Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
D O K U M E N T A T I O N<br />
ploiden Genom –, muss m<strong>an</strong> die „Unschärfe“<br />
dieses circa drei Tage währenden<br />
Vorg<strong>an</strong>gs konstatieren.<br />
Vorab ein kurzer Blick auf den „Beginn<br />
vor dem Beginn“ embryonalen Lebens!<br />
Auch die Gameten von Frau und<br />
M<strong>an</strong>n, Ei- beziehungsweise Samenzelle,<br />
„leben“, aber noch nicht im konstitutiven<br />
Sinn eines Individuums; dies tun sie<br />
erst nach der Kernverschmelzung zum<br />
Embryo. Von dem Her<strong>an</strong>wachsen des<br />
Ungeborenen k<strong>an</strong>n hier nur weniges <strong>an</strong>gedeutet<br />
werden: Im Übrigen verweise<br />
ich auf die Stellungnahme des Wissenschaftlichen<br />
Beirates der BÄK über<br />
„Pränatale und perinatale Schmerzempfindung“<br />
(5). Unbewusste Schmerzempfindung<br />
mit Reaktionen des Ungeborenen<br />
beginnt bereits in der frühen Fetalzeit<br />
– noch in den ersten zwölf Wochen –<br />
und nimmt kontinuierlich zu. Ab der<br />
22. Woche post conceptionem (p. c.) ist<br />
ein bewusstes Schmerzerlebnis des Fetus<br />
zunehmend wahrscheinlich. Insgesamt<br />
wird die pränatale Schmerzempfindung<br />
als „werdende Funktion“ beschrieben –<br />
also auch hier keine festen Einschnitte.<br />
Ungefähr zur selben Zeit – ab der 20.<br />
bis 22. Woche p. c. – hat der Fetus die so<br />
gen<strong>an</strong>nte extrauterine Lebensfähigkeit<br />
erreicht, k<strong>an</strong>n d<strong>an</strong>n also nach einem<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch überleben.<br />
Auf diese schockierenden „Spätabbrüche“<br />
hat die Bundesärztekammer<br />
mit der „Erklärung zum Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
nach Pränataldiagnostik“<br />
und mit der gemeinsamen Empfehlung<br />
der einschlägigen Fachgesellschaften<br />
zur „Frühgeburt <strong>an</strong> der Grenze<br />
der Lebensfähigkeit“ von 1998 reagiert<br />
(6). Die Erklärung der BÄK empfiehlt<br />
dem Arzt, die extrauterine Lebensfähigkeit<br />
in der Regel als zeitliche Begrenzung<br />
für einen Abbruch <strong>an</strong>zusehen, weil<br />
sich zu diesem Zeitpunkt „der Schutz<strong>an</strong>spruch<br />
des ungeborenen Kindes aus<br />
ärztlicher Sicht nicht von demjenigen<br />
des geborenen unterscheidet“. Die<br />
Empfehlung stellt den Grundsatz auf,<br />
lebenserhaltende Maßnahmen seien zu<br />
ergreifen, wenn für das Kind auch nur<br />
eine kleine Ch<strong>an</strong>ce zum Leben bestehe.<br />
Das Ausmaß, in dem embryonal-fetales<br />
Leben „geopfert“ wird, zeigt sich<br />
in folgenden Zahlen (7): 1999 (mindestens)<br />
130 471 legale Abbrüche, davon<br />
97,2 Prozent nach der Beratungsregelung<br />
– also ohne Indikation – in den ersten<br />
zwölf Wochen p. c. (§ 218 a Abs.<br />
StGB).Auf die medizinische Indikation<br />
(§ 218 a Abs. 2) entfielen 3 661 Abbrüche<br />
(= 2,8 Prozent), teils vor, teils<br />
nach der 13. Woche (von Woche 13 bis<br />
22 noch 1,4 Prozent; ab Woche 23 – der<br />
Zeit der „Spätabbrüche“ – 0,1 Prozent,<br />
absolut „nur“ 164 Fälle). Die amtliche<br />
Statistik schweigt zu den Abbrüchen<br />
aufgrund pränataldiagnostischer Befunde.<br />
Für 1994 werden mehr als 800<br />
solcher Abbrüche aufgrund fetaler Pathologien<br />
oder auffälliger genetischer<br />
Befunde <strong>an</strong>gegeben (8) – die meisten<br />
wohl ab der 13.Woche.<br />
Rechtliche Gegebenheiten<br />
Während naturwissenschaftliche Fakten<br />
als solche keine moralischen Grenzen<br />
aufzeigen, sind gesetzliche Gegebenheiten<br />
Normsetzungen – zwar keine<br />
ethischen, aber rechtliche. Dabei<br />
zählt nicht nur ein Steinchen des<br />
Rechts, sondern letztlich das g<strong>an</strong>ze Mosaik<br />
eines Rechtsgebietes: bei der PGD<br />
nicht nur ein Paragraph des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
(ESchG) oder dieses<br />
g<strong>an</strong>ze Gesetz, sondern die Gesamtheit<br />
