Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Die SS in der Verfassung des Dritten Reiches 129<br />
Hitler" zurück und beauftragte auch einen von ihnen, Julius Schreck, mit der Führung.<br />
Diese „Stabswache" erschien in der Öffentlichkeit zum ersten Male am<br />
16. April 1925 bei der Beerdigung des früheren Münchener Polizeipräsidenten Ernst<br />
Pöhner. Je vier Fackelträger gingen rechts und links vom Sarg, Angehörige der<br />
„Stabswache", von denen ein Teil noch bis vor kurzem die Festungshaft mit dem<br />
Toten geteilt hatte.<br />
Wohl bald nach dem Ausscheiden Röhms entschloß sich Hitler, in München<br />
und auch in anderen Ortsgruppen weitere, der „Stabswache" ähnliche Trupps<br />
aufzustellen, die schon im Spätsommer des Jahres 1925 die Bezeichnung „Schutzstaffeln"<br />
erhielten, und zwar einschließlich der „Stabswache". Für den Aufbau<br />
dieser Staffeln, den man sich <strong>für</strong> diese Zeit ganz provisorisch vorzustellen hat,<br />
gab Schreck die ersten Richtlinien heraus. Während die alte SA ein Wehrverband<br />
gewesen war, der möglichst viele Mitglieder haben sollte, die keineswegs auch alle<br />
Parteimitglieder zu sein brauchten, sollten in den Schutzstaffeln nur die aktivsten<br />
und zuverlässigsten Parteimitglieder einer Ortsgruppe zusammengefaßt werden:<br />
die Staffeln sollten „kein neuer Verein sein", sondern Teile der Parteiorganisation<br />
bleiben, allerdings unter zentraler Führung einer „Oberleitung" in München. Jede<br />
„Zehnerstaffel" wurde von einem „Zehnerführer" geführt und unterstand unmittelbar<br />
der „Oberleitung". Als Aufgaben waren vorgesehen: Schutz Hitlers und<br />
prominenter Parteiführer, Versammlungsschutz und vorbereitende Maßnahmen<br />
zur Abwehr eventueller Angriffe auf die Partei und ihre Führer, und nicht zuletzt<br />
Werbung von Parteimitgliedern, Beziehern des „Völkischen Beobachters" und Anzeigen<br />
<strong>für</strong> den „Völkischen Beobachter". Die Schutzstaffeln standen also nicht in<br />
der Tradition der Wehrverbände, sondern waren Parteikader <strong>für</strong> jeglichen politischen,<br />
technischen und brachialen Einsatz. Mit ihren Abzeichen (schwarze Mütze<br />
mit Totenkopf und schwarz umrandete Hakenkreuzarmbinde) kennzeichneten sie<br />
sich ausdrücklich als Nachfolgeorganisation des „Stoßtrupps Hitler" von 1923. Auch<br />
damals hatte sich Hitler der SA nicht unbedingt sicher gefühlt, weil diese in engen<br />
und ihm nicht ganz durchsichtigen Bindungen zu den anderen Wehrverbänden und<br />
- zur Reichswehr stand. Deshalb hatte er sich im März 1923 schon einmal eine „Stabswache"<br />
aufgestellt, die dann unter Führung Schrecks und Joseph Berchtolds im Mai<br />
zum „Stoßtrupp" erweitert worden war, nach dem mißglückten Putsch aber aufgelöst<br />
wurde. Berchtold war damals nach Österreich geflohen, von wo er nun zurückkehrte,<br />
um am 15. April 1926 die Oberleitung der Schutzstaffeln von Schreck zu<br />
übernehmen. Berchtold empfing dann von Hitler auf dem Reichsparteitag in Weimar<br />
am 4. Juli 1926 im Namen seiner Staffeln von Hitler die „Blutfahne" des<br />
9. November 1923 und gelobte „Treue bis in den Tod" 1 .<br />
1 Über die Entstehungsgeschichte der SS vgl. Volk. Beob. 18. April, 23. Sept. und 9. Dez.<br />
1925, 29. Jan. und 7. Juli 1926; Augsburger Postzeitung 29. April 1924; d'Alquen, Die SS,<br />
Berlin 1939; Rühle, Das Dritte Reich, Die Kampfjahre, Berlin 1936; Volz, Daten der Geschichte<br />
der NSDAP, Berlin und Leipzig 1938; Lehrplan <strong>für</strong> zwölfwöchige Schulung, herausgegeben<br />
vom SS-Hauptamt, o. J. Vgl. auch die diesbezüglichen Stellen in den verschiedenen<br />
Ausgaben des Werkes von Konrad Heiden.<br />
<strong>Vierteljahrshefte</strong> 2/2