Auf den Spuren von Capt. Kirk - Zehnder Verlag
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Wiler Nachrichten, 29. August 2013 Thema der Woche Seite 3<br />
Rien ne va plus –Nichts geht mehr<br />
WIL/REGION Burnout oder eine anderelänger andauernde Krankheit kann uns aus der Bahn werfen –muss aber nicht<br />
Nachgefragt<br />
Im Gespräch mit Nadine Fischli,<br />
Care Manager SWICA:<br />
Nadine Fischli, bitte erklären<br />
Sie Ihre Arbeit als Care Manager?<br />
«Vereinfacht ausgedrückt begleite,berateundunterstützeich<br />
als Care Manager Menschen,<br />
welche durch Krankheit oder<br />
Unfall in ihrer Tätigkeit eingeschränkt<br />
sind. Diese befin<strong>den</strong><br />
sich in der Regel in der Arbeitsunfähigkeit<br />
und somit in einer<br />
schwierigen Lebenslage.»<br />
Welchen Nutzen haben Unternehmen<br />
da<strong>von</strong>, mit Ihnen als<br />
Care Manager zusammenzuarbeiten?<br />
«Übergeordnet betrachtet können<br />
Arbeitgeber die durch nicht<br />
arbeitende Mitarbeitende verursachten<br />
Kosten (Sozialkosten,<br />
Arbeitsplatzkosten etc.)<br />
langfristig senken, wenn Sie einen<br />
Care Manager mit der Begleitung<br />
beauftragen. Zudem<br />
nehmen die Arbeitgeber unter<br />
anderem durch <strong>den</strong> Einsatz eines<br />
Care Managers ihre soziale<br />
Verantwortung wahr und kümmern<br />
sich darum, dass ihre Mitarbeiten<strong>den</strong><br />
eine kompetente<br />
Begleitung im Genesungs- und<br />
Reintegrationsprozess zur Verfügung<br />
haben.»<br />
Wie sieht Ihre Vorgehensweise<br />
in genanntem Reintegrationsprozess<br />
aus?<br />
«Der Care Manager bespricht die<br />
Situation zuerst mit dem Arbeitgeber.<br />
Dieses Gespräch liefert<br />
meist wertvolle Hinweise,<br />
damit zwischen Mitarbeiter und<br />
Care Manager eine vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit entstehen<br />
kann. Danach kommt es zu<br />
Der Grund für das Verhalten<br />
liegt auf der Hand: Immer noch<br />
ist die Krankheit Burnout mit<br />
einem Stigma und somit mit<br />
Vorurteilen behaftet: die betroffene<br />
Person sei psychisch<br />
labil, schwach, nicht belastbar<br />
oder gar faul.<br />
Hiess es früher, dass nur viel beschäftigte<br />
Manager irgendwann<br />
zwangsläufig ausgebrannt sind und<br />
unter einem Burnout lei<strong>den</strong>, wunderte<br />
man sich über die Aussage<br />
<strong>von</strong> Medizinern und Psychologen,<br />
dassesjedeoderje<strong>den</strong>treffenkann.<br />
Die Mutter und Hausfrau, <strong>den</strong> Banker,<br />
<strong>den</strong> Fabrikangestellten oder<br />
sogar <strong>den</strong> Arzt selbst. «Schnellerhöher-weiter»<br />
ist das Lebensmotto.<br />
Getrieben <strong>von</strong> äusseren Zielen<br />
und Fremdbestimmung.<br />
Die Folgen eines Burnouts können<br />
einen Menschen völlig aus der Bahn<br />
werfen. Die Bewältigung des Alltags<br />
und der Wiedereinstieg in <strong>den</strong><br />
Beruf wer<strong>den</strong> für die Betroffenen<br />
zu einer grossen, anfangs schier<br />
unüberwindbaren Herausforderung.<br />
Nicht nur Familie und Freunde,<br />