der menschliches Leben regelnden<br />
Normen.<br />
Das ESchG ist ein sehr abstraktes<br />
Strafgesetz, selbst für Juristen schwer<br />
auszulegen (9). Unbestritten strafbar ist<br />
es, für die genetische Diagnostik eine<br />
noch totipotente,das heißt zur Entwicklung<br />
des g<strong>an</strong>zen Individuums fähige<br />
Zelle zu verwenden, da das Gesetz diese<br />
einem Embryo gleichstellt (10). Für<br />
das rechtliche Hauptproblem – das<br />
„Verwerfen“ eines genetisch geschädigten<br />
Embryos – gilt Folgendes: Nach § 2<br />
Abs. 1 macht sich strafbar, wer einen extrakorporal<br />
erzeugten Embryo „zu einem<br />
nicht seiner Erhaltung dienenden<br />
Zweck . . . verwendet“. Ein Verwenden<br />
durch Unterlassen – das Absterbenlassen<br />
eines geschädigten Embryos durch<br />
Nichtübertragen – ist jedoch nicht tatbest<strong>an</strong>dsmäßig;<br />
§ 2 Abs. 1 trifft schon<br />
deshalb nicht zu. Außerdem fehlt es <strong>an</strong><br />
dem „Zweck“, das heißt <strong>an</strong> der Absicht<br />
des Täters, die mehr ist als Vorsatz: es<br />
müsste ihm gerade darauf <strong>an</strong>kommen,<br />
den Embryo nicht zu erhalten; tatsächlich<br />
ist ihm dies jedoch höchst unerwünscht.<br />
M<strong>an</strong> wird dem Paar, das eine<br />
PGD vornehmen lässt, nur gerecht,<br />
wenn m<strong>an</strong> seinen – meist sehnlichsten –<br />
Kinderwunsch moralisch ernst nimmt,<br />
auch sein Bemühen, diesem Kind eine<br />
absehbare schwerste Kr<strong>an</strong>kheit zu ersparen.<br />
Es kommt auf den Gesamtvorg<strong>an</strong>g<br />
„IVF mit PGD“ <strong>an</strong>, nicht auf unselbstständige<br />
Teilakte. Den „Täter“<br />
Arzt würde m<strong>an</strong> sonst, obwohl er aus<br />
ärztlichem Ethos der Kr<strong>an</strong>kheitsverhütung<br />
Patienten hilft und Mitver<strong>an</strong>twortung<br />
für künftiges Leben übernimmt,<br />
mit Freiheitsstrafe bis zu drei<br />
Jahren bedrohen. „Die Aufgabe des<br />
Strafrechts beschränkt sich auch sonst<br />
darauf, das ethische Minimum festzulegen<br />
. . .“ (11).<br />
Das ESchG gilt nur für die wenigsten<br />
<strong>Embryonen</strong>, die in vitro gezeugten – und<br />
für diese nur von der Befruchtung bis zur<br />
Nidation. In derselben Entwicklungsphase<br />
genießen die natürlich gezeugten<br />
<strong>Embryonen</strong> keinerlei Lebensschutz,<br />
weshalb nidationshemmende Mittel<br />
straflos vertrieben und <strong>an</strong>gewendet werden<br />
dürfen. Unter dem Gesichtspunkt<br />
des „Lebensschutzes von Anbeginn“ eine<br />
widersprüchliche Rechtslage! (12)<br />
Mit dem Abschluss der Einnistung<br />
des Embryos in der Gebärmutter<br />
(§ 218 a Abs.1 StGB) beginnt das Recht<br />
des Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruchs. In den<br />
ersten zwölf Wochen p. c. gilt die so gen<strong>an</strong>nte<br />
Beratungsregelung (§ 218 a<br />
Abs. 1) – praktisch eine „Fristenregelung<br />
mit Beratungspflicht“ (13); der abbrechende<br />
Arzt h<strong>an</strong>delt ohne Indikation,<br />
auf Wunsch der Frau. Hinter deren<br />
Selbstbestimmungsrecht lässt das Gesetz<br />
das Lebensrecht des Ungeborenen<br />
zurücktreten, wenn auch unter dem<br />
Verdikt der Rechtswidrigkeit. Fast alle<br />
<strong>an</strong>deren legalen Abbrüche fallen unter<br />
die medizinische Indikation (§ 218 a<br />
Abs. 2), die den Abbruch für „nicht<br />
rechtswidrig“ erklärt.<br />
Auch der Lebensschutz des Ungeborenen<br />
durch die medizinische Indikation<br />
ist gering, lässt der Tatbest<strong>an</strong>d des<br />
§ 218 a Abs. 2 doch außer der Gefahr<br />
für das Leben der Schw<strong>an</strong>geren auch eine<br />
solche für deren körperlichen oder<br />
seelischen Gesundheitszust<strong>an</strong>d genügen<br />
– das Leben des bereits her<strong>an</strong>gewachsenen<br />
Kindes gilt dem Gesetz somit<br />
weniger als die Gesundheit der<br />
Frau! Diese Rechtslage erstreckt sich<br />
sogar über den Zeitpunkt der extraute-<br />
51