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Mehr Privat als Staat - FDP-Bildungspolitik auf dem Holzweg<br />
Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE):<br />
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Patrick Meinhardt, die<br />
Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.<br />
(Patrick Meinhardt (FDP): Dir fehlt der Glaube?)<br />
Bezüglich der freien gemeinnützigen Träger könnten wir uns schnell einigen. Aber es gibt nun<br />
einmal auch private Träger, die ein Profitinteresse haben, und auch die sind unzweifelhaft<br />
Gegenstand dieses Antrags. Daher sage ich: <strong>Die</strong>ser Antrag ist ein Schlag ins Gesicht der<br />
Chancengleichheit. Einmal mehr wird von der FDP gefordert: Weniger Staat und mehr privat.<br />
Das hieß im ersten Schritt: Entlastung der Unternehmen, der Vermögenden, der Besser- und<br />
Bestverdienenden. De facto bedeutet dies weniger Einnahmen für die öffentlichen Haushalte,<br />
die dafür bei Arbeitslosen, Rentnern, Sozialleistungsbeziehern und Geringverdienern kräftig<br />
sparen. Sicher, da hat sich die FDP die Finger überhaupt nicht schmutzig machen müssen.<br />
Das haben Rot-Grün und Schwarz-Rot schon in hervorragender Weise geleistet. Ich erinnere<br />
mich, dass Guido Westerwelle schon 1999 einmal gesagt hat: Hätten wir diese Politik<br />
umgesetzt, wären wir als Partei des Turbokapitalismus beschimpft worden. Wo er recht hat,<br />
hat er recht.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Zurück zu den öffentlichen Haushalten. Nach Berechnungen des Wirtschaftsweisen Bofinger<br />
waren die Einnahmen des Staates 2008 im Vergleich zu 1999 aufgrund der genannten<br />
Umverteilung zugunsten von Unternehmen, Vermögenden und Bestverdienenden um 118<br />
Milliarden Euro niedriger. <strong>Die</strong>se Einnahmen fehlen jetzt in jedem Jahr, zum Beispiel für den<br />
Bereich der Bildung. Wenn ich ein derart großes Loch in die Kasse reiße, darf ich mich nicht<br />
wundern, wenn ich im internationalen Vergleich weniger ausgeben kann als andere Länder.<br />
Als Sozialarbeiter kenne ich Schulen, in denen es durch das Dach regnet, in denen der Kalk<br />
von den Wänden rieselt, in denen sich Funktionsräume in einem bedauernswerten Zustand<br />
befinden, in denen es an Lehrkräften mangelt und folglich massiver Unterrichtsausfall zu<br />
beklagen ist. Jetzt beklagt die FDP scheinheilig, der Staat könne es nicht richtig. Das ist<br />
schon dreist. In Wahrheit geht es doch nur darum, dass man den eigenen Kindern nicht die<br />
Schulen zumuten will, die man im Grunde genommen selber zugrunde gerichtet hat. Das<br />
erforderliche Schulgeld zu zahlen, ist für Vermögende und Bestverdienende angesichts ihrer<br />
Einkommenszuwächse in den letzten Jahren eine Kleinigkeit. Kurz: Dadurch, dass in der Breite<br />
und an vielen Schulen gespart wird, lassen sich die De-luxe-Angebote für eine privilegierte<br />
Minderheit der Bevölkerung finanzieren. Eine Entsolidarisierung der Gesellschaft, das ist doch<br />
der wahre Kern Ihrer Politik.<br />
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