sondern auch der Arbeitgeber<br />
kann dann eine wertvolle Stütze<br />
sein. Hier sind vor allem die Personalabteilungen<br />
der Firmen gefragt,<br />
wenn es darum geht, <strong>den</strong> erkrankten<br />
oder auch verunfallten<br />
Arbeitnehmer möglichst im Arbeitsprozess<br />
zu halten oder bei einer<br />
Wiedereingliederung rechtzeitig<br />
zu unterstützen.<br />
Einige wenige regionale Grossfirmen<br />
wie z. B. die Thurgauer Kantonalbank<br />
oder auch der Wiler<br />
<strong>Zehnder</strong> <strong>Verlag</strong>, u.a. auch Herausgeber<br />
der Wiler Nachrichten,<br />
gehen hier mit bestem Beispiel voran<br />
und stellen <strong>den</strong> Erkrankten<br />
Nadine Fischli (Care Manager)<br />
Bild: rab<br />
einem ersten persönlichen Gespräch<br />
mit der arbeitsunfähigen<br />
Person. Dieses Gespräch bildet die<br />
Basis der Zusammenarbeit. Darin<br />
findet eine Bestandsaufnahme<br />
statt, d.h., es wird die medizinische<br />
wie auch persönliche Biografie<br />
mit Heilverlauf, die therapeutisch<br />
behandeln<strong>den</strong> Stellen<br />
und die berufliche und soziale Situation<br />
aufgenommen. Es gilt dabei<br />
nicht nur kurz-, sondern auch<br />
mittel- und langfristig zu eruieren,<br />
was an Aktivitäten notwendig<br />
ist, damit die betroffene Person<br />
die für das Leben so enorm<br />
Bild: Themenbild z.V.g.<br />
oder Verunfallten einen Care Manager<br />
zur Seite. «Die TKB legt Wert<br />
darauf, erkrankte oder verunfallte<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
bestmöglich zu unterstützen und<br />
so bald wie möglich wieder in <strong>den</strong><br />
Arbeitsprozess einzugliedern», erklärt<br />
Janine Realini, Personalverantwortliche<br />
bei der TKB auf Anfrage.<br />
Angelina Rabener<br />
wichtigen persönlichen und beruflichen<br />
Perspektiven nicht verliert<br />
oder wieder findet.»<br />
Welche Chancen und Möglichkeiten<br />
bieten sich dem Arbeitnehmer<br />
hier?<br />
«Bei der Begleitung eines arbeitsunfähigen<br />
Menschen ist es<br />
sehr wichtig, ihm Möglichkeiten,<br />
Chancen und Risiken in Bezug auf<br />
seine berufliche und private Zukunft<br />
aufzuzeigen. Ein Gesprächsschwerpunkt<br />
bildet hier<br />
Fortsetzung<br />
die <strong>Auf</strong>klärung über die wichtigen<br />
Sozialpartner wie Invali<strong>den</strong>versicherung,<br />
Pensionskassen,<br />
Arbeitslosenversicherung<br />
usw., jedoch auch über die bei<br />
einem Austritt (durch Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses)<br />
aus einer Firma wichtige Versicherungsdeckung<br />
über eine<br />
Krankentaggeldversicherung.»<br />
Ist Burnout eines der häufigsten<br />
Krankheitsbilder, mit dem<br />
Sie in Ihrem Arbeitsalltag konfrontiert<br />
sind?<br />
«Ob es die häufigste Diagnose ist,<br />
welcher ich in meinem Arbeitsalltag<br />
begegne, mag ich bezweifeln.<br />
Was mir allerdings<br />
subjektiv auffällt ist, dass ich<br />
heute vermehrt <strong>von</strong> Unternehmen<br />
auf <strong>den</strong> Verdacht für ein<br />
'Ausgebrannt Sein' eines Mitarbeiters<br />
angefragt werde. Die<br />
