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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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174 Ferdinand A. Hermens<br />

Schattierungen und 35,2 Prozent <strong>für</strong> die Christlichen Demokraten. Im Jahre 1948<br />

erhielten die gemeinsam auftretenden Kommunisten und Linkssozialisten zusammen<br />

31 Prozent der Stimmen. Die Kommunisten benutzten damals die Vorzugsstimmen,<br />

um nicht nur möglichst viele von ihren eigenen Kandidaten durchzubringen,<br />

sondern auch um von den Sozialisten den am meisten links Gerichteten<br />

zum Siege zu verhelfen. Allein der Umstand, daß damals die Christlichen Demokraten<br />

48,3 Prozent der Stimmen erhielten, läßt keinen Zweifel darüber, daß in<br />

diesem Falle die Mehrheitswahl den Kommunisten und ihren Verbündeten eine<br />

überwältigende Niederlage beigebracht hätten.<br />

An dem Ergebnis von 1953 ist zunächst interessant, daß die Kommunisten mit<br />

22,7 Prozent der Stimmen gegenüber den Sozialisten mit 12,7 Prozent einen erheblichen<br />

Vorsprung erzielt hatten, auch wenn man berücksichtigt, daß 4,5 Prozent <strong>für</strong><br />

diejenigen Sozialdemokraten abgegeben waren, die im Jahre 1946 noch Teil der vereinigten<br />

sozialistischen Partei waren. Insgesamt erzielte die extreme Linke mit 35,4<br />

Prozent der Stimmen ein eindrucksvolles Resultat, und sie machte weitere Fortschritte<br />

in späteren Gemeindewahlen. Wiederum ist jedoch zu berücksichtigen, daß die christlichen<br />

Demokraten allein 1953 immer noch stärker waren als die vereinigte Linke.<br />

Bei Mehrheitswahl mit Stichwahl hätte der Umstand, daß die christlichen Demokraten<br />

bündnisfähiger sind als die Kommunisten und Linkssozialisten, ihre Position so<br />

weit gekräftigt, daß der Sieg einer von ihnen geführten Koalition wahrscheinlich war.<br />

Es kommt hinzu, daß seit dem 7. Juni 1953 die Monarchisten und Neofaschisten<br />

erheblich an Stimmen verloren haben. Ein Teil der Verluste ging zwar an die<br />

extreme Linke, aber der größere Teil an die Christlichen Demokraten. Die betreffenden<br />

Wähler hatten 1953 nicht zuletzt deswegen <strong>für</strong> die Rechtsparteien gestimmt,<br />

weil sie glaubten, daß die kommunistische Gefahr gebannt sei. Das tatsächliche<br />

Ergebnis der Wahl brachte sie zu den Christlichen Demokraten zurück.<br />

Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Alternative: Kommunismus oder Demokratie<br />

(wenn auch christliche Demokratie) sich bei den Kammerwahlen klarer stellt als<br />

bei Gemeindewahlen, so sehr auch die letzteren in Italien heute unter dem Bann<br />

• der Gesamtpolitik des Landes und nicht unter dem der Lokalpolitik stehen. Aus all<br />

diesen Gründen gibt es bei den italienischen Kommunisten keine Sympathien <strong>für</strong> die<br />

Mehrheitswahl; man weiß, wie wenig man von klaren Alternativen zu erhoffen hat.<br />

Es kommt hinzu, daß sich unter den Abgeordneten der extremen Linken viele befinden,<br />

denen die genaue Prüfung ihrer Vergangenheit, die bei Mehrheitswahl im<br />

Einerwahlkreis unvermeidlich ist, höchst abträglich sein würde. Trotzdem würde<br />

die extreme Linke zunächst eine beträchtliche Minderheit in einer der Mehrheitswahl<br />

entstammenden Kammer bilden, aber eine Minderheit, die sich einer Mehrheit<br />

mit plebiszitärem Fundament gegenüber sähe, da die Verschiedenheiten<br />

zwischen den anderen Parteien infolge der erforderlichen Koalitionen, wenn nicht<br />

Verschmelzungen, wesentlich zurückgehen würden. Eine solche Minderheit kann<br />

sicherlich Opposition, aber nicht Obstruktion betreiben. Es ergäbe sich die Möglichkeit,<br />

systematisch die Scheinkommunisten von den wirklichen Kommunisten zu<br />

trennen, und den Neuaufbau einer demokratischen Linken in Angriff zu nehmen.

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