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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Demokratie ohne Sicherheitsventil 175<br />

Die politische Lage Italiens wäre natürlich auch bei Verhältniswahl anders, wenn<br />

sich die Möglichkeit einer dauernden Zusammenarbeit zwischen Christlichen<br />

Demokraten und Monarchisten ergeben hätte. Die gemäßigte Richtung innerhalb<br />

der monarchistischen Partei war da<strong>für</strong>, das von De Gasperi nach den Wahlen gebildete<br />

Kabinett zu unterstützen. Zwar lagen De Gasperis persönliche Sympathien<br />

mehr bei der Linken als bei der Rechten, und sein Name wirkte auf viele Monarchisten<br />

wie ein rotes Tuch. Es ist jedoch bezeichnend, daß De Gasperi in der unmittelbar<br />

seinem Sturz vorausgehenden Kammersitzung sich auf die Notwendigkeit<br />

einer monarchistischen Unterstützung einstellte und eine Bereitschaft zu Zugeständnissen<br />

in dieser Richtung an den Tag legte. Der damalige monarchistische<br />

Senator Achille Lauro trat da<strong>für</strong> ein, De Gasperi zu unterstützen. Er wußte, daß<br />

in einem solchen Falle sich gewisse Konzessionen im Laufe der Zeit von selbst ergeben.<br />

Tatsächlich aber folgten die Monarchisten der Führung ihres Parteisekretärs<br />

Covelli, dessen Auffassungen im Grunde nicht weniger scheinmonarchistisch sind<br />

als die des von ihm hochgeschätzten Charles Maurras 19 . Gewiß unterstützte auch<br />

Covelli später Pella, aber er übersah, daß, während es De Gasperi hätte gelingen<br />

können, den linken Flügel seiner Partei <strong>für</strong> eine Zusammenarbeit mit den Monarchisten<br />

zu gewinnen, das bei dem ausgesprochen rechtsstehenden Pella auf die<br />

Dauer nicht zu erwarten war.<br />

Im Grunde lag der Sieg Covellis über Lauro in der Richtung der durch die Verhältniswahl<br />

bedingten Logik der Entwicklung. Lauros Politik wäre sinnvoll gewesen<br />

bei Mehrheitswahl, da dann eine Abwanderung von Monarchisten nach<br />

rechts nicht zu be<strong>für</strong>chten war; es hätte in den meisten Wahlkreisen keine Partei<br />

gegeben, mit der zusammen sie hätten hoffen können, eine Mehrheit zu gewinnen.<br />

Bei Verhältniswahl war es dagegen sicher, daß sich immer genug Oppositionselemente<br />

auf der Rechten finden würden, um dieser die volle Auswertung ihrer Stimmen<br />

zu garantieren. Im Zusammenhang damit ist es interessant, daß Covelli eine<br />

reine Verhältniswahl nicht weniger stark forderte als der Sozialdemokrat Romita.<br />

Denn die nach den Kammerwahlen eingetretenen Verluste seiner Partei ließen es<br />

als Möglichkeit erscheinen, daß bei weiterer Geltung des Gesetzes von 1948 sowohl<br />

die Monarchisten wie auch die Neofaschisten in der Kammer kaum noch vertreten<br />

sein würden — ganz zu schweigen vom Senat, da das Wahlgesetz <strong>für</strong> diese Körperschaft<br />

noch weiter von den Grundsätzen des Proporz abweicht, als es das Kammerwahlgesetz<br />

von 1948 tat.<br />

Das neue Wahlgesetz wird also unter anderem auch eine Sicherung der Weiterexistenz<br />

von Neofaschisten und Monarchisten bedeuten. Die beiden Parteien schlossen<br />

im Herbst 1954 einen Pakt <strong>für</strong> gemeinsame Aktion ab. Diese Entwicklung steht<br />

in krassem Gegensatz zu der Ablehnung weiterer Zusammenarbeit mit den Neofaschisten,<br />

zu welcher sich vor den Kammerwahlen von 1953 die Monarchisten<br />

unter Führung Lauros durchgerungen hatten, unter anderem deswegen, weil sich<br />

19 Siehe dazu F. A. Hermens, „Die antiparlamentarische Bewegung in Frankreich", Zeit­<br />

schrift <strong>für</strong> Politik, März 1933.

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