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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Notizen 225<br />

Halten Sie denn wirklich das ehrliche Bemühen, die Wahrheit von dem giftigen<br />

Wust der Kriegspropaganda zu befreien, <strong>für</strong> „neonazistisch"? Eine echte Klärung täte<br />

not, nicht allein im Interesse von NATION EUROPA und unserer zahlreichen ausländischen<br />

Freunde, sondern weil wir um der Zukunft Europas willen nicht länger verschleiern<br />

dürfen, was war und was ist.<br />

Ich richte deshalb an Sie, Herr Professor Rothfels, die höfliche Frage: Was bezeichnen<br />

Sie als „Neonazismus"? Da dieses Schlagwort von der Sowjetpropaganda<br />

geprägt wurde und von ihr laufend zur Schmähung und Lähmung aller antikommunistischen<br />

Bestrebungen, z. B. auch solcher der — wie sie <strong>für</strong> sich beansprucht<br />

— demokratischen Bonner Regierung, gebraucht wird, liegt es im allgemeinen Interesse,<br />

durch eine klare Definition zu erfahren, was denn die Herren vom <strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Zeitgeschichte</strong> unter „Neonazismus" verstehen. Nicht nur unsere Leser werden dieser<br />

Definition mit Spannung entgegensehen.<br />

Hochachtungsvoll<br />

gez. Arthur Ehrhardt<br />

5.<br />

Tübingen, den 25. Januar 1955<br />

Wildermuthstraße 10<br />

Herrn<br />

Arthur Ehrhardt<br />

Herausgeber der<br />

„Nation Europa"<br />

Coburg<br />

Sehr geehrter Herr Ehrhardt!<br />

In Beantwortung Ihrer gedruckten Zuschrift ohne Datum möchte ich zunächst die<br />

Vorstellung berichtigen, die von Ihnen beanstandete Einordnung Ihrer Zeitschrift in<br />

die Rubrik „Neonazismus" sei von mir „verfügt" worden. Tatsächlich ist die Einordnung<br />

unter bibliographischen Gesichtspunkten erfolgt. Sie wird von den Herausgebern<br />

der Vierteljahreshefte voll gedeckt, nachdem eine Prüfung stattgefunden hat,<br />

<strong>für</strong> die weder die Frage Ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP noch die Ihres subjektiven<br />

Wunsches nach Wahrheitsfindung zur Erörterung stand. Es konnte sich nur um den<br />

objektiven Befund handeln.<br />

Wie Sie schreiben, würden Sie die Einordnung in der Rubrik „Europaproblem" erwartet<br />

haben. Die Prüfung ergibt indessen, daß in nicht wenigen Ihrer Beiträge das<br />

Europabild ein nationalsozialistisches ist, von dem man ziemlich genau heute weiß,<br />

was es im Sinn eines „Großgermanischen" Reiches beinhaltete, insbesondere <strong>für</strong> die<br />

osteuropäischen Völker, und was es <strong>für</strong> die „Unversehrtheit" Europas heraufbeschworen<br />

hat. Vergleichen Sie dazu im Jahrgang I, H. 1, S. 12: [Deutschland] „kämpfte,<br />

was man Hitler auch immer vorwerfen mag, bis 1945 <strong>für</strong> die Unversehrtheit Europas<br />

..." oder im Jahrgang III, H. 1, S. 65 unter der Aufzählung anderer als rühmlich<br />

bezeichneter Taten des Reichspressechefs Otto Dietrich auch die: „. . . der erste führende<br />

Nationalsozialist, der den Gedanken der europäischen Einigung vertrat". Zu der<br />

Verteidigung Dietrichs und anderer Größen des Dritten Reiches (etwa des „heldenhaften<br />

Einzelgängers Heß", IV, ll, S. 6) gehört auch die Apologie Herrn von Ribbentrops<br />

in IV, 1, S. 40ff.: „. . . sachliches und menschliches Niveau" seiner Aufzeichnungen,<br />

„. . . im tiefsten Grunde tragische Erscheinung", „. . . Wegmarkierungen,<br />

die uns heute mehr denn je etwas zu sagen haben." Dazu dann daselbst der aus Ribbentrops<br />

Memoiren übernommene Vorwurf, die deutsche Opposition habe „nicht nur<br />

Hitler hintergangen", sondern im Grunde auch den Krieg verschuldet, und zwar<br />

durch Ermutigung Englands. Noch deutlicher ist in IV, 12, S. 51 die redaktionelle Bemerkung<br />

über den „Verrat auf deutscher Seite", der die Kriegstreiber in England in<br />

<strong>Vierteljahrshefte</strong> 2/8

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