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Inklusion oder Exklusion durch Bildung?<br />

Anspruch und Wirklichkeit eines Menschenrechts<br />

Mona Motakef<br />

Über die hohe Bedeutung von Bildung für die Verteilung von Teilhabechancen besteht Konsens.<br />

Ob in der Bildungsforschung oder der -politik, bei Eltern- oder Wirtschaftsverbänden,<br />

niemand würde vermutlich den Autorinnen und Autoren des 3. Armut- und Reichtumsberichts<br />

der Bundesregierung zu ihren Ausführungen zu Bildungschancen widersprechen:<br />

„Bildung ist nicht nur eine wichtige Voraussetzung, um Zugang zum Arbeitsmarkt<br />

zu erhalten. Indem sie die individuellen Potenziale stärkt und erweitert, ist sie ein<br />

Schlüssel für kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe“ (BMAS 2008: 58).<br />

Vor dem Hintergrund der bekanntermaßen engen Kopplung von sozialer Herkunft und<br />

Bildungschancen in Deutschland sollte nicht darüber hinweg getäuscht werden, dass diese<br />

Aussage normativ ist. Sie spricht eher eine Zukunftsvision aus, als das sie sich als Analyse<br />

des Faktischen erweist. Tatsächlich wäre an Stelle des Indikativs der Imperativ, Bildung muss<br />

ein Schlüssel für Teilhabe sein, angemessener. Denn dieser Imperativ ist mit dem<br />

Menschenrecht auf Bildung in Deutschland gesetzlich verankert.<br />

Dagegen belegt die Bildungsforschung seit den 1960er Jahren 1 und insbesondere die PISA-<br />

Studie öffentlichkeitswirksam seit 2001, dass in Deutschland Bildungschancen vererbt<br />

werden. <strong>Die</strong> Schule übernimmt hierbei die Funktion, Kinder bereits in einem frühen Alter auf<br />

unterschiedliche Schulformen zu verteilen, in denen sie in der Regel verbleiben: Das Kind von<br />

Akademikern wird studieren, das Kind von ungelernten Arbeitern wird es ebenfalls seinen<br />

Eltern nach machen. 2 Bei Kindern, deren Eltern nach Deutschland eingewandert sind, ist die<br />

Kopplung zwischen Herkunft und Abschluss noch größer (BMAS 2008: XXXVIII).<br />

Bildung ist nicht nur der zentrale Schlüssel für soziale Teilhabe, durch Bildung, d.h. durch das<br />

Bildungssystem wird Teilhabe auch massiv verhindert. Deutlich wird, dass es auf das wie, auf<br />

die Form und die Ziele von Bildung ankommt. Bildung muss gewissen Qualitätskriterien<br />

entsprechen. An sich ist Bildung mitnichten das Heilmittel für Chancengleichheit. Welchen<br />

Kriterien soll Bildung folglich entsprechen, so dass sie als Inklusionsstrategie genutzt werden<br />

kann?<br />

In diesem Beitrag nehme ich eine menschenrechtliche Perspektive auf Bildung ein. Wie in<br />

Deutschland leider kaum bekannt ist, ist Bildung ein Menschenrecht, dass, wie alle anderen<br />

Menschenrechte auch, für alle Menschen gleichermaßen gilt. Es gilt das Gebot der<br />

Diskriminierungsfreiheit. Im Folgenden stelle ich das Menschenrecht auf Bildung mit dem ihm<br />

inhärenten Diskriminierungsverbot dar und erläutere die Strukturelemente dieses Rechts.<br />

Abschließend weite ich den Blick: Mit der Vorstellung der bildungspolitischen Anstrengungen<br />

und formulierten Ziele der UNESCO verfolge ich das Anliegen, an internationale Diskurse zum<br />

Menschenrecht auf Bildung anzuknüpfen.<br />

1. Bildung als Menschenrecht<br />

Menschenrechte haben ihren Grund in der Würde des Menschen. Sie sind nicht an besondere<br />

Leistungen gebunden, sondern kommen jeder Person, unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihres<br />

Geschlechts oder ihrer sozialen Herkunft zu. <strong>Die</strong> Würde des Menschen findet in den<br />

1<br />

Vgl. Dahrendorf 1965; Picht 1965; Bourdieu/Passeron 1971.<br />

2<br />

Daten zum engen Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen bietet die<br />

Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008; BMAS 2008; in Bezug auf die Ergebnisse der PISA-<br />

Studie Stompe 2005.<br />

12

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