Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - Theologische ...
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D O K U M E N T A T I O N<br />
se soweit differenziert sind, dass sie ihre<br />
Totipotenz verloren haben. Eine Biopsie<br />
im späteren Teilungsstadium ist im<br />
Hinblick auf die optimale Ch<strong>an</strong>ce der<br />
Nidation von Nachteil. Je später der<br />
Tr<strong>an</strong>sfer des in Warteposition stehenden<br />
„Restembryos“ erfolgt, desto schlechter<br />
wird die Synchronisation mit der hormonalen<br />
Situation der Frau und somit<br />
die Ch<strong>an</strong>ce der Nidation.<br />
Abschließend ist festzustellen, dass<br />
mit der PGD <strong>an</strong> nicht totipotenten Zellen<br />
kein Embryoverbrauch erfolgt, vorausgesetzt,<br />
der „Restembryo“ wird aufgrund<br />
der genetisch unauffälligen Diagnose<br />
im gleichen Zyklus tr<strong>an</strong>sferiert.<br />
Auf den Nichttr<strong>an</strong>sfer des Embryos wegen<br />
der Feststellung der die PGD indizierten<br />
Erkr<strong>an</strong>kung ist später einzugehen.<br />
Im Mittelpunkt der juristischen Diskussion<br />
hinsichtlich einer Kompatibilität<br />
der PGD mit dem ESchG steht die<br />
Frage des Verstoßes vor allem gegen § 1<br />
I. Nr. 2 ESchG. Dort heißt es: „Mit Freiheitsstrafe<br />
bis zu drei Jahren oder mit<br />
Geldstrafe wird bestraft, wer es unternimmt,<br />
eine Eizelle zu einem <strong>an</strong>deren<br />
Zweck künstlich zu befruchten, als eine<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft der Frau herbeizuführen,<br />
von der die Eizelle stammt.“ Für<br />
Laufs (1992) ist eine In-vitro-Fertilisation<br />
i. S. einer bedingten Zeugung beziehungsweise<br />
unter dem „Vorbehalt der<br />
Tötung bei Qualitätsmängeln“ unzulässig.<br />
In die gleiche Richtung denkt Beckm<strong>an</strong>n<br />
(1999), wenn er ausführt, dass bei<br />
einer IVF zwecks Durchführung einer<br />
PGD diese ausschließlich zum Zweck<br />
der präimpl<strong>an</strong>tatorischen Qualitätskontrolle<br />
geschehe und daher gegen § 1 I.<br />
Nr. 2 ESchG verstoße. Ratzel und Heinem<strong>an</strong>n<br />
(1998) argumentieren dagegen:<br />
„Auch wenn feststeht, dass ein belasteter<br />
Embryo nicht übertragen werden<br />
soll, ist die Verwerfung dieses Embryos<br />
doch nicht Ziel der künstlichen<br />
Befruchtung beziehungsweise der<br />
Weiterentwicklung des Embryos. Die<br />
Verwerfung des Embryos ist lediglich<br />
als eine dem Täter höchst unerwünschte<br />
Nebenfolge oder als ein Fehlschlag gegenüber<br />
dem eigentlich erstrebten Ziel,<br />
nämlich dem der Herbeiführung der<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft, <strong>an</strong>zusehen. Eine Absicht<br />
im Sinne zielgerichteten Wollens<br />
(Keller et al., 1992, Zit. b. Ratzel u. Heinem<strong>an</strong>n)<br />
liegt nicht vor.<br />
Die durch eine schwer belastete<br />
Anamnese betroffenen Eltern entscheiden<br />
sich nach eingehender hum<strong>an</strong>genetischer<br />
Beratung, die in jedem Falle zu fordern<br />
ist, für das Ziel Schw<strong>an</strong>gerschaft.<br />
Von Beginn <strong>an</strong> h<strong>an</strong>deln die Betroffenen<br />
in Antizipation des Konflikts mit dem<br />
Bewusstsein, dass die IVF mit PGD darauf<br />
ausgerichtet ist, eine Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
herbeizuführen (Schreiber u.<br />
Schneider, 1999).<br />
Ratzel und Heinem<strong>an</strong>n (1998) ergänzen<br />
diesen Ged<strong>an</strong>keng<strong>an</strong>g mit dem Argument,<br />
dass bei jeder IVF der nachfolgende<br />
Tr<strong>an</strong>sfer von Bedingungen abhängt,<br />
– zum Beispiel körperliche und<br />
psychische Befindlichkeit der Frau<br />
und/oder pathologische Veränderungen<br />
am Embryo, die keine Nidation erwarten<br />
oder eine spont<strong>an</strong>e Fehlgeburt prognostizieren<br />
lassen et cetera. „Die bloße<br />
Inkaufnahme des Unterg<strong>an</strong>gs gezeugter<br />
<strong>Embryonen</strong> führt nicht zur Strafbarkeit<br />
