />
durch die Ausführungen des niederländischen<br />
Gynäkologen Prof. Dr. Juriy W.<br />
Wladimiroff, Erasmus Universität Rotterdam,<br />
gestützt. „In den Niederl<strong>an</strong>den<br />
entsteht die Problematik der späten<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbrüche in erster Linie<br />
dadurch, dass es immer noch kein<br />
verbindliches Ultraschallscreening für<br />
alle Schw<strong>an</strong>geren gibt. So fallen rund 60<br />
Prozent der schwerwiegenden Fehlbildungen<br />
erst jenseits der 24. Schw<strong>an</strong>gerschaftswoche<br />
auf, wenn die vom Gesetz<br />
her vorgeschriebene Zeit für einen legalen<br />
Abbruch verstrichen ist.“<br />
Grobe Fahrlässigkeit<br />
Die den Ärzten drohende Haftung für<br />
den Unterhalt eines vorgeschädigt geborenen<br />
Kindes könnte dazu führen,<br />
im Zweifelsfall einen Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
zu empfehlen. Die<br />
DGGG fordert deshalb dazu auf zu<br />
prüfen, „inwieweit die Haftung des<br />
Arztes für Kindesunterhalt wegen<br />
Nichterkennens einer Behinderung des<br />
erwarteten Kindes auf die Fälle grober<br />
Fahrlässigkeit zu beschränken ist“.<br />
Die Gynäkologen erhoffen sich von<br />
ihren Vorschlägen nicht zuletzt „eine<br />
neue, <strong>an</strong>dere Sicht behinderten Lebens<br />
und seiner Qualität“. Ob die Politik allerdings<br />
das Paket des § 218 erneut aufschnüren<br />
wird, bezweifelte der ehemalige<br />
Bundesjustizminister Prof. Dr. jur.<br />
Edzard Schmidt-Jortzig. Die CDU/<br />
CSU-Bundestagsfraktion legte indes am<br />
1. Juli einen Gesetzes<strong>an</strong>trag vor, in dem<br />
sich viele Forderungen der Gynäkologen<br />
wiederfinden,wie die Einführung einer<br />
psychosozialen Beratung „nach einer<br />
pränatalen Diagnostik mit pathologischem<br />
Befund“. Gisela Klinkhammer<br />
Heft 40, 3. Oktober 2003<br />
Abtreibung<br />
Zu dem Beitrag „Pränatale Diagnostik: Engere<br />
Grenzen für Spätabtreibungen“ von Gisela<br />
Klinkhammer in Heft 28–29/2003:<br />
Hilfreiche Vorschläge<br />
. . . Die existierende Regelung ist auch<br />
aus der Sicht psychiatrischer Begutachtung<br />
unbefriedigend. Viele schwerwiegende<br />
fetale Fehlbildungen können<br />
erst nach der 12. Schw<strong>an</strong>gerschaftswoche<br />
erk<strong>an</strong>nt werden. Häufig führt eine<br />
derartige Diagnose bei der werdenden<br />
Mutter zum dringenden Wunsch, die<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft zu beenden. Bei körperlicher<br />
Gesundheit der Frau wird<br />
d<strong>an</strong>n nicht selten die Feststellung einer<br />
Gefahr für ihren seelischen Gesundheitszust<strong>an</strong>d<br />
als letztes Argument für<br />
einen straffreien Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
betrachtet. Die d<strong>an</strong>n vielfach um<br />
Begutachtung gebetenen Psychiater<br />
sehen sich zumeist einem erheblichen<br />
äußeren Druck ausgesetzt, diese Feststellung<br />
zu treffen.<br />
Die Anforderung <strong>an</strong> die Qualität der<br />
Begutachtung hält das Gesetz zwar<br />
eher niedrig, da die Stellungnahme „eines<br />
Arztes“ (nicht Facharztes) auch<br />
zu Fragen der psychischen Gesundheit<br />
ausreicht. Doch werden von Gynäkologen<br />
gerne Psychiater um Begutachtung<br />
gebeten, die d<strong>an</strong>n Teil einer konflikthaften<br />
