Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
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D O K U M E N T A T I O N<br />
Heft 22, 1. Juni 2001<br />
Entschließungen zum Tagesordnungspunkt I<br />
Gesundheits-, Sozialund<br />
ärztliche Berufspolitik<br />
Konflikte bei ärztlichen<br />
Entscheidungen – am Beispiel<br />
der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
Durch die ras<strong>an</strong>te Entwicklung im Bereich der<br />
Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin in den verg<strong>an</strong>genen Jahren<br />
ist es möglich geworden, einen Embryo außerhalb<br />
des Mutterleibs zu zeugen und bereits in den<br />
ersten Tagen nach der Befruchtung auf bestimmte<br />
genetische Belastungen oder Chromosomenstörungen<br />
zu untersuchen. Das Ergebnis dieser<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik (<strong>PID</strong>) ermöglicht den<br />
Eltern die Entscheidung, ob der Embryo impl<strong>an</strong>tiert<br />
werden soll.<br />
Das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz (ESchG) von 1990<br />
regelt den Umg<strong>an</strong>g mit Gameten, befruchteten Eizellen<br />
und <strong>Embryonen</strong> im Zeitraum bis zur Einnistung<br />
des Embryos in den Uterus. Vom Beginn des<br />
menschlichen Lebens <strong>an</strong> soll der Lebensschutz gewährleistet<br />
werden.Als Beginn wird nach § 8 Abs.<br />
1 ESchG der Abschluss der Befruchtung der Eizelle,<br />
d. h. also die Kernverschmelzung in der befruchteten<br />
Eizelle mit der Entstehung eines neuen,<br />
individuellen Genoms <strong>an</strong>gesehen.<br />
Juristisch ungeklärt ist bisher, inwieweit die <strong>PID</strong><br />
mit dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz vereinbar ist.<br />
1. Mit der Veröffentlichung des „Diskussionsentwurfs<br />
zu einer Richtlinie zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“<br />
im Februar 2000 hat die Ärzteschaft<br />
die öffentliche Diskussion <strong>an</strong>gestoßen und das<br />
Problembewusstsein geschärft.<br />
Die Ärzteschaft hat keine Entscheidung getroffen,<br />
sondern für den Fall einer Zulassung die<br />
engstmögliche Zulässigkeit der ärztlichen Durchführung<br />
für <strong>PID</strong> beschrieben und einen möglichen<br />
Verfahrensweg aufgezeigt.<br />
2. Es ist Aufgabe der Ärzteschaft, in dem gesellschaftlichen<br />
Diskurs auf ethische Probleme<br />
ende zu ermöglichen. Als Alternative<br />
zur aktiven Sterbehilfe müssten daher<br />
die Voraussetzungen für eine weitere<br />
Verbreitung und Anwendung der Palliativmedizin<br />
verbessert werden. Die<br />
Ärztetagsdelegierten betonten, dass<br />
das Sterben Teil des Lebens sei und<br />
auch die letzte Phase des Lebens menschenwürdig<br />
gelebt werden könne.Deshalb<br />
müssten die für Kr<strong>an</strong>kenhauspl<strong>an</strong>ung<br />
zuständigen Länder bei der Kapazitätenermittlung<br />
für die stationäre<br />
Versorgung die Notwendigkeit palliativmedizinischer<br />
Maßnahmen einbeziehen.<br />
Über die Verbesserung der palliativmedizinischen<br />
Versorgung im Kr<strong>an</strong>kenhaus<br />
hinaus sei auch die weitere<br />
Förderung und fin<strong>an</strong>zielle Sicherstellung<br />
ambul<strong>an</strong>ter und stationärer Hospizarbeit<br />
erforderlich. Gisela Klinkhammer<br />
hinzuweisen, vor denen Ärzte mit ihren Patientinnen<br />
und Patienten stehen:<br />
Die in der Reproduktionsmedizin tätigen Ärzte<br />
stehen in der Situation, einerseits mit <strong>PID</strong> in Verbindung<br />
mit einer IvF über Methoden zu verfügen,<br />
die Paaren mit monogenetischen Erkr<strong>an</strong>kungen zu<br />
einem nicht betroffenen Kind verhelfen könnten,<br />
<strong>an</strong>dererseits mit der gesellschaftlich <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten<br />
Anwendung von Pränataler Diagnostik (<strong>PND</strong>) der<br />
Frau eine „Schw<strong>an</strong>gerschaft auf Probe“ und gegebenenfalls<br />
eine Abtreibung, den Verzicht auf Kinder,<br />
eine heterologe Befruchtung mit Spendersamen<br />
oder eine Adoption zuzumuten.<br />
In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g ist es unerlässlich,<br />
die offenen Fragen zu klären:<br />
❃ Wie wird im Rahmen einer IvF-Beh<strong>an</strong>dlung<br />