Sensibilität für diese Erkrankung<br />
ist offensichtlich am<br />
Wachsen.<br />
Seien Sie sich bewusst, dass in<br />
einer so rasch kommunizieren<strong>den</strong><br />
Gesellschaft die Ka<strong>den</strong>z<br />
einer Arbeitsstunde enorm viel<br />
höher liegt, als früher. Kein Mitarbeitender<br />
kann sich Unproduktivität<br />
leisten, ohne dies mit<br />
einer Mehrfachbelastung zu<br />
büssen. Zudem sind die Erwartungen<br />
an die Arbeitnehmen<strong>den</strong><br />
gewachsen, weil die Unternehmen<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
und Ertragslage erhalten<br />
möchten.<br />
Burnout kann je<strong>den</strong> treffen, der<br />
pflichtbewusst, loyal, gewissenhaft<br />
und engagiert seinen jeweiligen<br />
Tätigkeiten nachkommt<br />
und ständig am Limit<br />
seiner persönlichen Ressourcen<br />
'läuft'.»<br />
Interview: Angelina Rabener<br />
Ist Burnout eine Modekrankheit?<br />
Karin und Zoe Stäubli, Niederhelfenschwil<br />
Rosmarie Trunz, Oberuzwil Petra Wild, Bütschwil Josip, Soraya und Anastazia Bajusic<br />
Schwarzenbach<br />
Dominic Brühlmann, Wil<br />
«Burnout ist durchaus eine ernstzunehmende<br />
Krankheit. Allerdings<br />
wird es <strong>von</strong> der Gesellschaft<br />
meist viel besser akzeptiert, als eine<br />
Depression. Meiner Meinung<br />
nach wird ein Zusammenbruch,<br />
aufgrund <strong>von</strong> zu viel oder zu harter<br />
Arbeit, <strong>von</strong> der Bevölkerung<br />
weniger verurteilt, als einer, der aus<br />
einem anderen Grund eintrifft.»<br />
«Ich <strong>den</strong>ke, es ist ein ernsthaftes<br />
Problem, dem zu wenig Beachtung<br />
geschenkt wird. Oft ist ein Burnout<br />
jedoch selbstverschuldet, da<br />
sich die meisten Menschen falsch<br />
einschätzen. Wir sollten versuchen,<br />
uns selbst eine Barriere zu<br />
setzen, bevor es zu spät ist, statt<br />
uns im Nachhinein behandeln zu<br />
lassen.»<br />
«Das Problem ist, dass uns die Gesellschaft<br />
schon <strong>von</strong> klein auf stark<br />
unter Druck setzt. Obwohl wir hier<br />
in der Schweiz schon fast alles haben,<br />
wollen wir immer mehr und<br />
mehr und streben nach dem Unerreichbaren.<br />
Somit stellen wir immer<br />
höhere Erwartungen an uns<br />
selbst und laufen Gefahr, ein Burnout<br />
zu erlei<strong>den</strong>.»<br />
«DaichPersonenkenne,welcheein «Die Arbeit beschäftigt die meisten<br />
Burnout erlitten haben, weiss ich,<br />
Leute viel zu sehr. Auch nach<br />
dass es ein ernstzunehmendes Feierabend können sie nicht richtig<br />
Problem ist. Eines Tages waren sie<br />
loslassen und sich entspannen.<br />
nicht mehr fähig, auf alltägliche Situationen<br />
Um ein Burnout zu verhindern,<br />
zu reagieren, da sie völ-<br />
sollte jeder bei sich selbst begin-<br />
lig überlastet waren. Meine Lösung<br />
nen. Es hat etwas mit der eigenen<br />
sind meine Kinder, welche mir Wertschätzung zu tun: Man darf<br />
einen perfekten Ausgleich zum sich einfach nicht soviel Druck aufzwingen<br />
stressigen Alltag bieten.»<br />
lassen.»<br />
Für Sie war unterwegs: Franziska Werz/Jan Zuber