Dramaturgie werden: Die<br />
Schw<strong>an</strong>gere muss, will sie ihren in akuter<br />
emotionaler Stresssituation formulierten<br />
Willen durchsetzen, den Arzt<br />
von der Gefahr schwerwiegender Beeinträchtigung<br />
ihres seelischen Gesundheitszust<strong>an</strong>des<br />
überzeugen. Dieser<br />
Zw<strong>an</strong>g erzeugt eine eigentümliche<br />
Steigerung der ohnehin bestehenden<br />
psychischen Notlage, und sie wird vom<br />
Gesetz gewissermaßen verl<strong>an</strong>gt, um<br />
exkulpieren zu können. Die Begutachtung<br />
ist in dieser Situation keine neutrale<br />
Beurteilung des Gesundheitszust<strong>an</strong>des<br />
der Schw<strong>an</strong>geren, sondern<br />
gleichzeitig eine H<strong>an</strong>dlung erhoffter<br />
(Ab-)Hilfe oder ihrer Versagung.<br />
Hält der begutachtende Arzt die kritische<br />
Situation einer Schw<strong>an</strong>geren nach<br />
Mitteilung der wahrscheinlichen Schädigung<br />
des Fetus für belastend, nicht<br />
automatisch aber für eine schwerwiegende<br />
Beeinträchtigung der psychischen<br />
Gesundheit, gerät er in ein Dilemma:<br />
Kommt er der Schw<strong>an</strong>geren<br />
entgegen, ohne sein Urteil hinreichend<br />
auf die Feststellung psychopathologischer<br />
Befunde stützen zu können, bedroht<br />
ihn § 218b Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe<br />
bis zu zwei Jahren wegen<br />
unrichtiger Feststellung. Verneint er<br />
hingegen die Gefahr einer schwerwiegenden<br />
(psychischen) Gesundheitsschädigung<br />
der Frau bei Fortbestehen<br />
der Schw<strong>an</strong>gerschaft, erzeugt er ein<br />
hohes Maß <strong>an</strong> Enttäuschung durch<br />
sein Hilfe-Versagen und hat diese Enttäuschung,<br />
Wut und gegebenenfalls<br />
Verzweiflung der (ohnehin hochgradig<br />
belasteten) Schw<strong>an</strong>geren – meist auch<br />
ihres Partners – zu ertragen und mit zu<br />
ver<strong>an</strong>tworten, auch wenn ihr die Möglichkeit<br />
bleibt, einen weiteren Arzt zu<br />
konsultieren.<br />
Obgleich sie gesetzlich <strong>an</strong>nulliert worden<br />
sind, spielen nach unserer Erfahrung<br />
faktisch doch embryopathische<br />
Aspekte in der Begutachtungspraxis<br />
eine erhebliche Rolle. Die Ausführungen<br />
im Positionspapier der DGGG<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik,<br />
speziell die Vorschläge<br />
im Absatz „Zum späten Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch“<br />
(II) tragen diesem Befund<br />
Rechnung; sie scheinen hilfreich<br />
und ausgewogen, insofern erstens die<br />
medizinische (mütterliche) Indikation<br />
erhalten bliebe, aber durch eine embryopathische<br />
ergänzt würde und zweitens<br />
eine fallbezogen interdisziplinäre<br />
Kommission (statt „eines Arztes“) die<br />
entsprechenden Voraussetzungen<br />
straffreier Abtreibung prüfte. Letzteres<br />
hätte neben differenzierter Urteilsfindung<br />
und Ver<strong>an</strong>twortungsteilung auch<br />
eine Entsp<strong>an</strong>nung der in der aktuellen<br />
gesetzlichen Situation grundsätzlich<br />
problematischen Arzt-Patient-Beziehung<br />
zur Folge.<br />
Dr. med. Thomas Reuster, Dr. med. habil. Tom<br />
Bschor,<br />
Psychiatrische Universitätsklinik, Fetscherstraße 74,<br />
01307 Dresden<br />
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