mit <strong>Embryonen</strong> verfahren, die sichtlich erkennbare<br />
Zellveränderungen haben<br />
❃ Wie lässt sich gewährleisten, dass der Embryo<br />
nur auf die genetischen Belastungen oder<br />
Chromosomenstörungen der Eltern untersucht<br />
wird<br />
❃ Ist auszuschließen, dass die Entnahme einer<br />
Zelle zur Diagnostik keine Schädigung des „Rest“-<br />
Embryos zur Folge hat<br />
❃ Darf ein künstlich gezeugter Embryo im Reagenzglas<br />
nicht untersucht werden, während ein<br />
Embryo ím Mutterleib jederzeit untersucht werden<br />
darf<br />
❃ Lässt sich die Möglichkeit eines Spätschw<strong>an</strong>gerschaftsabbruchs<br />
nach Pränataldiagnostik<br />
mit einem Verbot der <strong>PID</strong> widerspruchsfrei<br />
vereinbaren<br />
3. Die Ärzteschaft appelliert dringend <strong>an</strong> den<br />
Gesetzgeber, eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen<br />
und für den Fall einer Zulassung der <strong>PID</strong><br />
weitere Kriterien für eine maximale Eingrenzbarkeit<br />
mitzugestalten.<br />
Im europäischen Ausl<strong>an</strong>d ist die Diskussion um<br />
<strong>PID</strong> bereits Anf<strong>an</strong>g der 90er-Jahre geführt worden<br />
mit dem Ergebnis, dass die <strong>PID</strong> in vielen Ländern<br />
„in Ausnahmefällen und mit strengen Indikationen“<br />
zugelassen wurde. Mittlerweile sind weltweit<br />
500 Kinder nach <strong>PID</strong> geboren. Um eine Ausweitung<br />
der Anwendung zu verhindern, wäre beispielsweise<br />
eine Beschränkung auf wenige Kompetenzzentren<br />
denkbar.<br />
Bedingt durch die derzeit ungeklärte Rechtslage<br />
in Deutschl<strong>an</strong>d, sehen sich Ärzte häufig dazu<br />
gedrängt, Rat suchende Paare in dieser Konfliktsituation<br />
auf eine Beh<strong>an</strong>dlung im Ausl<strong>an</strong>d hinzuweisen<br />
und sich dadurch möglicherweise strafbar<br />
zu machen. Dies ist für die Ärzteschaft eine untragbare<br />
Situation.<br />
4. Die Frage der Zulässigkeit der <strong>PID</strong> bedarf einer<br />
gesamtgesellschaftlichen Ausein<strong>an</strong>dersetzung.<br />
Dabei bilden die normativen Maßstäbe der Verfassung<br />
den Rahmen des ethischen Diskurses.<br />
Hierzu gehören die Würde des Menschen, die<br />
Wahrung grundlegender Ansprüche und Rechte,<br />
aber auch die Widerspruchsfreiheit der Normen<br />
und die Verhältnismäßigkeit.<br />
Mehrheitsentscheidungen im Vorst<strong>an</strong>d der<br />
Bundesärztekammer oder auf dem Deutschen<br />
Ärztetag sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend,<br />
zumal ethische Konflikte nicht durch Abstimmung<br />
gelöst werden können.<br />
5. Der Gesetzgeber allein ist legitimiert, darüber<br />
zu entscheiden, welche rechtlichen Grundlagen<br />
den Umg<strong>an</strong>g mit diesen Konflikten bestimmen<br />
sollen.<br />
✮<br />
<strong>Forschung</strong> mit hum<strong>an</strong>en<br />
embryonalen Stammzellen<br />
Die Empfehlungen der Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />
(DFG) zur <strong>Forschung</strong> mit menschlichen<br />
Stammzellen vom Mai 2001 zielen auf eine Änderung<br />
des § 1 <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz (EschG), um<br />
eine Herstellung und Verwendung hum<strong>an</strong>er embryonaler<br />
Stammzellen auch in Deutschl<strong>an</strong>d zu ermöglichen.<br />
Der Deutsche Ärztetag stellt fest, dass derzeit<br />
einer solchen Forderung einer Öffnung des ESchG<br />
nicht gefolgt werden k<strong>an</strong>n.<br />
Die Öffentlichkeit muss ergebnisoffen in den<br />
Dialog über die mit der <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> hum<strong>an</strong>en<br />
embryonalen Stammzellen verbundenen ethischen<br />
und rechtlichen Probleme eingebunden werden,<br />
um Möglichkeiten, aber auch Grenzen der <strong>Forschung</strong><br />
mit menschlichen embryonalen Stammzellen<br />
zu erkennen. Auch der Import embryonaler<br />
Stammzellen ist ethisch nicht akzeptabel.<br />
Der Deutsche Ärztetag stellt fest, dass die <strong>Forschung</strong><br />
<strong>an</strong> embryonalen sowie <strong>an</strong> gewebespezifischen<br />
(adulten) Stammzellen in den letzten Jahren<br />
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