Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
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D O K U M E N T A T I O N<br />
Mirjam Zimmerm<strong>an</strong>n<br />
Ruben Zimmerm<strong>an</strong>n<br />
Heft 51–52, 25. Dezember 2000<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
Gibt es das Recht auf<br />
ein gesundes Kind<br />
Eine ethische Anfrage zum „Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie<br />
zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“ der Bundesärztekammer<br />
Die Bundesärztekammer (BÄK)<br />
hat in ihrem „Diskussionsentwurf<br />
zu einer Richtlinie zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“<br />
(Deutsches Ärzteblatt<br />
9/2000) die fächerübergreifende<br />
Tragweite der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
(preimpl<strong>an</strong>tation genetic diagnosis<br />
= PGD) ben<strong>an</strong>nt und zu einer gesamtgesellschaftlichen<br />
Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />
mit dem Thema aufgerufen. Zentral ist<br />
dabei folgende Frage: Welche ethische<br />
Bedeutung hat der Wunsch der betroffenen<br />
Eltern nach einem (gesunden)<br />
Kind<br />
Die prinzipielle Schutzbedürftigkeit<br />
des ungeborenen Lebens wird im Vorwort<br />
zum Diskussionsentwurf hervorgehoben.<br />
Wenn aus diesem Grundsatz<br />
zugleich die zerstörende „Untersuchung<br />
von <strong>Embryonen</strong> im Stadium zellulärer<br />
Totipotenz“ und „fremdnützige<br />
Verwendung von <strong>Embryonen</strong>“ verworfen<br />
werden, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> folgern, dass die<br />
Verfasser auf die Nennung eines zeitlichen<br />
Beginns dieser Schutzbedürftigkeit<br />
des ungeborenen Lebens verzichten.<br />
Keine subjektive Notlage<br />
Der Embryo ist von Beginn, das heißt<br />
ab dem Zeitpunkt der Fertilisation,<br />
schutzbedürftig im Sinne von Grundgesetz<br />
Art. 2 Abs. 2: „Jeder hat das Recht<br />
auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“<br />
Hier folgt der Wissenschaftliche<br />
Beirat der BÄK der geltenden Gesetzeslage,<br />
wie sie etwa im <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
(EschG) § 8 Abs. 1 oder im<br />
Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 28. Mai 1993 zum Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
festgeschrieben wurde.<br />
Die Verwerfung eines Embryos in vitro,<br />
<strong>an</strong> dem ein genetischer Defekt diagnostiziert<br />
wurde, muss demnach als<br />
rechtswidrige Tötung eines menschlichen<br />
Lebens betrachtet werden.<br />
Allerdings besteht zum Beispiel<br />
nach Meinung der juristischen Vertreter<br />
der Bioethik-Kommission Rheinl<strong>an</strong>d-Pfalz<br />
in ihrem Bericht zur PGD<br />
„das Recht auf Leben nach Artikel 2<br />
Abs. 2 GG nicht uneingeschränkt, sondern<br />
unterliegt gesetzlichen Schr<strong>an</strong>ken.<br />
Es muss gegen <strong>an</strong>dere, verfassungsrechtlich<br />
gar<strong>an</strong>tierte Rechte, wie<br />
das Persönlichkeitsrecht, die Gesundheit<br />
der Mutter und das Elternrecht abgewogen<br />
werden“ (Bericht 1999, These<br />
II 4).<br />
Die entscheidende Frage in der Einschätzung<br />
der PGD lautet deshalb:<br />
K<strong>an</strong>n es Gründe geben,die das prinzipielle<br />
Lebensrecht des Embryos so relativieren,<br />
dass im Falle eines Nicht-<br />
Tr<strong>an</strong>sfers – das entspräche dem Sterbenlassen<br />
des Embryos im Sinne einer<br />
passiven Tötung – von der Strafverfolgung<br />
abgesehen werden k<strong>an</strong>n K<strong>an</strong>n also<br />
<strong>an</strong>alog zur gängigen Rechtspraxis<br />
beim Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch nach<br />
Pränataldiagnostik die Verwerfung eines<br />
erkr<strong>an</strong>kten Embryos in vitro nach<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik als „rechtswidrig,<br />
aber straffrei“ eingestuft werden<br />
Bei der Tötung ungeborenen<br />
menschlichen Lebens in vivo – das<br />
heißt der Abtreibung – sieht der Gesetzgeber<br />
lediglich wegen einer subjektiven<br />
Notlage der Mutter nach<br />
Pflichtberatung von einer Strafe ab.<br />
Im Blick auf den Embryo in vitro besteht<br />
diese subjektive Notlage zunächst<br />
nicht, weil er sich in der H<strong>an</strong>d Dritter<br />
(Biologe/Arzt) befindet. Es wäre also<br />
zu fragen, ob bei schwerer genetischer<br />
Belastung der Eltern der bei einer<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft die Straffreiheit begründende<br />
Konflikt als Rechtfertigung<br />
für eine PGD <strong>an</strong>tizipierbar ist. Die<br />
BÄK bejaht dies, wenn es in der Richtlinie<br />
heißt: „Ausschlaggebend ist, dass<br />
diese Erkr<strong>an</strong>kung zu einer schwerwiegenden<br />
gesundheitlichen Beeinträchtigung<br />
der künftigen Schw<strong>an</strong>geren<br />
beziehungsweise der Mutter führen<br />
könnte.“ (Abs. 2: Indikationsgrundlage)<br />
Dabei wird allerdings außer Acht gelassen,<br />
dass im Fall des Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruchs<br />
nach Pränataldiagnostik<br />
eine Schw<strong>an</strong>gerschaft bereits besteht<br />
und ein schon existierendes erkr<strong>an</strong>ktes<br />
Kind den gen<strong>an</strong>nten Konflikt<br />
für die Mutter auslöst. Ärztlicher Rat<br />
und ärztliches H<strong>an</strong>deln reagieren hierbei<br />
auf eine schon bestehende Kr<strong>an</strong>kheitssituation.<br />
Anders im Fall der PGD: Hier wird<br />
der mögliche schwere Konflikt erst<br />
durch ärztliches Tun herbeigeführt,<br />
denn durch die assistierte Reproduktion<br />
entsteht mit „hohem Risiko“, wie<br />
der Richtlinienentwurf vorschreibt, ein<br />
Kind, durch dessen Schädigung eine<br />
schwerwiegende Beeinträchtigung der<br />
Mutter zu befürchten ist. Ist es mit dem<br />
Ethos ärztlichen H<strong>an</strong>delns vereinbar,<br />
eine solche Konfliktsituation absichtlich<br />
herbeizuführen Rechtfertigt es die<br />
Notlage der zukünftigen Mutter, eine<br />
Situation künstlich herbeizuführen, die<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tötung<br />
eines menschlichen Embryos zur<br />
Folge hat<br />
„Lebensinteressen“<br />
In der ethisch-rechtlichen Bewertung<br />
ist jedoch nicht die Gesundheit der<br />
Mutter <strong>an</strong>gesichts eines erkr<strong>an</strong>kten<br />
Kindes mit dem Lebensrecht des Em-<br />
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