Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
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D O K U M E N T A T I O N<br />
G<strong>an</strong>z <strong>an</strong>derer Auffassung war der<br />
SPD-Abgeordnete Wolfg<strong>an</strong>g Wodarg,<br />
der seine Haltung <strong>an</strong>schaulich erläuterte.<br />
Wodarg, selbst Arzt, berichtete<br />
über ein Gespräch unter Kollegen. Ein<br />
Bonner Gynäkologe hatte einer Mutter<br />
freigestellt, ihr Kind mit Lippenkiefergaumenspalte<br />
abzutreiben. „Er<br />
hat gesagt, das Kind wäre der Mutter<br />
nicht zuzumuten gewesen, sie hätte<br />
das nicht ausgehalten.“ Neben ihm habe<br />
einer der besten deutschen Pädiater<br />
gesessen, dem m<strong>an</strong> <strong>an</strong>gesehen habe,<br />
dass er als Kind <strong>an</strong> einer solchen<br />
Lippenkiefergaumenspalte operiert<br />
worden war. „Da wurde für mich sehr<br />
deutlich, in welchem Maße dieses Thema<br />
auch mit Menschenwürde zu tun<br />
hat.“<br />
Ein entschiedener Gegner der <strong>PID</strong><br />
ist auch Hüppe, der stellvertretende<br />
Vorsitzende der Enquete-Kommission.<br />
Zur Unterstützung seiner Argumentation<br />
führte er eine Erhebung <strong>an</strong>,<br />
wonach bei Paaren, die <strong>PID</strong> in Anspruch<br />
nahmen, trotz teilweise mehrfacher<br />
Versuche nur jede siebte Frau ein<br />
Kind ausgetragen habe. „Das ist ein<br />
Menschenverbrauch, den ich nicht akzeptieren<br />
k<strong>an</strong>n.“ Auch das Argument,<br />
dass Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik Abtreibungen<br />
vermeide, sei falsch: „Die<br />
Statistik belegt, dass vier Prozent der<br />
Föten nach Pränataldiagnostik abgetrieben<br />
und fünf Prozent durch so gen<strong>an</strong>nte<br />
Mehrlingsreduktionen getötet<br />
wurden. Wer diesen Menschenverbrauch<br />
leugnet, der macht sich nicht<br />
nur am menschlichen Leben schuldig,<br />
sondern auch <strong>an</strong> den Eltern, die den<br />
Versprechungen der <strong>PID</strong>-Befürworter<br />
glauben.“<br />
Diese Auffassung findet in der Union<br />
Befürworter, aber keineswegs ungeteilte<br />
Zustimmung. So lehnte die CDU-<br />
Parteivorsitzende Angela Merkel ein<br />
„radikales Nein“ zur <strong>PID</strong> ab. Es falle ihr<br />
in bestimmten Fällen schwer, Eltern,<br />
die bereits ein behindertes Kind haben,<br />
dieses Verfahren zu verwehren. Merkel<br />
wies jedoch darauf hin, dass es weder<br />
das Recht auf ein gesundes Kind noch<br />
auf ein Kind überhaupt gebe. Es gebe<br />
lediglich die Hoffnung auf ein gesundes<br />
Kind. Die CDU-Vorsitzende forderte<br />
ein Moratorium: Sol<strong>an</strong>ge es keine politische<br />
Entscheidung gebe, müsse <strong>PID</strong><br />
und <strong>Embryonen</strong>forschung verboten<br />
98<br />
bleiben. Auch ein Import von pluripotenten<br />
Stammzellen sei mit dem Geist<br />
des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes nicht<br />
vereinbar. Merkel kündigte inzwischen<br />
<strong>an</strong>, die Union wolle dazu einen Gesetzentwurf<br />
einbringen. Auslöser ist der<br />
Vorstoß des nordrhein-westfälischen<br />
Ministerpräsidenten Wolfg<strong>an</strong>g Clement<br />
(SPD). Clement befürwortet den Import<br />
embryonaler Stammzellen aus<br />
Haifa und hat Fördergelder des L<strong>an</strong>des<br />
Nordrhein-Westfalen zugesichert (dazu<br />
das Interview mit dem Bonner Forscher<br />
Oliver Brüstle in diesem Heft).<br />
Der Fraktionsvorsitzende der CDU,<br />
Friedrich Merz, ging deutlich auf Dist<strong>an</strong>z<br />
zu seiner Parteivorsitzenden.<br />
Merz warnte davor, den Zeitpunkt der<br />
Menschwerdung nach hinten zu verschieben.<br />
Damit sei d<strong>an</strong>n nicht nur am<br />
Beginn, sondern auch am Ende des<br />