der künstlichen Befruchtung, sol<strong>an</strong>ge<br />
das Motiv des H<strong>an</strong>delns die Herbeiführung<br />
der Schw<strong>an</strong>gerschaft ist.“<br />
Das Unterlassen eines Tr<strong>an</strong>sfers bedeutet<br />
demnach keinen <strong>Embryonen</strong>verbrauch,<br />
der nach § 2 I. einen strafbewehrten<br />
Tatbest<strong>an</strong>d darstellen würde,<br />
und verstößt auch nicht gegen § 1 I.Nr. 2.<br />
Auch nach Meinung von Schreiber und<br />
Schneider geht aus § 1 I. Nr. 2 nicht hervor,<br />
dass die Absicht der Herbeiführung<br />
einer Schw<strong>an</strong>gerschaft durch die gleichzeitige<br />
absichtliche Verfolgung eines <strong>an</strong>deren<br />
Zweckes ausgeschlossen ist.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen,<br />
dass die PGD bei Entnahme und Diagnostik<br />
<strong>an</strong> einer nicht mehr totipotenten<br />
Zelle nicht nach § 1 I. Nr. 2 ESchG<br />
und § 2 I. Nr. 2 verboten und so mit dem<br />
seit 1. J<strong>an</strong>uar 1991 gültigen ESchG<br />
kompatibel ist.<br />
3. Status des Embryos und<br />
ethische Implikationen<br />
Im Zentrum der ethischen Diskussion<br />
steht der Status des Embryos. Die<br />
Rechtsordnung geht im ESchG davon<br />
aus, dass die Schutzwürdigkeit des Embryos<br />
vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung<br />
<strong>an</strong> besteht und begründet<br />
diese mit den Wertentscheidungen des<br />
Grundgesetzes für Menschenwürde<br />
und Lebensschutz.<br />
Die Frage ist, ob die PGD die Menschenwürde<br />
berührt, nachdem nach unserer<br />
Rechtsordnung menschliches Leben<br />
bereits mit der Befruchtung unter<br />
das Gebot der Achtung der Menschenwürde<br />
fällt und daher zu schützen ist.<br />
Jede medizinische Diagnostik und <strong>Forschung</strong><br />
<strong>an</strong> und mit <strong>Embryonen</strong>, die –<br />
i. S. einer Einstiegstechnik – durch IVF<br />
erst möglich wurde, wirft die Frage nach<br />
dem Menschen und dem Menschenbild<br />
des Forschers auf. Es geht um den Status<br />
dessen, <strong>an</strong> dem wir h<strong>an</strong>deln. Das<br />
Problem liegt also nicht in der <strong>Forschung</strong><br />
selbst, sondern im „Objekt“ der<br />
<strong>Forschung</strong>.<br />
Es stellen sich zwei zentrale Fragen:<br />
❃ Ab w<strong>an</strong>n ist dem neuen menschlichen<br />
Leben „Würde und damit Lebensrecht<br />
und Schutz zuzubilligen“<br />
❃ Worin liegt die Begründung, und<br />
wie ist der Umf<strong>an</strong>g der zu gewährenden<br />
Grundrechte bemessen<br />
3.1. Naturwissenschaftliche Fakten<br />
Nach naturwissenschaftlicher Erkenntnis<br />
beginnt neues menschliches Leben<br />
mit der Vereinigung des mütterlichen<br />
haploiden Chromosomensatzes der Eizelle<br />
und des väterlichen haploiden<br />
Chromosomensatzes der Samenzelle,<br />
das heißt nach Abschluss der Befruchtungskaskade<br />
(Beier, 1992). Diese beginnt<br />
mit dem Eindringen eines Spermiums<br />
in die Eizelle (Imprägnation) und<br />
endet mit der Fusion der Zellkerne<br />
(Konjugation). In den Zellkernen liegt<br />
nach der ersten Teilung das neue Genom<br />
in seiner definitiven Form vor. Mit<br />
dem neuen diploiden Genom ist der gegenüber<br />
väterlichem und mütterlichem<br />
Org<strong>an</strong>ismus genetisch neue Mensch<br />
konstitutiert.<br />
Nach Braude (1987) beginnt die erste<br />
Genexpression zwischem dem Vierund<br />
Acht-Zell-Stadium. Bis zu diesem<br />
Stadium hat die einzelne Blastomere,<br />
aus dem Verb<strong>an</strong>d herausgelöst, die<br />
Fähigkeit, sich zu einem neuen Embryo<br />
zu entwickeln. Der Vorg<strong>an</strong>g ist identisch<br />
mit der spont<strong>an</strong>en Bildung eines<br />
eineiigen Zwillings. Das bedeutet, dass<br />
in dieser frühen Phase der Entwicklung<br />
die einzelnen Zellen des Embryos noch<br />
totipotent sind.<br />
In der Diskussion um den Beginn der<br />
Schutzwürdigkeit beziehen sich Einzel-<br />
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