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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Die SS in der Verfassung des Dritten Reiches 151<br />

und Polizei auf der neuen Auffassung, die nationalsozialistische Bewegung müsse<br />

an den politisch entscheidenden Stellen die Exekutive selbst in die Hand nehmen.<br />

Und Recht und Praxis der Polizei folgten dabei dem Grundsatz, daß Maßnahmen,<br />

die der Verwirklichung des politischen Willens der Führung dienten, nicht gerichtlich<br />

überprüft, das heißt: nicht am Maßstab der geltenden Gesetze gemessen<br />

werden durften. Es war nur folgerichtig, wenn sich über diesen Grundsatz hinaus<br />

bald die Überzeugung ausbildete, daß die von der Führung gestellten „politischen<br />

Aufgaben" auch nicht von der staatlichen Verwaltung und im Rahmen der <strong>für</strong> diese<br />

geltenden Vorschriften gelöst werden könnten. Was dabei unter „politischen Aufgaben"<br />

zu verstehen ist, da<strong>für</strong> bieten die dem Reichsführer SS erteilten neuen Aufträge<br />

typische Beispiele: Siedlung, Ausschaltung des schädigenden Einflusses volksfremder<br />

Bevölkerungsteile und „Menscheneinsatz", wie das Arbeitsgebiet zusammenfassend<br />

bezeichnet wurde 51 . Um solche Aufgaben wirklich im Sinne des Führers<br />

zu lösen, da<strong>für</strong> seien die Vorschriften der staatlichen Verwaltung zu eng; sie<br />

würden die schöpferische politische Tat nur hemmen und ersticken. Auch fehle<br />

der Bürokratie die ideologische Festigkeit und Unerbittlichkeit in der Verfolgung<br />

der gesteckten politischen Ziele. In diesem Sinne heißt es in einem Brief des Chefs<br />

des SS-Rasse- und Siedlungshauptamtes an den Chef der Sicherheitspolizei und des<br />

SD vom 31. März 1939 52 :<br />

„Da nach meiner Ansicht das Siedlungsproblem, besonders außerhalb der alten<br />

Reichsgrenzen, in erster Linie ein politisches ist, kommt <strong>für</strong> die Bearbeitung desselben<br />

m. E. auch nur eine politische Organisation — also die SS — in Frage und<br />

nicht die Ministerialbüros, die sich bisher zur Durchführung politischer Aufgaben<br />

weitgehend als ungeeignet erwiesen haben."<br />

Was hier als die Ansicht eines einzelnen vorgebracht wird, war der Niederschlag<br />

einer allgemeinen Überzeugung, die in der Tätigkeit des Reichsführers SS als Reichskommissar<br />

<strong>für</strong> die Festigung deutschen Volkstums vielfältige Bestätigung gefunden<br />

hat.<br />

Den Titel eines „Reichskommissars" erhielt der Reichsführer SS allerdings nicht<br />

in dem Führererlaß vom 7. Oktober 1939, wenngleich er es in seiner ersten Anordnung<br />

behauptete, in der er <strong>für</strong> die Ausführung des ihm erteilten Auftrages die<br />

organisatorischen Grundlagen legte. Es dürfte vielmehr zutreffen, was der Reichsernährungsminister<br />

in einem Rundschreiben vom 17. Januar 1940 mitteilte: der<br />

Reichsführer SS habe selbst <strong>für</strong> die ihm übertragene Aufgabe das Reichskommissariat<br />

<strong>für</strong> die Festigung deutschen Volkstums gegründet 53 . Dieses Reichskommissariat<br />

war zunächst nicht als Dienststelle gedacht, die selbst einen ihr zugewiesenen Sachbereich<br />

zu bearbeiten hatte, sondern als ein Führungsstab, der alle längst vorhan-<br />

51 Die Anordnungen des RKF sind in einer Sammlung zusammengefaßt, die den Titel trägt:<br />

„Der Menscheneinsatz" (herausgegeben vom Stabshauptamt des RKF, Dez. 1940 und Sept.<br />

1941).<br />

52 Nürnb. Dok. NO-3162.<br />

53 Nürnb. Dok. NO-3078; NG-937.

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