menschlichen Lebens der absolute<br />
Schutz des Grundgesetzes relativiert.<br />
Er befürchtet, dass mit der Einführung<br />
von <strong>PID</strong> der Selektion „Tür und Tor<br />
geöffnet“ werde. „Im Reagenzglas<br />
werden genauso wie die schweren genetischen<br />
Defekte auch positive genetische<br />
Dispositionen feststellbar sein.<br />
Wo ist die Grenze Wer trifft die Entscheidung“<br />
fragte Merz. Der CDU-<br />
Fraktionsvorsitzende w<strong>an</strong>dte sich wie<br />
die meisten Redner seiner Partei gegen<br />
die Stammzellforschung mit <strong>Embryonen</strong>.Aber<br />
auch in dieser Frage geht ein<br />
Riss durch die Union. So verbindet<br />
Peter Hintze mit der embryonalen<br />
Stammzellforschung die „Hoffnung,<br />
schwere Kr<strong>an</strong>kheiten heilen zu können“.<br />
Die Grünen äußerten sich vorwiegend<br />
ablehnend gegenüber <strong>Embryonen</strong>forschung<br />
und <strong>PID</strong>. Die frühere<br />
Bundesgesundheitsministerin Andrea<br />
Fischer befürchtet, „dass sich bei der<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik eine Begrenzung<br />
nicht einhalten lässt, dass die<br />
Nachfrage nach diesem Verfahren steigen<br />
wird, sodass es immer selbstverständlicher<br />
sein wird, von künftigen Eltern<br />
zu verl<strong>an</strong>gen, dass sie kein kr<strong>an</strong>kes<br />
Kind bekommen oder dass sie sich vielleicht<br />
sogar, wenn sie es doch wollen,<br />
dafür rechtfertigen.“ Der Fraktionsvorsitzende<br />
von Bündnis 90/Die Grünen,<br />
Rezzo Schlauch, betonte jedoch,<br />
dass seine Partei die Hoffnung der<br />
Kr<strong>an</strong>ken und die Sorgen der Eltern<br />
ernst nehme. „Wir wollen Gentechnik<br />
deswegen dort zulassen, wo sie den<br />
Menschen tatsächlich hilft und sie nicht<br />
gefährdet.“<br />
Auch die PDS ist bei der Beurteilung<br />
der Gentechnik gespalten. Darauf wies<br />
der Fraktionsvorsitzende der PDS, Rol<strong>an</strong>d<br />
Claus, hin. Tradierte Wertvorstellungen<br />
reichten für diese Debatte jedenfalls<br />
nicht aus. Die PDS-Abgeordnete<br />
Angela Marquardt warnte vor „einer<br />
Entwicklung, die letztlich dazu<br />
führt, dass der Mensch nicht mehr die<br />
Gesellschaft verbessert und lebenswerter<br />
macht, sondern dass sich die Menschen<br />
<strong>an</strong> bestehende Umstände <strong>an</strong>zupassen<br />
haben“.<br />
Keine alleinige<br />
Ver<strong>an</strong>twortung der Ärzte<br />
Eindeutig legte sich nur die FDP fest.<br />
Sie sprach sich geschlossen für die neuen<br />
Möglichkeiten der Gentechnik aus.<br />
Der frühere Justizminister Edzard<br />
Schmidt-Jortzig sagte zwar, dass die<br />
Menschenwürde gegen nichts abwägbar<br />
sei, der Schutz des Menschenlebens<br />
lasse aber sehr wohl Einschränkungen<br />
zugunsten <strong>an</strong>derer Rechtsgüter zu.<br />
FDP-Fraktionschef Wolfg<strong>an</strong>g Gerhardt<br />
warb für eine Zulassung der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
in engen Grenzen. Es<br />
müsse moralisch und ethisch ausgelotet<br />
werden, ob menschliches Leid durch die<br />
Möglichkeiten der Gentechnik beseitigt<br />
werden könnte.<br />
Klare Entscheidungen forderte der<br />
Präsident der Bundesärztekammer,<br />
Jörg-Dietrich Hoppe, <strong>an</strong>lässlich der Debatte:<br />
„Wir brauchen widerspruchsfreie<br />
rechtliche Regelungen, die von der Gesellschaft<br />
akzeptiert und durch unsere<br />
ethischen Werte begründet werden.<br />
Deshalb kommt für die Ärzteschaft<br />
auch bei der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
keine Regelung infrage, die den<br />
Ärzten die alleinige Ver<strong>an</strong>twortung zuschiebt<br />
und ihr H<strong>an</strong>deln als rechtswidrig<br />
erscheinen lässt.“ Gisela Klinkhammer